13. Juni 2023

Buchkritik: “Die hellen Tage” von Zsusa Bánk

"Die hellen Tage" von Zsusa Bánk

Ein holpriger Start: “Die Hellen Tage” von Zsusa Bánk

“Schicksal oder Zufall – was bestimmt unser Leben? Was macht uns zu dem, was wir als Erwachsene sind?” Allein diese zwei Sätze auf dem Buchrücken von “Die hellen Tage” von Zsusa Bánk genügten. Ich war neugierig. Gekauft. 

Sehr schwer tat ich mir aber mit dem Anfang. Die Sätze sind lang, verschachtelt. Viel Konzentration war dafür notwendig. Beispiel:

“Wir müssen uns im Sommer begegnet sein, im Sommer, der Aja umgab, als gehöre er ihr, als gehörten sein Licht, sein Staub, seine langen hellen Abende ihr, und durch den sie sich ohne Jacke und Schuhe, mit einem gelben Hut, den sie im Schrank ihrer Mutter gefunden hatte, bewegte wie durch ein großes, lichtes Haus, dessen Zimmer ohne Türen ineinanderliefen.”

Puuh. Aber ich las weiter – und wurde belohnt. Weiterlesen »

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31. Mai 2023

Buchkritik: “Marzahn mon Amour. Geschichten einer Fußpflegerin“ von Katja Oskamp

"Marzahn mon Amour. Geschichten einer Fußpflegerin“ I Katja Oskamp

“Marzahn mon Amour. Geschichten einer Fußpflegerin“: liebevolle Porträts aus dem Plattenbau

Kurz nach ihrem 45. Geburtstag packt Autorin Katja Oskamp ihren Rollkoffer, wirft ein Spannbettlaken, Schuhe und Kleidungsstücke hinein, dann zieht sie los – von Friedrichshain nach Charlottenburg, wo ihre Fortbildung zur Fußpflegerin startet. 

Katja Oskamp ist zu diesem Zeitpunkt frustriert, ihr Kind braucht sie kaum noch, ihr Mann ist krank und 20 Verlage lehnten ihre neueste Novelle ab. Sie möchte etwas Neues ausprobieren – auch wenn ihr Umfeld darauf mit Unverständnis reagiert. 

Von der Schriftstellerin zur Fußpflegerin – ein fulminanter Absturz. Mir fiel wieder ein, wie sie mir auf die Nerven gegangen waren mit ihren Köpfen, Gesichtern und gut gemeinten Ratschlägen.

Quelle: „Marzahn mon Amour. Geschichten einer Fußpflegerin“

Doch die Entscheidung entpuppt sich als richtig. Katja Oskamp macht ihre neue Arbeit gerne, lernt in einer Praxis in Berlin-Marzahn viele verschiedene Menschen kennen, die sie zu einem neuen Buch inspirieren: zu „Marzahn mon Amour. Geschichten einer Fußpflegerin“. Darin vereint sie eine illustre Auswahl von kurzen Porträts über ihre Kund*innen. Das ist manchmal lustig, manchmal traurig, aber immer unterhaltsam. 

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9. Mai 2023

Buchkritik: “Was ich euch nicht erzählte” von Celeste Ng

Buch I "Was ich euch nicht erzählte" I Celeste Ng"

„Was ich euch nicht erzählte“: ein interessanter Roman über die Sprachlosigkeit in Familien 

Mitten in der Nacht steht Lydia Lee auf. Heimlich verlässt sie das Haus ihrer Eltern und läuft davon. Einige Tage später wird sie tot aus einem See geborgen. Was ist passiert? Ein Unfall, Mord oder Selbstmord? 

Diese Frage beantwortet Autorin Celeste Ng in ihrem Debütroman „Was ich euch nicht erzählte“ auf knapp 280 Seiten. Auch wenn es zunächst nach Krimi oder Thriller klingt, geht es vielmehr um das gesellschaftliche Zusammenleben der Menschen in den USA. Themen wie Feminismus, Rassismus und die Auswirkungen zu hoher Erwartungen innerhalb einer Familie stehen im Mittelpunkt.

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24. April 2023

Buchkritik: „Morgen, morgen und wieder morgen“ von Gabrielle Zevin

„Morgen, morgen und wieder morgen“ Gabrielle Zevin

Ein wunderbares Buch über Freundschaft: “Morgen, morgen und wieder morgen“

Ein Buch, in dem Computerspiele und deren Entwickler*innen im Mittelpunkt stehen – solch ein Handlungsgerüst hätte mich normalerweise nie zum Lesen gebracht. Nintendo, Play Station und Co. interessieren mich nicht. Nur im Grundschulalter habe ich mich eine Zeit lang mit Super Mario und Tetris auf dem Game Boy vergnügt. Aber das war’s auch schon. 

Als mir nun eine literaturbegeisterte Bekannte von dem großen Hype um „Morgen, morgen und wieder morgen“ in den USA erzählte, wurde ich aber neugierig. Unter anderem das Time Magazine wählte es zum besten Buch 2022. Ich besorgte mir deshalb den Roman von Gabrielle Zevin – und war trotz des Gaming-Schwerpunktes schnell begeistert. Es ist tatsächlich ein Buch, das sich wunderbar lesen lässt und mich tief in das Geschehen hineinzog. 

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17. April 2023

Buchkritik: “Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war” von Joachim Meyerhoff

Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war" von Joachim Meyerhoff

Toller Teil 2 der Romanreihe „Alle Toten fliegen hoch“

Das erste Mal sieht Joachim Meyerhoff einen toten Menschen, als er mit sieben Jahren auf dem Weg zur Schule einen kleinen Umweg durch eine Schrebergartensiedlung nimmt. Ein vornehm gekleideter Mann liegt dort im Gras, sein hellbrauner sommerlicher Schuh ist ihm vom Socken gerutscht, sein Hemd steckt noch akkurat in der Hose.

Als Joachim zunächst in der Schule und später seiner Familie aufgebracht von der Entdeckung erzählt, will ihm keiner glauben. Egal wie er sich dreht und wendet. Alle sind skeptisch. Joachim beginnt deshalb, die Geschichte wild auszuschmücken, zu verfeinern, dichtet dabei unbeabsichtigt ein wahres Detail dazu. Als er das feststellt, läuft ihm eine heiße Schauer über den Rücken, er erkennt für sich: Erfinden heißt Erinnern.

Es ist deshalb mehr als fraglich, wieviele von den Anekdoten, die Joachim Meyerhoff in seinem Buch „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ erzählt, tatsächlich so geschehen sind. Das macht aber nix, denn unterhaltsam sind sie auf jeden Fall.

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15. April 2023

Buchkritik: “Ein einfaches Leben” von Min Jin Lee

"Ein einfaches Leben" I Min Jin Lee

„Ein einfaches Leben“: Binge-Reading mit dem Roman von Min Jin Lee

Selten begegnet mir ein Buch, das federleicht zu lesen ist und gleichzeitig den Horizont für andere Kulturen öffnet. Entweder sind die Romane trivial und oberflächlich oder schwer zugänglich und dafür intelligent.

Genau diese seltene Kombination aus Unterhaltung und Tiefgang ist der Autorin Min Jin Lee mit ihrem Buch „Ein einfaches Leben“ gelungen. Ihr Weltbestseller, der im Original „Pachinko“ heißt, vereint eine spannende Familiengeschichte, die sich über rund 90 Jahre des 20. Jahrhunderts erstreckt. Sie handelt von Widerstandskraft, Leidensfähigkeit und Mut.

Ich habe das Buch in wenigen Tagen durchgelesen. Die Geschichte hat mich von der ersten Seite an so gefesselt, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie schnell die Zeit vergeht. Es war beste Unterhaltung. Binge-Reading statt Binge-Watching.

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7. April 2023

Buchkritik: “Mr. Loverman” von Bernardine Evaristo

"Mr. Loverman" von Bernardine Evaristo

“Mr. Loverman” von Bernardine Evaristo: ein humorvoller Roman über Mut und wichtige Lebensentscheidungen

Barry ist ein Gentleman der besonderen Art: Er trägt feine Kleidung, liest Shakespeare und liebt guten Rum. In Londoner Clubs versucht er immer noch, seine Hüften in Hula-Hoop-Manier zu schwingen – obwohl er inzwischen 74 Jahre alt ist. Seine Frau Carmel wartet zu Hause auf ihn und wird wütend, wenn er frühmorgens betrunken wie ein Teenager nach Hause torkelt. Sie ist sich seit Jahrzehnten sicher, dass er sie mit anderen Frauen betrügt.

Carmel ahnt nicht, dass Barry schon zu Schulzeiten sein Herz an einen bestimmten Menschen verloren hat: an seinen besten Freund Morris. Seit sie 14 Jahre alt sind, führen die beiden Herren eine heimliche Liebesbeziehung. Doch das Versteckspiel soll nun im Alter ein Ende haben. Barry will sich von seiner Frau Carmel trennen und zu Morris stehen, aber er hat auch Angst vor diesem großen Schritt. Was wird er tun?

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27. März 2023

Buchkritik: „Max, Mischa und die Tet-Offensive“ von Johan Harstad

„Max, Mischa und die Tet-Offensive“ von Johan Harstad

„Max, Mischa und die Tet-Offensive“: ein kluger Roman mit wenigen Längen

1242 Seiten. Puh. „Max, Mischa und die Tet-Offensive“ von Johan Harstad stand schon eine ganze Weile in meinem Wohnzimmer-Regal, bevor ich mich an dieses Lese-Großprojekt wagte. Um ehrlich zu sein, wusste ich so gut wie nichts über die Handlung, als ich mir den Roman kaufte. Aber Denis Scheck hatte in „Druckfrisch“ so positiv darüber berichtet, dass ich mehr wissen wollte.

Knapp vier Wochen habe ich nun gebraucht, um das Buch zu lesen. Mit den ersten Seiten hatte ich meine Schwierigkeiten. Der Ich-Erzähler Max Hansen ist Mitte 30, als Theaterregisseur auf Tournee in den USA und erinnert sich an die Vergangenheit. Immer wieder lässt er Namen fallen, die erst im Laufe der Handlung konkreter werden. Die vielen kulturellen Bezüge und die sehr langen Sätze waren für mich eine Herausforderung – vor allem wenn ich am Feierabend las.

Aber ab Seite 70 reist Max in Gedanken zurück in seine Kindheit in den 80er-Jahren, erst nach Norwegen, dann in die USA. Er erzählt zugänglich, dadurch machte er es mir leicht, in seine Welt einzutauchen. Von da an begleitete ich ihn sehr gerne durch rund 25 Jahre Zeitgeschichte.

„Max, Mischa und die Tet-Offensive“ ist im Gesamten ein sehr intelligenter und inspirierender Roman. Einzige Kritik: Johan Harstad hätte sich einige langatmige Ausführungen ersparen können. 1000 Seiten wären genug gewesen, um das Wesentliche zu erzählen.

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9. März 2023

Buchkritik: “Schöne Welt, wo bist du?”von Sally Rooney

"Schöne Welt, wo bist du?"von Sally Rooney

“Schöne Welt, wo bist du?” von Sally Rooney: schwächer als die Vorgänger

Geschichten über Freundschaft, Sex und Politik: Sally Rooney gehört definitiv zu meinen Lieblingsautor*innen. Da ich mit großer Begeisterung und innerhalb kürzester Zeit „Gespräche mit Freunden“ und „Normale Menschen“ verschlungen habe, war ich auf „Schöne Welt, wo bist du?“ sehr gespannt.

Aber, hmmm. Ich muss gestehen: Die große Euphorie hat mich dieses Mal nicht gepackt. Das dritte Buch der irischen Schriftstellerin hat mich vor allem ab der zweiten Hälfte an einigen Stellen gelangweilt. Das ging so weit, dass mich das Ende fast gar nicht mehr interessierte. Schade.

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24. Februar 2023

Buchkritik: “Der Trafikant” von Robert Seethaler

Der Trafikant von Robert Seethaler

Ein Juwel in Buchform: “Der Trafikant” von Robert Seethaler

Fast wäre „Der Trafikant“ in meinem Bücherchaos untergegangen. Bereits vor Jahren hatte ich ihn gekauft, auf meinen Stapel an ungelesenen Werken gelegt – und vergessen. Immer wieder kam ihm ein anderer Roman zuvor, verdrängte ihn. „Der Trafikant“ rutschte tief, tiefer und verschwand nahezu, bis ihn seine Verfilmung im vergangenen Jahr schlagartig in mein Gedächtnis zurückbrachte.

Zum Glück.

Innerhalb weniger Tage habe ich das Buch mit dem minimalistischen Cover nun gelesen, Satz für Satz aufgesaugt. „Der Trafikant“ ist voll mit wunderbaren Beschreibungen, Witz und einer Leichtigkeit der Sprache, die der Grausamkeit der Geschehnisse kurz vor dem Zweiten Weltkrieg diametral gegenübersteht – und dadurch erst recht eine Intensität entwickelt. Der Roman erfasste mich mit voller Wucht. Er ist ein funkelnder Juwel in Buchform.

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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