29. Januar 2020

Schmöker: “Er ist wieder da” von Timur Vermes

 

“Er ist wieder da”: eine spezielle Satire 

Kann ich über Adolf Hitler lachen? Das fragte ich mich, als ich “Er ist wieder da” von Timur Vermes in der Buchhandlung sah. Eigentlich hatte ich gar kein Interesse daran, mich damit näher auseinanderzusetzen. Aber dann legte es mir mein Arbeitskollege vor wenigen Wochen auf den Schreibtisch – und ich begann zu lesen.

Sehr kurzweilig geschrieben!

Das Konzept, der Schreibstil und die einzelnen Geschichten in „Er ist wieder da“ sind sehr lustig, kurzweilig und vor allem bitterböse. Hitler erwacht im Jahr 2011 in Berlin und weiß erst nicht, wie ihm geschieht. Gedanklich ist er in seinem Führerbunker hängengeblieben, die neue technologisierte Welt irritiert ihn. Internet, Handys, Farbfernseher – all das ist neu für Adolf Hitler.

Hitler wundert sich über die Aufmachung der Bildzeitung (extra große Buchstaben, damit sie wohl auch Senioren lesen können), über das skurrile Fernsehprogramm, in dem arbeitslose „Menndis“ auftauchen und reihenweise Köche sowie Gärtner über den Bildschirm flimmern. Auch aus dem Radio dröhnt nur Krach.

Bei einem Gang durch die Stadt fragt sich der Tyrann, wie Herr Starbuck gleichzeitig so viele Cafès führen kann. Seine Stirn runzelt sich, als er feststellt, dass türkische Mitbürger verstärkt im Reinigungsgeschäft tätig sind, Fremdlinge, die mittelständische Betriebe führen – das geht doch eigentlich gar nicht.

Mithilfe eines Kioskbesitzers findet er sich dann aber langsam in der Hauptstadt zurecht. Er lernt Fernsehproduzenten kennen, die in ihm den perfekten Hitler-Imitator sehen. Innerhalb kürzester Zeit läuft seine Fernsehkarriere wie am Schnürchen.

Bis ins kleinste Detail durchdacht!

Dieses Medienspektakel von Adolf Hitler im Jahr 2011 hat Timur Vermes konsequent bis ins kleinste Detail durchdacht. Das ist klug und lustig. Zeitungsausschnitte kritisieren den vermeintlichen Imitator, auf Youtube werden seine Videos zigfach angeklickt. Seine Sekretärin muss plötzlich mit einem Shitstorm klarkommen. Und so manch künstliche Dame auf dem Oktoberfest setzt sich gerne für PR-Zwecke auf seinen Schoß.

„Er ist wieder da“ ist bis zum letzten Satz ein sehr unterhaltsames und sehr gut zu lesendes Buch, das auch aufrüttelt. Der Autor verdeutlicht auf subtile Weise immer wieder, wie krank die Gedankengänge des Diktators waren und wie schnell wohl viele Bürger auch heute wieder auf den plumpen Populismus anspringen würden. 

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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