26. Februar 2021

Karlsruhe: “Ein Mittag bei ,SOUP DU JOUR'”

SOUP DU JOUR I Karlsruhe

Das sind Melina, Katharina und Sarah vom Verein “SOUP DU JOUR”.

SOUP DU JOUR: Austausch mit Suppe

Langsam schiebt der ältere Herr seinen Rollator über das Kopfsteinpflaster des Werderplatzes, es ruckelt leicht, er kommt nur langsam voran, aber zielstrebig: Er will zum Pavillon des Vereins “SOUP DU JOUR”. Dort gibt es an diesem Samstag Suppe – auf Spendenbasis, nach dem Prinzip: Jeder zahlt so viel, wie er kann und will.

„Kann ich noch einen Nachschlag haben?“, fragt der ältere Herr nun Sarah von Keudell, die an diesem Vormittag hinter der Theke die Bestellungen aufnimmt. „Klar, gerne“, antwortet sie, nimmt seinen Pappteller und wendet sich dem großen Warmhaltebehälter zu, in dem 80 Liter Wirsing-Kartoffel-Möhrensuppe dampfen.

SOUP DU JOUR

Menschen ohne Dach über dem Kopf treffen auf Akademiker

Es ist die zweite Suppenaktion, die der Verein auf dem Werderplatz initiiert. „Wir wollen Berührungsängste abbauen und den Austausch zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen ermöglichen, die sich im Alltag nicht begegnen“, erklärt Pascal Bremmer, der den Anstoß zur Vereinsgründung gab. Ängste sollen durch Gespräche abgebaut werden, Verständnis soll entstehen. „Es geht also nicht in erster Linie um die Verteilung von Lebensmitteln, sondern um das Miteinander“, betont der Vereinsvorsitzende.

SOUP DU JOUR

Das ist Pascal Bremmer.

Gesellschaftlicher oder physischer Tod

Als ich an diesem Morgen ankomme, sitzt Pascal mit einer Gruppe vom Leben gezeichneter Menschen um den Indianerbrunnen. „Es hat sich sehr schnell eine Vertrauensbasis zwischen uns entwickelt“, erzählt er mir. Die Menschen freuten sich über das ehrliche Interesse ohne Hintergedanken. „Die Schicksale sind oft sehr hart“, sagt Pascal: Zu den Menschen, die viel Zeit am Werderplatz verbringen, gehören 30-Jährige, deren Zähne anfangen zu krümeln, oder 40-Jährige, die an Leberzirrhose leiden. „Denen tut es einfach gut, wenn ihnen jemand zuhört.“

SOUP DU JOUR

Das ist Magnus Sauer.

Mitgestalten statt lamentieren

Zu den Gründungsmitgliedern des Vereins gehört auch Magnus Sauer. Er kam bei einer Silvesterparty ins Jahr 2016 mit Pascal ins Gespräch, gemeinsam überlegten sie: Was kann man aktiv tun, um das Auseinanderdriften der Gesellschaftsgruppen zu mindern? „Ich möchte nicht nur zuschauen, sondern mitgestalten“, begründet Magnus sein ehrenamtliches Engagement. Als ihm Pascal seine Idee erzählte, war er sofort begeistert und ist nun der stellvertretende Vorsitzende von „SOUP DU JOUR“.

SOUP DU JOUR

Nette Unterstützer

Klappstühle, Pavillons, ein Spülbecken, Wärmebehälter: „Alles was zu unserer Ausrüstung gehört, haben wir durch Spenden finanzieren können“, sagt Magnus. Die Unterstützung ist groß – von ganz verschiedenen Seiten, von Privatpersonen, Firmen und auch Banken. „Die 80 Liter Suppe hat uns beispielsweise der Besitzer von ,the Black Dog’ gemacht.“ Dahinter steckt ein Hot-Dog-Laden im Passagehof. „Er mag unser Projekt und hat uns deshalb die Suppe komplett geschenkt – eine tolle Sache“, betont Magnus.

Würde!

Etwa 40 Helfer gehören derzeit zum Verein, seit einem knappen Jahr auch Katharina Schmidt, die an diesem Morgen mit Sarah von Keudell und Melina Lanz zu ersten Suppenausgabe-Schicht zählt. „Wir haben gestern Abend noch Flyer in der Südstadt verteilt, damit die Leute auch von unserem Angebot wissen“, erzählt sie. Der Einsatz hat sich gelohnt, es herrscht ein munteres Treiben am Stand – viele ältere Menschen kommen vorbei, Studenten, Familien.

„Es ist schön zu sehen, dass unsere Suppenküche auf so großes Interesse stößt“, sagt sie. Eine Frau fragte: „Ich habe nur 25 Cent, kann ich dafür eine Suppe haben?“, erzählt Katharina. „Natürlich“, entgegnete sie. Kurze Zeit später kam die Frau erneut, hatte 13 Cent dabei. „Sie hätte die Suppe auch umsonst haben können, aber ihr war es wichtig, wenigstens ein bisschen etwas zu bezahlen.“

Ängste mindern

Auch Christoph Ulbert hat aus Interesse am Stand Halt gemacht und sich eine Suppe geholt. „Ich mag das Projekt“, sagt er. Er höre immer wieder davon, dass sich die Situation am Werderplatz verschärft hat, Anwohner Angst haben. „Gerade deshalb finde ich es wichtig, dass Begegnungen stattfinden – auf friedlicher Ebene“, sagt er.

Der ältere Herr mit Rollator hat nun auch seine Suppe, mit Würstchen-Beilage und einem Stück Brot. Langsam ruckelte er damit zu den Klappstühlen, die neben dem Ausgabe-Stand stehen und setzt sich an einen Tisch, wo schon eine ältere Dame mit Stirnband sitzt, er nickt ihr kurz, sie zurück und lächelt, dann beginnt der Mann zu essen, Löffel für Löffel.

SOUP DU JOUR

Informationen:

Der Verein „SOUP DU JOUR“ freut sich über Verstärkung, wer Interesse hat, kann sich bei Pascal melden: https://www.facebook.com/soup.du.jour.ev/?fref=ts oder Email an info@soup-du-jour.de

Die nächste Aktion ist am 12. März in Hagsfeld, dort gibt es im Gemeindehaus der Laurentius-Gemeinde einen Brunch.

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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