Heimat: “Ein Mittag bei ,SOUP DU JOUR'”

Das sind Melina, Katharina und Sarah vom Verein “SOUP DU JOUR”.
SOUP DU JOUR: Austausch mit Suppe
Langsam schiebt der ältere Herr seinen Rollator über das Kopfsteinpflaster am Werderplatz, es ruckelt leicht, sein Vorankommen ist schleppend, doch zielorientiert: Er möchte zum Pavillon des Vereins “SOUP DU JOUR”. Dort gibt es an diesem Samstag Suppe – auf Spendenbasis, nach dem Prinzip: Jeder bezahlt soviel er kann und möchte. „Darf ich einen Nachschlag haben“, fragt der ältere Herr nun Sarah von Keudell, die an diesem Morgen hinter der Theke gerade die Bestellungen entgegennimmt. „Klar, sehr gerne“, antwortet sie ihm, nimmt seinen Pappteller entgegen und dreht sich um zu dem großen Warmhaltebehälter, in dem sich 80 Liter dampfende Wirsing-Kartoffel-Möhrensuppe befinden.
Menschen ohne Dach über dem Kopf treffen auf Akademiker
Es ist die zweite Suppen-Aktion, die der Verein auf dem Werderplatz initiiert. „Wir möchten damit Berühungsängste abbauen und den Austausch zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen ermöglichen, die sich im gewöhnlichen Leben nicht begegnen“, erläutert Pascal Bremmer, der den Anstoß zur Vereinsgründung gab. Ängste sollen durch Gespräche weniger werden, Verständnis entstehen. „Es geht deshalb nicht primär um das Verteilen von Essen, sondern um das Miteinander“, betont der Vereins-Vorsitzende.

Das ist Pascal.
Gesellschaftlicher oder physischer Tod
Pascal sitzt an diesem Morgen, als ich komme, bei einer Gruppe vom Leben gezeichneter Menschen rund um den Indianerbrunnen. „Es hat sich sehr schnell eine Vertrauensbasis zwischen uns aufgebaut“, erzählt er mir. Die Menschen freuten sich über ein ehrliches Interesse, ohne Hintergedanken. „Die Schicksale sind oft sehr hart“, sagt Pascal: Unter den Menschen, die am Werderplatz viel Zeit verbringen, sind 30-Jährige, deren Zähne zu bröseln beginnen, oder 40-Jährige, die an Leberzirrhose leiden. „Es tut ihnen einfach mal gut, wenn jemand zuhört.“

Das ist Magnus.
Mitgestalten statt lamentieren
Zu den Gründungsmitgliedern des Vereins gehört auch Magnus Sauer. Er kam bei einer Silvesterparty ins Jahr 2016 mit Pascal ins Gespräch, gemeinsam überlegten sie: Was kann man aktiv tun, um das Auseinanderdriften der Gesellschaftsgruppen zu mindern? „Ich möchte nicht nur zuschauen, sondern mitgestalten“, begründet Magnus sein ehrenamtliches Engagement. Als ihm Pascal seine Idee erzählte, war er sofort begeistert und ist nun der stellvertretende Vorsitzende von „SOUP DU JOUR“.
Nette Unterstützer
Klappstühle, Pavillons, ein Spülbecken, Wärmebehälter: „Alles was zu unserer Ausrüstung gehört, haben wir durch Spenden finanzieren können“, sagt Magnus. Die Unterstützung ist groß – von ganz verschiedenen Seiten, von Privatpersonen, Firmen und auch Banken. „Die 80 Liter Suppe hat uns beispielsweise der Besitzer von ,the Black Dog’ gemacht.“ Dahinter steckt ein Hot-Dog-Laden im Passagehof. „Er mag unser Projekt und hat uns deshalb die Suppe komplett geschenkt – eine tolle Sache“, betont Magnus.
Würde!
Etwa 40 Helfer gehören derzeit zum Verein, seit einem knappen Jahr auch Katharina Schmidt, die an diesem Morgen mit Sarah von Keudell und Melina Lanz zu ersten Suppenausgabe-Schicht zählt. „Wir haben gestern Abend noch Flyer in der Südstadt verteilt, damit die Leute auch von unserem Angebot wissen“, erzählt sie. Der Einsatz hat sich gelohnt, es herrscht ein munteres Treiben am Stand – viele ältere Menschen kommen vorbei, Studenten, Familien.
„Es ist schön zu sehen, dass unsere Suppenküche auf so großes Interesse stößt“, sagt sie. Eine Frau fragte: „Ich habe nur 25 Cent, kann ich dafür eine Suppe haben?“, erzählt Katharina. „Natürlich“, entgegnete sie. Kurze Zeit später kam die Frau erneut, hatte 13 Cent dabei. „Sie hätte die Suppe auch umsonst haben können, aber ihr war es wichtig, wenigstens ein bisschen etwas zu bezahlen.“
Ängste mindern
Auch Christoph Ulbert hat aus Interesse am Stand Halt gemacht und sich eine Suppe geholt. „Ich mag das Projekt“, sagt er. Er höre immer wieder davon, dass sich die Situation am Werderplatz verschärft hat, Anwohner Angst haben. „Gerade deshalb finde ich es wichtig, dass Begegnungen stattfinden – auf friedlicher Ebene“, sagt er.
Der ältere Herr mit Rollator hat nun auch seine Suppe, mit Würstchen-Beilage und einem Stück Brot. Langsam ruckelte er damit zu den Klappstühlen, die neben dem Ausgabe-Stand stehen und setzt sich an einen Tisch, wo schon eine ältere Dame mit Stirnband sitzt, er nickt ihr kurz, sie zurück und lächelt, dann beginnt der Mann zu essen, Löffel für Löffel.
Informationen:
Der Verein „SOUP DU JOUR“ freut sich über Verstärkung, wer Interesse hat, kann sich bei Pascal melden: https://www.facebook.com/soup.du.jour.ev/?fref=ts oder Email an info@soup-du-jour.de
Die nächste Aktion ist am 12. März in Hagsfeld, dort gibt es im Gemeindehaus der Laurentius-Gemeinde einen Brunch.
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