2. März 2020

Heimat: “Ein Abend in der Kinemathek Karlsruhe”

Kinemathek Karlsruhe

Das sind Michael, Jens und Christine (von links)

Kinemathek Karlsruhe: Ausgewählte Filme im glamourösen Saal

Es ist eine prächtige Kulisse: Edle blaue Samtsessel und ein goldener Vorhang zieren das Studio 3 der Kinemathek Karlsruhe. Vor acht Jahren wurde der Kinosaal aus den 1950er-Jahren grundlegend saniert. Das Raum- und Farbkonzept blieb jedoch erhalten – der Saal funkelt nun an vielen Stellen.

An diesem Abend haben sich Christine Reeh-Peters, Jens Geiger und Michael Endepols zum Ende unseres Gesprächs ein Platz vor der Leinwand ausgesucht. Bevor gleich ein Kurzfilm aus Kenia zu sehen sein wird, soll im noch leeren Saal ein gemeinsames Foto mit den drei Verantwortlichen der Kinemathek Karlsruhe entstehen. Alles läuft reibungslos, innerhalb weniger Minuten habe ich verschiedene Motive auf meiner Speicherkarte. Es ist das erfolgreiche Ende einer netten Begegnung.

Vernissage von Franziska Merkel im Kino-Foyer

Eine Stunde zuvor: Christine Reeh-Peters, Jens Geiger und Michael Endepolis und ich treffen uns zum Gespräch im Café der Kinemathek im ersten Stock des Kinogebäudes. Dort ist am Tag meines Besuchs auch die Vernissage von Franziska Merkel. Sie studiert an der Kunstakademie in Karlsruhe und lässt Vergangenes sowie Alltägliches in Zeichnungen, Geräuschen und Worten wieder auferstehen.

Bis zum 3. März gibt es ihre Werke noch zu besichtigen – zu den gewöhnlichen Öffnungszeiten des Cafés, das am Wochenende bereits um 14.30 Uhr öffnet. “Es ist ist noch ein wenig unentdeckt”, sagt Christine Reeh-Peters, die sich um die Geschäftsführung der Kinemathek kümmert. Obwohl das Kinogebäude so zentral in der Innenstadt liegt – und die Aussicht vom Café auf den Passagehof äußerst kurzweilig ist. “Im Sommer bewirten wir auch direkt vor dem Kinogebäude”, sagt die Geschäftsführerin.

Das Café-Angebot ist nicht der einzige Aspekt, der mir bei der Kinemathek bislang unbekannt war. Wie grenzt sie sich von “Der Kurbel” ab, mit der sie sich ein Gebäude teilt? Und wie funktioniert die Auswahl der Filme? Mit diesen Fragen komme ich an diesem Abend an. Christine, Jens und Michael geben mir Antworten.

Was hinter der Kinemathek Karlsruhe steckt

Zwei Kinos unter einem Dach: 25 Jahre lang war die Kinemathek Karlsruhe im Prinz-Max-Palais untergebracht. Seit 20. Oktober 2010 ist sie im Gebäude der Kurbel. “Wir sind der Hauptmieter”, erklärt Christine Reeh-Peters. Beide Kinos verbindet letztlich nur die räumliche Nähe, ansonsten sind beide autark und machen ihr komplett eigenes Programm.

Um Filme aus verschiedenen Zeiten, Ländern und unterschiedlichen Genres zu präsentieren, reist Jens Geiger das ganze Jahr über zu den unterschiedlichsten Festivals. Inspiration bekam er zuletzt in der Hauptstadt auf der Berlinale. “Wir zeigen im Jahr 600 verschiedene Filme, jeden einzelnen im Schnitt drei Mal”, erklärt er. So soll die Vielfalt bei nur einem Kinosaal gewahrt bleiben.

Filme entdecken und Zuschauern näher bringen: “Wir möchten mit unserem Programm zum Nachdenken und Diskutieren anregen und verschiedene Generationen erreichen”, sagt Michael Endepols, der für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Außer den Filmen gibt es deshalb Ausstellungen, Podiumsdiskussionen und Vorträge. Die Kinemathek ist außerdem ein gemeinnütziges Kino, das für den kulturellen Auftrag Förderung von der Stadt und dem Land bekommt.

17.000 Besucher kamen im vergangenen Jahr, es dürften aber gerne noch mehr sein. “Es ist schwieriger geworden, Menschen ins Kino zu locken”, sagt Christine Reeh-Peters, die lange Zeit in Lissabon lebte und Konferenzen für das ZKM veranstaltete. Deshalb versuchen sie in der Kinemathek das Rahmenprogramm so attraktiv wie möglich gestalten – beispielsweise indem regelmäßig Schauspieler und Regisseure nach Karlsruhe kommen und den Zuschauern bei Vorführungen Fragen beantworten.

“Drifters” und starke Frauen

Für jeden Monat überlegt sich das dreiköpfige Team zu verschiedenen Überthemen ein Programm. Im März beispielsweise zu “Drifters”: “Wir haben dafür Filme ausgewählt, in denen die Protagonisten durch Städte streifen”, erklärt Jens Geiger. Durch Rom, New York oder Hamburg. Zu sehen ist unter anderem “Permanent Vacation” von Jim Jarmusch.




Außerdem zeigt die Kinemathek im März verschiedene Filme mit Helen Mirren – beispielsweise “The Queen”. Am 15. und 16. März findet darüber hinaus das bereits 16. Stummfilmfestival statt.

“Beteiligt sind wir auch an den Europäischen Kulturtagen, die sich in diesem Jahr um Gender und Feminismus im Film drehen”, fügt Christine Reeh-Peters dazu. Zwischen dem 21. April und dem 5. Mai gibt es deshalb in der Kinemathek eine Kombination aus Filmen, Videoinstallationen und Podiumsdiskussionen – von Filmemacherinnen aus den 1960er-Jahren bis heute.

Und die persönlichen Highlights für den März:

Christine Reeh-Peters: Ich empfehle „Furusato – Wunde Heimat“. Der Dokumentarfilm zeigt die Menschen in der Gegend von Fukushima, die trotz der hohen Strahlenwerte ihre Heimat nicht verlassen wollen oder können. Ein bewegendes Dokument über das japanische Verständnis von Heimat und Verantwortung. Zum Auftakt am 4. März um 19 Uhr ist zudem der deutsche Regisseur Thorsten Trimpop zu Gast.

Jens Geiger: Ich freue mich besonders auf „Per Song“. Dem jungen chinesischen Regisseur Xie Shuchang gelingt in seinem allerersten langen Dokumentarfilm etwas Wunderbares: Er bringt uns 5 Freund*innen in einer fernen chinesischen Mega-City so nahe, als wären wir dabei, wenn sie durch die nächtlich Stadt streifen, auf der Suche nach Antworten auf die großen Fragen und nach ihrem Platz in dieser riesigen Stadt. Unbedingt am 9. März kommen, dann ist Xie Shuchang zu Gast und wird von seinem Film und seiner Stadt erzählen.

Weitere Infos:
Weitere Infos zur Kinemathek und zum Programm: kinemathek-karlsruhe.de/

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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