31. Oktober 2020

Heimat: Ein Mittag mit Stephan Becker von ‘The Hunter'”

Das ist Stephan.

Ein neuer Besitzer für “The Hunter”

Umgeben von immergrünen Wäldern, mächtigen Bergen und tiefblauem Wasser stöberte sich Stephan Becker vor drei Jahren tagelang durch die Vintage-Läden Seattles. „Es war mein absolutes Paradies“, erzählt er mir. Mit seiner Freundin tourte Stephan damals insgesamt zwölf Monate lang durch die USA.

Die Stadt im Pazifischen Nordwesten begeisterte ihn besonders – wegen ihrer Musikgeschichte und ihrem Lifestyle. Schallplatten, Kleidung, Möbel. Alles versehen mit einem Flair vergangener Tage, voll mit Nostalgie, Melancholie. „Ich habe mich sehr wohl dort gefühlt“, erinnert er sich. Zum ersten Mal verspürte er den Wunsch, in seiner Heimatstadt Karlsruhe selbst einen Vintage-Laden zu eröffnen.

Im Janaur diesen Jahres erfüllt er sich seinen Wunsch. Er übernahm „The Hunter – Select Vintage Goods“, den Astrid Zu Castell und Sarah Bürklin seit 2014 in der Karlsruher Südstadt geführt hatten. Stephan verkauft dort nun weiterhin Möbel aus den 1950er- bis 1970er-Jahren. Außerdem hat er das Sortiment erweitert: Bei „The Hunter“ gibt es nun auch Schallplatten sowie Kleidung hauptsächlich aus den 1980er- und 1990er-Jahren. 

Schallplatten, Kleidung & Möbel

Eine Schallplatte von Michael Jackson fällt mir sofort ins Auge, als ich an diesem herbstlichen Samstag „The Hunter“ betrete. Stephan steht gerade an der Kasse, verkauft eine dunkelblaue Jeans an einen Herren, ich setze mich im Laden an einen kleinen Tisch. Bravos aus dem Jahr 1986 liegen darauf. Duran Duran und Samantha Fox zieren den Titel.

Als Stephan zu mir kommt, begrüßt er mich mit einem herzlichen, warmen Lächeln. Er ist glücklich – obwohl in den vergangenen Monaten kaum etwas nach Plan lief. „Ich hatte wenige Wochen offen, dann kam das Corona-Virus und ich musste wieder schließen“, erzählt er mir. Es war zunächst frustrierend, nachdem er endlich am Ziel gewesen war. 

Alte Schultische entfachten die Leidenschaft in Karlsruhe

Seit der USA-Reise hatte die Vintage-Liebe weiter in ihm geschlummert. Gerade zurück in Karlsruhe, entdeckte er eines Abends beim Sperrmüll zufällig alte Schultische. Der Funke in ihm entfachte sofort zum Feuer, sein Jagdfieber setzte ein. Obwohl er die Tische selbst gar nicht brauchte, wollte er sie nicht am Straßenrand zurücklassen, lud sie in einen alten Bully und überlegte sich dann: Was mache ich nun damit?

Er stellte ein Angebot bei Ebay-Kleinanzeigen ein und innerhalb kürzester Zeit meldeten sich Interessierte. „Damals spürte ich, wie groß das Interesse in Karlsruhe für solche Möbel ist“, sagt Stephan. Er begann, gezielt nach ihnen zu suchen und verkaufte seine Vintage-Schätze danach auf dem Flohmarkt. Als Lagerraum diente ihm ein Schuppen in Daxlanden. Doch der war irgendwann voll. Die Info, dass Sarah und Astrid einen Nachfolger*in für ihren Laden suchen, erreichte ihn gerade zur richtigen Zeit.

Mit großer Liebe zum Detail

Während das „The Hunter“-Lager im Hinterhof der Winterstraße weiter voll mit hübschen Möbeln ist, hat er den Verkaufsraum an der Straße zu einem Kleider- und Schallplattenladen verwandelt. Keramikvasen sind dort ebenfalls zu entdecken, außerdem hängen Bilder des Künstlers Karol Kedzierski an der Wand. Der Maler wohnt in der Karlsruher Südstadt. Bei “The Hunter” ist alles stimmig, die Liebe zum Detail blitzt an jeder Ecke hervor.

„Als im Frühling der Lockdown kam, war ich kurz verunsichert“, sagt Stephan im Rückblick. Jedoch war es nur zwei Wochen ruhig, dann begannen Möbel-Bestellungen im Onlineshop einzugehen. Außerdem nutzte Stephan Facebook und Instagram, um regelmäßig Kleidungsstücke zu zeigen, die er im Sortiment hat. „Das hat auch gut funktioniert“, sagt er.

Aus alten Möbeln mit Macken werden Raritäten 

Fast täglich melden sich bei ihm inzwischen Menschen, die Möbelstücke verkaufen möchten. „Oft sind Haushaltsauflösungen der Grund“, erzählt der Karlsruher. Er schaut sich die Angebote immer genau durch, überlegt, was ins Sortiment passt – und was noch restauriert werden muss.

„Kleinere Arbeiten wie Abschleifen oder Lackieren übernehme ich selbst“, sagt Stephan. Größere Sachen wie das Polstern übergibt er Fachleuten. So werden aus alten Möbeln mit Macken wieder kleine Raritäten. „Ich freue mich jedes Mal, wenn ich die Verwandlung sehe.“ An Schallplatten- und Kleidungsnachschub kommt er dagegen schwieriger. „Ich muss selbst aktiv danach suchen und zum Jäger werden“, sagt er. Deshalb freut er sich über jeden, der ihm etwas anbietet. 

Ein Zeichen!

Stephan Becker hat mit seinem Vintage-Laden seinen Traum in Karlsruhe verwirklicht. Wie richtig seine Entscheidung war, machte ihm die allererste Bestellung deutlich, die nach seiner Übernahme bei „The Hunter“ einging: vier Stühle, die ein völlig fremder Herr bei ihm bestellte. Sein Wohnsitz: Seattle. „Ich konnte das gar nicht glauben“, sagt Stephan, seine Augen leuchten nun. „Das war unglaublich und ein absolutes Zeichen!“, ist er sich sicher.

The Hunter – Select Vintage Goods ist in der Winterstraße 44B, 76137 Karlsruhe 

Öffnungszeiten: 
Dienstag – Freitag: 10 – 18 Uhr | Samstag: 11 – 16 Uhr

Weitere Infos und den Onlineshop gibt es auf der Webseite

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2 thoughts on “Heimat: Ein Mittag mit Stephan Becker von ‘The Hunter'”

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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