Reisen: “Traumhaftes Tel Aviv”
Ein Städtetrip nach Tel Aviv: Was ist sehenswert?
Der Abschied von Israel fällt mir schwer. Eine große Wehmut überkommt mich, als wir am Abend vor unserem Rückflug mit dem Taxi durch die Straßen von Tel Aviv fahren. Kurz vor 20 Uhr ist wegen des Soldatengedenktages Yom HaZikaron alles geschlossen – auch die Supermärkte, Bars und Restaurants. Die Rollläden sind heruntergelassen, alles wirkt gespenstisch, einsam, leer.
Es ist ein unglaublicher Kontrast zu der sonst so geselligen Atmosphäre, den fröhlichen Menschen in und vor den Restaurants, dem bunten Treiben auf den Straßen und den Partys am Strand. Stille. Nur die Sirenen ertönen später. „So kann ich mich nicht von dieser wunderbaren Stadt verabschieden, ich muss ganz schnell wiederkommen“, dieser Gedanke schießt mir durch den Kopf, bleibt, bis heute.
Morgengebet im Flugzeug
Wir haben uns für einen Flug ab Basel entschieden. Schon auf dem Hinflug haben wir die ersten Begegnungen mit orthodoxen Juden. Am Gate stehen viele Männer mit Bart, Kippa und schwarzem Hut, die Frauen tragen Perücken oder Kopftücher. Als die Sonne im Flugzeug aufgeht, halten die Männer ihr Morgengebet mit der Thora in der Hand, so eine Stimmung habe ich selten in einem Flugzeug erlebt.
Ist Israel sicher?
Wir haben uns im Vorfeld viele Gedanken gemacht. Wie ist die politische Lage, wie hoch ist die Gefahr von Anschlägen? Kann man in einem solchen Land wirklich unbeschwert Urlaub machen? „Ja, ja, ja“, hatte mir ein Freund, der ein Jahr in Israel gelebt hatte, immer wieder gesagt – und mich auch gewarnt, wo wir bewaffneten Soldaten begegnen könnten. Außerdem hatte er mir eingeschärft, bei der Abreise in Tel Aviv auf jeden Fall drei Stunden früher am Flughafen zu sein – die Kontrollen seien schärfer, der ganze Koffer werde durchleuchtet.
Die Vorwarnungen waren hilfreich. Tatsächlich haben wir auf unserer Reise viel weniger Soldaten gesehen, als ich erwartet hatte. In Tel Aviv standen nur am Flughafen und am Bahnhof ernst dreinblickende Männer und Frauen mit Maschinengewehren. In Jerusalem waren einige in der Altstadt – aber sie haben eher das Sicherheitsgefühl verstärkt als Angst gemacht. Auch die Kofferkontrolle war letztlich kein Problem, da hatten wir wohl Glück.
Unsere Airbnb-Unterkunft – in der Krachmacherstraße
Tel Aviv ist eine sehr junge Stadt. Sie wurde erst 1909 gegründet und entstand aus einem Vorort der Hafenstadt Jaffa, über die ich im zweiten Teil über die Reise mehr schreiben werde. Übersetzt heißt Tel Aviv übrigens Frühlingshügel.
Viele Häuser in der Stadt sind heruntergekommen, überall gibt es Baustellen. Leider entpuppt sich auch unsere Airbnb-Unterkunft als mittelschwere Katastrophe. Vor allem für mich. Denn während meine Begleiterin in der Regel einen super Schlaf hat, kann ich mit Lärm überhaupt nicht umgehen. Das Problem in unserer schlecht isolierten Wohnung kommt nicht etwa von einer Partymeile, nein, es ist ein einzelnes Geschäft, der Burgerladen mit der türkisfarbenen Markise von gegenüber.
Der spielt jede Nacht bis mindestens 2 Uhr morgens so laute Popmusik über Außenlautsprecher, dass ich das Gefühl habe, neben einer Poolparty zu schlafen. Kaum verstummt der Lärm, kommt um 4.30 Uhr die Müllabfuhr und gegen 7 Uhr beginnen die Bauarbeiten auf der Großbaustelle nebenan. Volltreffer. Kaum bin ich eingeschlafen, bin ich wieder wach. Auch die Ohropax helfen nur bedingt, ich bin den ganzen Urlaub über völlig übernächtigt.
Shuk HaKarmel: ein Markt mit vielen Leckereien
Ansonsten ist die Lage der Wohnung super. Sie liegt nur eine Seitenstraße vom Markt Shuk HaKarmel entfernt. Dort gibt es leckere Avocados, Käse, Süßigkeiten, Gebäck und viele andere tolle Sachen. Außerdem gibt es in unserer Straße jeden Freitag einen großen Flohmarkt.
So freundliche Menschen!
Allein durch die Straßen von Tel Aviv zu gehen, ist ein großes Vergnügen. Wir werden mehrfach angesprochen, unter anderem von einer älteren Dame, die uns Deutsch sprechen hört und uns erzählt, dass sie vor vielen Jahren von Deutschland nach Israel gezogen ist.
Was besonders auffällt: die Hilfsbereitschaft. Kaum stehen wir auf der Straße und schauen auf die Karte, kommen Leute und fragen, ob alles in Ordnung ist. Auch unsere Airbnb-Vermieterin, eine junge Künstlerin, die mit in der Wohnung lebt, bietet uns Kaffee an und ist jederzeit für uns erreichbar.
Shenkin Street
Nur wenige Meter von unserer Unterkunft entfernt, ist die Shenkin Street, eine der schönsten Straßen in Tel Aviv. Es gibt dort hübsche Cafés, Kleider- und Blumenläden sowie Accessoires zu kaufen.
Bauhaus in Tel Aviv
Von der Shenkin-Straße ist es nicht mehr weit bis zum Rothschild-Boulevard. Hier ist auch der Treffpunkt für die Bauhaus-Tour, die jeden Samstag um 11 Uhr kostenlos angeboten wird. Mehr als 4.000 Gebäude wurden in Tel Aviv in den 1930er Jahren überwiegend im Bauhaus-Stil errichtet. Tel Aviv wird deshalb auch als „Weiße Stadt” bezeichnet und ist von der UNESCO als Weltkulturerbe geschützt.
Die Vorgeschichte: Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wanderten viele Juden nach Tel Aviv aus, Wohnraum wurde dringend benötigt. Viele jüdische Architekten hatten ihre Ausbildung am Bauhaus in Dessau erhalten und orientierten sich nun an diesen architektonischen Grundlagen.
Das Bauhaus ist eine 1919 von Walter Gropius gegründete Kunstschule. Sie verband die Bereiche Architektur, Design und Kunst. Der Zustand der Häuser in Tel Aviv ist heute sehr unterschiedlich – von ganz neu bis hin zu baufällig.
Das Stadtviertel Florentin in Tel Aviv
Am wohlsten fühle ich mich im Künstlerviertel Florentin. Hier gibt es überall Cafés, Bars und Ateliers. Besonders süß finde ich das Café Levinksy in der Levinsky-Straße 41, wo man in einem umgebauten Auto mit vielen Blumen sitzen kann. Gleich nebenan ist ein Platz mit kleinen Cafés, wo wir einen Nachmittag verbringen. In Florentin gibt es auch viele Clubs und Streetart.
Neve Tsedek
Der Stadtteil Neve Tsedek ist aus den ersten jüdischen Siedlungen außerhalb Jaffas hervorgegangen. Viele Gebäude sind im Vergleich zu anderen Stadtteilen noch gut erhalten und sehr hübsch. In Neve Tsedek gibt es viele Läden für die Besserverdienenden, Galerien und Boutiquen. In den ruhigen Gassen können wir wunderbar bummeln und flanieren.
Bicicletta und Hakosem
Gleich zweimal gehen wir zum Essen in die Kneipe Bicicletta. Sie ist in der Nahalat Binyamin St 29 und bietet so unfassbar leckere Gerichte wie frittierte Zucchini-Pommes, Pita mit Rote-Bete-Hummus oder Sandwiches mit Brie. Unter der Woche gibt es dort außerdem eine Happy Hour und die ansonsten teueren Cocktails für die Hälfte. Besonders schön ist es im Hinterhof mit Wimpelketten und Fahrrad-Deko.
Leckere Falafel bei Hakosem in Tel Aviv
Sehr begeistert waren wir außerdem von den Falafeln bei Hakosem in der Shlomo ha-Melekh St 1. Unsere Airbnb-Vermieterin und ein Freund, der in Tel Aviv gelebt hat, haben uns den Tipp gegeben. Die Wartezeiten sind zwar relativ lang, aber immer wieder gehen Angestellte durch die Reihen und verteilen kostenlos die leckeren Kugeln mit Hummusfüllung – als kleine Entschädigung. Und das Essen ist einfach traumhaft. Auch deshalb möchte ich auf jeden Fall wieder nach Tel Aviv.
Sonstige Eindrücke aus Tel Aviv:
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Der Blog ist komplett ohne Werbung, ich schreibe völlig frei, falls du mich dabei mit einem Kaffee unterstützen möchtest, freu ich mich.
Das ist ein wunderschön geschriebener Blog mit gut recherchierten Informationen und einem liebevollen und ehrlichen Blick in die Welt.
Ich lebe seit 40 Jahren in Israel (ursprünglich bin ich aus Köln) und finde es großartig, wie Du Tel Aviv und Jaffa dargestellt hast. Danke
Oh, das ist ja lieb. Danke!