“Ein Morgen in der Kulturküche Karlsruhe”
Kulturküche Karlsruhe: neuer Treffpunkt in der “Alten Seilerei”
Die leeren Flaschen sind alle eingesammelt, der Boden geputzt und weihnachtliche Kränze aus Tannennadeln finden nun ihren Platz auf den Tischen: Als ich am Sonntagmorgen zum ersten Mal die Kulturküche betrete, wuseln dort überall Helfer umher. Ihre Mission: Die letzten Reste einer 18. Geburtstagssause zu beseitigen, bevor es am nächsten Tag endlich offiziell losgehen kann – mit dem vielseitigen Bürgerprojekt in der Alten Seilerei in der Kaiserstraße 47.
Hinter dem Projekt steht das Lokale Bildungsnetzwerk Karlsruhe, kurz lobin. Gemeinsam mit vielen Unterstützern hat es mit der Kulturküche einen neuen Begegnungsort mitten in Karlsruhe geschaffen, direkt gegenüber dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT). „Wir möchten in diesen stürmischen Zeiten den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken“, erklärt mir Doris Traudt, die mich an diesem Morgen empfängt und mich durch das denkmalgeschützte und verwinkelte Haus führt. Sie kümmert sich um das Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit bei der Kulturküche.
Individuelles statt Franchise
Bis Anfang Dezember war in der Kaiserstraße 47 auf den zwei Etagen die Bar der Franchise-Kette „Mauritius“ zur Miete. Kellner mixten dort Drinks und servierten Snacks. Der Wechsel erfolgte fließend: Mittwochs zogen die Gastronomen aus, donnerstags die Helfer der Kulturküche ein. An einigen Stellen sind noch Überbleibsel des Franchise-Konzepts zu sehen: die braunen Sitzbänke an der Wand beispielsweise. Ansonsten hat sich Vieles verändert. Vintage-Möbel zieren nun die Räume. Holz-Stühle mit Polsterbezug sind darunter und rustikale Tische. Auf einer Fensterbank liegen Seile, sie erinnern an den Ursprung des Gebäudes. Nichts ist genormt in der Kulturküche, bunt soll es sein.
Auch Projektleiterin Sarah Tzitzikos ist an diesem Morgen sehr eingespannt. Sie ist Sonderpädagogin und baute das Bildungsnetzwerks lobin in Karlsruhe mit auf. „Wie können wir soziale oder künstlerische Projekte in der Fächerstadt besser vernetzen?“, das war eine zentrale Ausgangsfrage für ihre Arbeit. Knapp drei Jahre liegt der Ursprung zurück.
Lesungen, Ausstellungen, Konzerte: Viel Platz für Veranstaltungen
Seither ist viel passiert. „Wir bauen eine Infrastruktur in der Fächerstadt auf, damit einzelne Engagierte voneinander erfahren und ihre Energien verbinden können“, erklärt sie. Mit der Kulturküche hat lobin nun einen passenden Ort gefunden, an dem das auch räumlich geschehen kann – an den kleinen und großen Tischen in der Alten Seilerei, versteckt in Nischen oder abgeschirmt in einem separaten Raum. „Wir haben Platz für Schüler und Studierende zum Lernen, aber auch für Workshops aller Art, für Lesungen, Ausstellungen, Konzerte oder Feiern“, sagt Sarah Tzitzikos.
„Einsamkeit war gestern, Kulturküche ist heute“, das ist ein zentrales Motto des Bürgerprojektes. „Wir möchten eine Anlaufstelle sein, wenn sich jemand alleine fühlt“, betont Doris Traudt. An Weihnachten, aber auch darüber hinaus. „Wichtig ist uns ein achtsamer Umgang miteinander“, ergänzt sie. Außerdem soll es in der Alten Seilerei Hilfe zur Selbsthilfe geben.
Gerichte zu studentischen Preisen
Pasta, Salate, Bowls. Kern der Kulturküche ist das Essen. „Es gibt jeden Tag einen Mittagstisch mit verschiedenen Gerichten zu studentischen Preisen“, erläutert Doris Traudt, während hinter der Theke die Kaffeemaschine knattert und den Helfern einen Espresso nach dem nächsten ausspuckt. „Gibt es auch Sojamilch?“, ruft einer. „Klar“, schallt es zurück. Gekocht wird in der Kulturküche mit regionalen und saisonalen Produkten – vorrangig ohne Fleisch.
„Nachhaltigkeit ist bei uns elementar“, betont Doris Traudt. Deshalb konsumierten sie auch weitgehend „unverpackt“. Das Küchenkonzept entwarf Hossein Fayaz Pour. Er ist Vorsitzender des Vereins Tischlein Deck Dich und bereitet seit Jahren mit seinem Küchenteam der Vitalen Lunchbox nachhaltiges Schulessen für den Karlsruher Nachwuchs zu. In der Kulturküche wird er mit drei weiteren Köchen werkeln, außerdem bildet er dort gastronomischen Nachwuchs aus.
Nachhaltiger Umgang mit Wasser
Auch der Student Arthur Leon hat über Tischlein Deck Dich von der Kulturküche erfahren und engagiert sich seit den Anfängen. Er ist an diesem Morgen in der Alten Seilerei mit seiner Kamera beschäftigt. „Ich bin hier im Team unter anderem für die Fotos zuständig – beispielsweise für die Homepage oder für Flyer“, erzählt er mir.
Arthur studiert Water Science and Engineering am KIT. Der Verbrauch von Ressourcen ist ein Thema, das ihn umtreibt. “Als ich zu Beginn des Projekts hörte, wie die Kulturküche mit Wasser umgehen möchte, war ich sofort begeistert und habe mich dafür eingesetzt, dass die Idee umgesetzt wird”, sagt er und meint damit: Dort kommt nur von einer Osmose-Anlage gefiltertes Wasser zum Einsatz – und jeder Gast erhält es kostenfrei zum Trinken. „Ich finde es schön, bei einem Projekt mitzumachen, bei dem Achtsamkeit und Nachhaltigkeit im Fokus stehen“, sagt er. Für Arthur Leon vereint die Kulturküche alle Zutaten, die ihm wichtig sind.
Weitere Infos zur Kulturküche:
Öffnungszeiten: Die Kulturküche ist generell von montags bis freitags von 11 bis 20 Uhr geöffnet, samstags von 11 bis 15 Uhr.
Ehrenamtliche Helfer sind in der Kulturküche herzlich willkommen.
Über betterplace.org läuft auch noch eine Spendenaktion.
Weitere Infos sind abrufbar auf der Homepage der Kulturküche Karlsruhe.
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Liebe Schreibmaschine,
ich bin begeistert von den Beiträgen und lese sie mit großer Freude.
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Danke. Das ist lieb und freut mich
Vielen Dank das Du die Arbeit der Kulturküche so gut auf den Punkt gebracht hast. Damit kann ich meinen Freunden noch besser erklären woran wir arbeiten! Liebe Grüße Ellen