Buchkritik: “I’m glad my Mom died” von Jennette McCurdy
Rezension: I’m glad my mom died”: Nickelodeon-Star Jennette McCurdy befreite sich aus toxischer Mutter-Tochter-Beziehung
„iCarly“ oder „Sam & Cat“ – von diesen beiden Nickelodeon-Serien hatte ich noch nie gehört, bis ich vor einigen Tagen das Buch „I‘m glad my Mom died“ in die Hand nehme.
Jennette McCurdy, die Hauptdarstellerin dieser sehr erfolgreichen Serien, erzählt darin, wie sie als Kind von ihrer Mutter Debra gezwungen wurde, vor der Kamera zu stehen, und wie sie es schaffte, die scheinbare Glitzerwelt von Nickelodeon zu verlassen.
Wahrscheinlich hätte ich das Buch gar nicht zur Kenntnis genommen, wenn es mir nicht eine Freundin in die Hand gedrückt hätte. Schon nach wenigen Seiten bin ich überrascht, welche Sogwirkung der supererfolgreiche New-York-Times-Bestseller auch auf mich ausübt.
Trauriges Leben als Kinderschauspielerin
Wie im Rausch verschlinge ich “I’m glad my Mom died”. Das Buch ist unglaublich eingängig geschrieben. Kurze Kapitel werfen Schlaglichter auf Jennettes Leben – chronologisch geordnet.
Mal ist sie als junges Mädchen bei Castings, später am Set einer Serie und gegen Ende in Therapie. Die etwas mehr als 300 Seiten geben einen facettenreichen Einblick in das traurige Leben einer Kinderschauspielerin.
Aber der Inhalt des Buches war für mich nicht immer ein Vergnügen. Das Buch wimmelt nur so von den toxischen Eigenschaften der Mutter, den Essstörungen der Tochter und den Manipulationen am Set. Es ist bedrückend zu erfahren, was Jennette McCurdy über Jahre erlebt hat.
Jennette ist sechs Jahre alt, als ihre Mutter beginnt, sie zu Castings für TV- und Filmproduktionen zu schleppen.
„Ich will dir das Leben ermöglichen, das ich nie hatte, Net. Das Leben, das ich verdient hätte. Das Leben, das meine Eltern mir nicht erlaubt haben.“
„Okay“, ich fürchte, was als Nächstes kommt.
„Ich denke, du solltest schauspielern. Du wärst eine tolle kleine Schauspielerin. Blond. Blauäugig. Du bist das, was sie in der Stadt lieben.“
Quelle: “I’m glad my Mom died”
Krebserkrankung dient als emotionale Erpressung
Schnell wird klar, dass Jennette selbst gar nicht vor der Kamera stehen will. Aber sie kann ihrer Mutter diesen Wunsch nicht abschlagen. Sie will sie unbedingt glücklich machen. Denn: Als Jennette zwei Jahre alt ist, erkrankt Debra schwer an Brustkrebs. An ihren schweren Kampf erinnert sie ihre Familie auch später noch jeden Tag.
Das Zusammenleben mit Debra ist für ihre Familie auf mehreren Ebenen toxisch. Nach ihrer Krebserkrankung beginnt sie, Dinge zu horten. Irgendwann ist das Haus so voll, dass die vier Kinder auf Klappbetten im Wohnzimmer schlafen müssen.
Zudem wird sie ihrem Mann gegenüber immer wieder gewalttätig. Es ist bedrückend zu lesen, unter welch traumatischen Umständen Jennette aufgewachsen ist.
Zwangsstörung und Magersucht
Anstatt ihre Tochter seelisch stark zu machen, treibt Debra sie zudem in die Magersucht, damit sie länger kindlich bleibt und entsprechende Rollen zugewiesen bekommt.
Als Jennette dazu noch eine Zwangsstörung entwickelt, verschließt die narzisstische Mutter fest die Augen. Was zählt ist, dass ihre Tochter erfolgreich ist und genug Geld verdient, damit die Familie ihre Rechnungen bezahlen kann.
Puuuhhh.
Sexuelle Übergriffe an Nickelodeon-Sets
Auch gegen den Creator der Serien, Dan Schneider, erhebt Jennette Vorwürfe der emotionalen Manipulation und Übergriffigkeit (ungewollte Massagen beispielsweise). Inzwischen gibt es auch eine mehrteilige Doku über Nickelodeon, die sich mit sexuellem Missbrauch am Set beschäftigt. Jennette scheint also kein Einzelfall zu sein.
Harte Kost trotz Lichtblick
„I‘m glad my Mom died“ ist also über den größten Teil hinweg harte Kost, endet aber gut, weil es Jennette McCurdy gelingt, sich aus der toxischen Mutter-Tochter-Beziehung zu befreien. Insgesamt ist es nur eine Herausforderung, all das aufzunehmen, was ihr widerfahren ist.
Zweimal legte ich das Buch sogar weg und wollte abbrechen, nahm es dann aber wenige Stunden später doch wieder in die Hand, weil ich zu neugierig war und es sich so mühelos lesen lässt.
Was den Unterhaltungsfaktor angeht, ist „I‘m glad my Mom died“ unschlagbar. Gleichzeitig ist es aber auch ein sehr trauriges Buch – selbst wenn es am Ende einen Lichtblick gibt.
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