9. Oktober 2024

Kritik: “Nobody wants this”

Kritik der Netflix-Serie “Nobody wants this”: Die Welt braucht mehr Männer wie Noah

Es ist am Ende der sechsten Folge, als ich denke: Wow, „Nobody wants this“ hat etwas Außergewöhnliches geschafft. Endlich gibt es mal einen Mann, der empathisch ist, der sein Gegenüber wirklich wahrnimmt und deshalb in einer schwierigen Situation nicht toxisch, sondern genau richtig handelt. 

Denn Noah (Adam Brody) läuft nicht weg, als Joanne (Kristen Bell) wieder einmal Beziehungsangst hat. Er erkennt, warum sie verbal um sich schlägt, spricht es konkret an, lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Dadurch realisiert Joanne selbst ihr destruktives Muster, ein Knoten platzt. Sie trennen sich nicht, sondern sind in ihrer Beziehung einen Schritt weiter. 

Was so selbstverständlich klingt, wurde in vielen großen Produktionen oft anders gelöst: Die hysterische Frau verhält sich irrational, dem Mann wird es zu viel.  

„Nobody wants this“ bricht damit, zeigt, warum Menschen unsicher und ängstlich sind – und bietet Lösungen. Der Netflix-Produktion gelingt damit ein Kunststück: So funktioniert eine mental gesunde Beziehung.  

Um es vielleicht ein wenig zu überspitzen: Hätte es diese Serie 15 Jahre früher gegeben, hätten sich vermutlich einige Menschen in meinem engeren und weiteren Freundeskreis schmerzhafte Dating-Erfahrungen erspart – mich eingeschlossen.

Um was geht es in „Nobody wants this“?

Die Handlung von “Nobody wants this” klingt zunächst nicht besonders revolutionär. Es ist eine typische Rom-Com. Eine Sex-Podcasterin trifft einen Rabbi. Die beiden verlieben sich ineinander, nur was für eine Überraschung, die Rahmenbedingungen machen es ihnen sehr schwer, eine normale Beziehung zu führen. 

Aber schon in der ersten Folge spüre ich, dass die Serie mehr will. Bereits bei der ersten Begegnung analysiert Noah blitzschnell, warum die scheinbar so taffe und freche Joanne mit einem Pelzmantel zum Essen einer gemeinsamen Freundin kommt – und so sehr um Aufmerksamkeit kämpft. Der smarte Rabbi ahnt, dass sie unsicher ist.

„Nobody wants this“: toller Cast, wunderschöne Bilder

„Nobody wants this“ bietet zwar in allen zehn Folgen keine großen Überraschungen, einige Geschichten sind auch etwas unrealistisch geraten (die Camp-Folge beispielsweise oder dass Noahs Mutter heimlich italienischen Schinken aus dem Mülleimer isst), aber die Dialoge sind oft sehr witzig.

Die Besetzung ist außerdem großartig. Vor allem Joannes Schwester Morgan (Justine Lupe) und Noahs Bruder Sasha (Timothy Simons) sind perfekt gecastet. Die wunderschönen Bilder aus Los Angeles sind eine tolle Ergänzung zur kurzweiligen Erzählung.

Zudem ist nicht nur die Beziehung zwischen Kirsten und Noah sehr modern und realistisch umgesetzt. Auch die Beziehung zwischen den Schwestern, die zusammen den Sex-Podcast machen, ist so typisch. Ständig gibt es kleine Streitereien und Rivalitäten, aber eine große Verbundenheit schweißt sie immer wieder zusammen. 

„Nobody wants this“: Werbung für das Judentum

Dazu bringt „Nobody wants this“ den Zuschauenden die jüdische Religion näher. Was ist der Sabbat, was eine Bar Mitzwa? Das alles erklärt der attraktive und moderne Rabbi Noah. Bessere Werbung für das Judentum gibt es wohl kaum – vor allem in diesen schwierigen Zeiten. 

Produzentin Erin Foster hat übrigens in einem Interview erzählt, dass sie ihre eigene Geschichte in der Serie verarbeitet hat. Sie selbst konvertierte für ihren Ehemann zum Judentum.

Zweite Staffel von „Nobody wants this“?

Die erste Staffel von „Nobody wants this“ endet abgeschlossen und ein wenig beliebig. Es könnte ein Schlusspunkt sein. Doch die Chancen stehen gut, dass es eine weitere Staffel geben wird. Schließlich gibt es noch so viele Geschichten aus dem Noah-Joanne-Kosmos zu erzählen. Ich hoffe auch sehr, dass es eine Fortsetzung gibt.

Denn mein Fazit lautet: „Nobody wants this“ hat zwar keine außergewöhnliche Handlung, dafür aber ganz besondere Charaktere. Sie ist der dringend benötigte Gegenpol zu all den toxischen Beziehungen, die in vielen anderen Serien herumschwirren – sei es in „Emily in Paris“ (Emily und Gabriel) oder in „Valeria“ (Valeria und Viktor). 

Liebes Netflix: Bitte zeigt mehr von „Nobody wants this“ und mehr von Noah. Die kaputte Dating-Welt hat das dringend nötig.

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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