Japan-Reise: Konnichiwa, Tokyo

Drei Wochen Japan-Reise: Tokyo – Hiroshima – Kyoto
Bereits im Flugzeug wird mir klar, dass diese Reise nach Japan etwas Besonderes ist. Kaum sind wir sicher in der Luft, beginnen die Menschen um mich herum ihre Straßenschuhe auszuziehen und Hausschuhe aus ihrem Handgepäck zu nehmen. Verwundert blicke ich mich um.
„Siehst du, ich hab’s doch gesagt”, sagt mein Freund neben mir. Irritiert hatte ich ihn zu Hause noch angesehen, als er mit großem Ehrgeiz unsere grauen Pantoffeln in den kleinen, prall gefüllten Koffer stopfte und meinte: „Die brauchen wir im Flugzeug“.
Hausschuhe sind ein großes Thema, seit wir zusammen wohnen. Für ihn ist es undenkbar, unsere Wohnung mit seinen Sneakern zu betreten. Wenn seine japanischen Freund*innen zu Besuch kommen, ist es wichtig, dass wir für jeden Gast ein Paar Hausschuhe bereitstellen. Den Dreck von der Straße in die Wohnung zu tragen – das ist undenkbar. Deshalb haben wir jetzt mindestens fünf zusätzliche Hausschuhe daheim.
Dass mir diese japanische Sitte schon vor der Landung in Tokyo begegnet, kommt dann aber doch überraschend für mich. Es ist aber nicht das letzte Mal, dass ich in ungewöhnlichen Situationen die Schuhe ausziehe.

Japan-Reise mit Baby
Die dreiwöchige Reise nach Japan mussten wir schon mehrmals verschieben. Zuerst konnten wir wegen Corona zwei Jahre lang nicht hinfahren. Als dann endlich wieder nicht-japanische Menschen ins Land durften, wurde ich schwanger – und wollte nicht so lange fliegen.
Deshalb ist die Elternzeit jetzt perfekt, um endlich die Heimat meines Freundes kennenzulernen und sie auch unserem kleinen Sohn zu zeigen. Schließlich ist er ein Hafu, also hat einen deutschen und einen japanischen Elternteil.
Der Hinflug dauert rund 13 Stunden. Wir starten am frühen Abend in Frankfurt und sind am frühen Abend (Ortszeit) in Tokyo. Mit Baby ist das die beste Möglichkeit, den Jetlag einigermaßen in den Griff zu bekommen. Einfach ist es trotzdem nicht. Bis der Kleine ruhig schläft, dauert es ein paar Nächte.

Unser erster Stopp ist in Tokyo
Unser Reiseplan für die drei Wochen lautet: Tokyo, Hiroshima und Kyoto. In Tokyo lebt ein Großteil der Familie meines Freundes und in Hiroshima ist er aufgewachsen. Deshalb haben wir für die ersten beiden Stationen ein paar Tage mehr eingeplant.
Unsere Unterkunft befindet sich im Stadtteil Shinjuku. Dort ist es ähnlich lebhaft wie im berühmten Viertel Shibuya. Es gibt unzählige Restaurants, Galerien, Einkaufsmöglichkeiten, Wolkenkratzer und mehrspurige Straßen. Überall blitzt und blinkt es.


Wir wohnen in einer eher ruhigen Gegend abseits des quirligen Zentrums. Aber auch dort ist immer noch viel los. Es gibt kleine Restaurants, hippe Co-Working-Cafés und Take-Away-Shops. Mit U-Bahn und Bus sind wir gut angebunden. Auf den Straßen ist es allerdings sehr ruhig. Viele Japaner fahren Elektro- oder Hybridautos.


Tokyo ist eine geordnete Metropole
Was mir bereits bei der ersten Fahrt mit der Metro klar wird: Obwohl Tokyo eine riesige Metropole ist, geht es unglaublich geordnet zu. Die Menschen gehen klar ihren Weg, es gibt kein Drängeln oder Schubsen.
Auf dem Bahnsteig ist außerdem markiert, wo der Einstieg ist. Die Leute stellen sich in Schlangen auf, an die sie sich beim Einsteigen halten. Im Zug drehen sie den Rucksack sofort nach vorne, damit er weniger Platz einnimmt. Es ist ein Traum. Es gibt auch spezielle Einstiegsbereiche und Waggons für Frauen.
Leckeres Essen aus dem Supermarkt und dem Konbini
Selbst wenn in Tokyo der Familienbesuch im Vordergrund steht, möchte ich auch die Stadt kennen lernen – soweit das mit einem Baby möglich ist. Mein Freund hat mehrere Jahre in Tokyo studiert. Das hilft sehr, die Stadt zu erkunden. In Restaurants sind wir allerdings eher selten. Das ist Stress für unseren kleinen Sohn. Aber das ist auch unnötig. In Tokyo ist es überhaupt kein Problem, leckeres Essen zum Mitnehmen zu bekommen.

Sushi in allen Variationen, leckere Bento-Boxen oder Udon-Nudeln gibt es nämlich auch im Supermarkt. Ich traue meinen Augen kaum, als ich sehe, wie viel Essen zum Mitnehmen in den riesigen Kühltruhen liegt. Das schnelle Aufwärmen in unserer Unterkunft ist auch kein Problem. Eine Mikrowelle ist in den Haushalten dort Standard. Dafür fehlt oft ein Backofen.

In Japan kaufen die Menschen nicht nur in den typischen Supermärkten ein. Auch in den so genannten Konbini gibt es rund um die Uhr abgepackte Gerichte. Yakitori, Dumplings oder Würstchen liegen in der Vitrine. Das ist praktisch für alle, die lange arbeiten und auf dem Heimweg schnell etwas zu essen brauchen. Die bekanntesten Konbini sind 7eleven und FamilyMart.
In einer U-Bahn-Passage finden wir auch einen Delikatessenstand, an dem uns die Verkäuferin karamellisierte Süßkartoffeln und Bibimbap in Tüten packt. Es ist ein Traum. Allein für das Essen würde ich sofort wieder nach Japan reisen.
Auch „Uber Eats“ ist in den japanischen Großstädten weit verbreitet und bringt uns innerhalb kürzester Zeit Ramen, Tempura-Bowls und gebratene Udon-Nudeln. Wir haben Glück, dass der Yen zur Zeit unserer Reise sehr schwach ist. Auf die Preise müssen wir kaum achten.
In Japan spielen Verpackungen eine große Rolle
Was mir aber schnell auffällt: Verpackungen spielen in Japan eine große Rolle. Hygiene geht über alles. Vieles ist sogar doppelt verpackt. Unsere Wertstofftonne ist immer voll. In den Hipster-Cafés gibt es jedoch schon futuristische Verpackungen, an die ich mich zunächst gewöhnen muss. Netterweise erklärt mir der Barista gleich, wie ich aus dem Becher trinken muss.

Mit dem Frühstück tue ich mich in den ersten Tagen in Japan etwas schwer. In der Unterkunft gibt es keine Kaffeemaschine. Auch gutes Vollkornbrot oder reine Haferflocken finde ich in unserem Supermarkt nicht.
Verliebt in Shokupan und Drip-Coffee
Dafür gibt es Toast in allen möglichen Variationen. Zu Hause esse ich das nie. Der typische Toast heißt nun hier Shokupan und ist eine japanische Brioche. Zunächst widerwillig lege ich eine Scheibe davon in einen kleinen Tischofen. Überraschung: Mit Butter und Orangenmarmelade darauf schmeckt er unglaublich lecker, ich bin total begeistert. Noch heute habe ich keine Toast-Variante in Deutschland gefunden, die so gut ist.
Auch das Kaffeeproblem löst sich am zweiten Tag. In einem Kobini entdecke ich eine große Auswahl an Drip-Coffee-Bags. Die kleinen Beutel sind bereits mit einer Portion Kaffee gefüllt. Ich muss sie nur noch in eine Tasse hängen. Die Überraschung ist wieder groß. Der Kaffee schmeckt fantastisch. Meine Laune ist jetzt schon am Morgen ausgezeichnet.
Wow, diese Toiletten
Nicht zu vergessen sind natürlich die fantastischen Toiletten. Das sind kleine Wunderwerke der Technik. Am besten finde ich, dass der Toilettensitz beheizt ist. Gerade im kalten Februar ist das sehr angenehm. Außerdem gibt es verschiedene Reinigungsprogramme wie eine Po-Dusche und Vogelgezwitscher, um unangenehme Geräusche zu übertönen. Mit einigen Einstellungen bin ich schlichtweg überfordert, weil ich die Schrift nicht lesen kann – aber die Basisvarianten reichen mir schon.
Übrigens sind auch die öffentlichen Toiletten supersauber – und zwar überall.
Unfassbare gute Ramen
Die ersten drei Tage in Tokyo sind wir vor allem damit beschäftigt, Familie und Freund*innen zu besuchen – dafür fahren wir kreuz und quer durch die Stadt. Unter anderem sind wir in Chyoda, wo wir ausnahmsweise chinesische Ramen in einem sehr kleinen Imbiss in der Avenue Waseda-Dori essen – es sind die mit Abstand besten Ramen, die ich je gegessen habe. Sie sind mit Hackfleisch, ein bisschen scharf und die Nudeln sind richtig bissfest. Ich komme aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus.

Shibuya und Shibuya Crossing erfüllen alle Erwartungen
Am vierten Tag fahren wir nach Shibuya. Das Viertel erfüllt alle Klischees. Es ist laut, voller bunter Menschen und überall sieht man Figuren aus Mangas und Animes. Genau so habe ich mir Cosplay vorgestellt.



Die berühmte Kreuzung (Shibuya Crossing) habe ich schon so oft im Fernsehen gesehen – unter anderem in einem meiner Lieblingsfilme: „Lost in Translation“. Es ist immer wieder faszinierend, von außen zu beobachten, wie geordnet die Menschen die Straße überqueren – fast wie bei einer Performance.


Auch an diesem Tag herrscht dort ein reges Treiben. Plötzlich rasen sogar Seifenkisten an uns vorbei. Doch als ich mich unter die Menge mische und bei Grün loslaufe, fühle ich mich wie in einen Sog gezogen. Als würde ein unsichtbarer Faden die Menschen führen. Keiner berührt den anderen, trotz der Masse, die auf einer überschaubaren Fläche läuft.
Schon nach wenigen Tagen in Japan scheint es so normal zu sein, sich auf öffentlichen Plätzen so rücksichtsvoll zu verhalten. An das Chaos in Deutschland muss ich jetzt schon kopfschüttelnd denken.
Lieblingsviertel Daikanyama
Daikanyama ist ruhig, hohe Häuser fehlen. Es gibt dafür kleine Cafés, Konditoreien, Modegeschäfte und viel Grün. Es ist das japanische Szeneviertel. Dort finden wir eine sehr kleine Konditorei, die unglaublich leckeren japanischen Short-Cake anbietet. Das ist eine Art Biskuitkuchen mit Erdbeeren und Sahne. Außerdem entdecken wir in der Vitrine Maronen-Kuchen, den mein Freund sehr gerne isst.



Als wir dann ein paar Straßen weiter an dem hübschen Café Reism Stand vorbeikommen, will ich dort eigentlich nur einen Kaffee trinken – bis ich sehe, was die Servicekräfte auf Tellern an die Nebentische bringen. French Toast in den kreativsten Variationen – unter anderem mit Kurkuma. Spontan beschließen wir, dort zu Mittag zu essen. Es ist fantastisch. Ich wusste gar nicht, wie gut French Toast mit Shokupan schmecken kann. Weitere Fotos gibt es auf der Instagram-Seite von Reism Stand.


In Daikanyama schlendern wir noch eine Weile durch die Haupteinkaufsstraße, die eher an Williamsburg als an Manhattan erinnert. Ich fühle mich rundum wohl! Hier gibt es noch mehr Infos über Daikanyama.
Tempel und Schrein anschauen in Asakusa
Nachdem wir nun schon viel Modernes in Tokio gesehen haben, möchte ich endlich auch etwas Traditionelles kennen lernen. Deshalb fahren wir am nächsten Tag zum Asakusa-Schrein. Das ist ein Shintō-Schrein neben dem buddhistischen Sensō-ji-Tempel, der im 17. Jahrhundert erbaut wurde.


Schon Anfang März, also noch vor der Kirschblüte, ist dort viel los. Auf dem Weg zum Tempel gehen wir die berühmte Nakamise-Straße entlang. Diese Open-Air-Einkaufsstraße ist eine der ältesten in Japan. Sie ist etwa 500 Jahre alt. Hier gibt es süße und herzhafte Snacks wie Reiskekse oder kleine Biskuitkuchen mit Bohnenpaste (Ningyoyaki). Außerdem verkaufen freundlich lächelnde Menschen japanisches Kunsthandwerk und typische Souvenirs wie die berühmte Winkekatze.




Zashiki-Besuch in Asakusa
Rund um den Tempel gibt es viele Restaurants. Wir beschließen, mit Baby in ein Zashiki zu gehen. Dort ziehen wir am Eingang wieder unsere Schuhe aus und setzen uns zum Essen auf Kissen auf den Boden. Da wir kurz vor der Mittagspause ankommen, ist es schon sehr leer. Das ist perfekt für unser Baby, das jetzt auf dem Boden krabbeln kann.

Das Tolle an vielen japanischen Restaurants ist übrigens, dass man die angebotenen Speisen in einer Vitrine bewundern kann – als Fake Food aus Kunststoff. Auch dieses Konzept hat einen Namen: shokuhon sampuru. Diesen Trend gibt es seit den 1990er-Jahren. Es hat mir definitiv bei der Auswahl geholfen.

Zu essen gibt es in dem Zashiki in Asakusa Tendon Tempura Bowl. Das ist definitiv eines meiner liebsten Gerichte aus Japan. Garnelen, Süßkartoffeln und anderes Gemüse werden dazu frittiert und mit Reis in einer Schüssel serviert. Ich esse es mehrmals während unserer Reise, weil es mir einfach so gut schmeckt.

Farbenspiele im Yayoi-Kusama-Museum
An unserem letzten Tag in Tokyo entscheiden wir uns, das Yayoi-Kusama-Museum zu besuchen. Eigentlich wollte ich unbedingt noch einen Tagesausflug nach Kamakura machen – die Fotos sehen fantastisch aus. Dort gibt es Tempel, Schreine und Sandstrände.
Aber dann regnet es, und da wir am nächsten Tag eine vierstündige Zugfahrt mit dem Shinkansen nach Hiroshima vor uns haben, entscheiden wir uns für das Kunstmuseum. Es liegt auch perfekt, nur 30 Minuten zu Fuß von unserer Unterkunft entfernt. So landet Kamakura auf der To-do-Liste für unseren nächsten Japan-Besuch.



Das Yayoi Kusama Museum liegt an einer großen Straße im pulsierenden Zentrum von Shinjuku. Ich war noch nie in einem Museum, in dem so viele kleine Räume übereinander gestapelt sind. Mit dem Aufzug, in den maximal drei Personen passen, fahren wir hinauf und hinunter.
Yayoi Kusama gehört zu den bedeutendsten Künstler*innen Japans und hatte 2021 auch eine große Ausstellung im Berliner Gropius-Bau. Sie arbeitet unter anderem mit bunten Punkten, abstrakten Formen und Spiegelräumen. In den kleinen Räumen sind relativ wenige Arbeiten zu sehen. In mehreren Stockwerken darf ich auch nicht fotografieren.
Im vierten Stock gibt es aber einen abgedunkelten Raum, in den Besucher*innen für wenige Minuten eintreten dürfen. Er ist wie ein Einzimmer-Apartement eingerichtet, überall flirren Punkte durch die Luft. Dort darf ich mit dem Handy ein paar Fotos machen.


Von der Dachterrasse aus hat man einen tollen Blick über Tokyo. Außerdem gibt es dort eine große florale Skulptur, die einigen Influencer*innen als Kulisse für Fotoshootings dient. Wir halten uns zurück und genießen lieber die Aussicht.



Mit dem Shinkansen geht es nun nach Hiroshima
Zurück in der Unterkunft heißt es dann Koffer packen. Mit dem Shinkansen geht es für fünf Tage nach Hiroshima – vorbei am Fuji, dem berühmten Berg. In Hiroshima werden wir in der Wohnung schlafen, in der mein Freund aufgewachsen ist. Außerdem werde ich zum ersten Mal Okonomiyaki essen – es gibt nämlich eine berühmte Hiroshima-Variante dieses besonderen Gerichts. Darauf freue ich mich schon sehr.






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