28. März 2025

Buchkritik: „Blauer Hibiskus“ von Chimamanda Ngozi Adichie

„Blauer Hibiskus“ von Chimamanda Ngozi Adichie

„Blauer Hibiskus“ von Chimamanda Ngozi Adichie: eindringliche Geschichte mit wunderbarer Sprache erzählt

Die Geschichte beginnt leise, nimmt langsam Fahrt auf und endet mit einem Knall. In Chimamanda Ngozi Adichies Debütroman „Blauer Hibiskus“ dreht sich alles um eine wohlhabende Familie im politisch instabilen Nigeria. Die 15-jährige Kambili erzählt ihre erschütternde Geschichte über einen Zeitraum von etwa vier Jahren.

Chimamanda Ngozi Adichie gehört seit ihrem Roman Americanah“ (2013) zu den erfolgreichsten Schriftsteller*innen unserer Zeit. Ihr TED-Talk zum Thema „We should all be Feminists“ (2014) wurde millionenfach angeklickt. „Blauer Hibiskus“ erschien bereits 2003.

Mit „Blauer Hibiskus” gelingt es der Autorin, in poetischer Sprache eine Geschichte voller Schrecken zu erzählen – und damit einen Einblick in den nigerianischen Alltag zu geben. Sie erzählt von Korruption, Gewalt, übereifrigen weißen Missionaren und großer Armut. Es ist eine Welt, von der ich bisher sehr wenig wusste. Das ist immer lesenswert und interessant, nur stellenweise sehr atmosphärisch.

Um was geht es in „Blauer Hibiskus“?

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Kambili. Sie wächst im zerrüttelten Nigeria im puren Luxus auf:

„Unser Hof war so gross, dass hundert Leute darin atilogu tanzen konnten, und so geräumig, dass zwischen den Tänzern genug Platz bleiben konnte, damit sie ihre halsbrecherischen Saltos machen und auf den Schultern des nächsten Tänzers landen konnten. Die Mauern des Grundstücks, auf denen sich elektrisch geladener Stacheldraht ringelte, waren so hoch, dass ich die Autos, die an unserem Haus vorbeifuhren, nicht sehen konnte.“

Obwohl ihr Haus von so hohen Mauern umgeben ist, lauert die größte Gefahr für Kambili im Inneren. Ihr Vater, ein erfolgreicher Geschäftsmann und Menschenrechtspreisträger von Amnesty World, erzieht Kambili und ihren älteren Bruder Jaja streng religiös – bei vermeintlichen Sünden schreckt er vor nichts zurück. Peitschenhiebe, verbrühte Füße und Schläge auf den Kopf sind Normalität. Auch seine Frau muss ständig Angst haben.

Das Militär übernimmt die Macht

Für Kambili ist der gewalttätige Alltag zu Beginn der Geschichte Alltag, sie stellt ihren Vater nicht infrage, bewundert ihn sogar. Gleichzeitig ist sie völlig verängstigt und unfähig, in der Schule Kontakt zu anderen Jugendlichen herzustellen.

Doch dann lernen sie und ihr Bruder ihre emanzipierte Tante Ifeoma besser kennen – sie begreifen, dass es Alternativen zu ihrem Leben gibt. Ganz langsam schafft es Kambili, sich selbst mehr zuzutrauen und mit anderen Menschen Gespräche zu führen.

Nur gleichzeitig wird die politische Situation in Nigeria für Kambilis Familie immer gefährlicher. Das Militär übernimmt die Macht. Die Zeitung ihres Vaters äußert sich kritisch, was für die Redakteur*innen lebensgefährlich wird. Der Druck auf Kambilis Vater wird größer, seine Aggressionsschübe extremer. Außerdem ist Ifeomas Job als Professorin an der Universität unsicher. Sie überlegt, mit ihren drei Kindern in die USA zu gehen.

Geschichte entblättert sich langsam in „Blauer Hibiskus”

Auf was es genau in „Blaue Hibiskus” hinausläuft, ist lange Zeit unklar. Kambili macht aber gleich im ersten Satz klar, dass etwas vorgefallen ist:

„Bei uns zu Hause begann alles in die Brüche zu gehen, als mein Bruder Jaja nicht bei der Kommunion war und mein Vater sein schweres Messbuch durch das Zimmer schleuderte und die Keramikfiguren auf der Etagere zerbrach.“

300 Seiten lang läuft die Geschichte dann ohne große Überraschungen vor sich hin. Erst 20 Seiten vor Schluss passiert plötzlich etwas, das alles durcheinanderbringt. Dieser Knall gibt der Geschichte aber eine unerwartete Wendung und verhilft ihr rückwirkend zu viel Spannung.

Fazit zu „Blauer Hibiskus”

„Blauer Hibiskus“ ist wirklich sehr lesenswert – auch wenn die Beschreibungen der Umgebung sehr genau sind und für mich manchmal die Geschichte bremsten. Gleichwohl bietet der Roman so viel Wissenswertes: Mir war zum Beispiel nicht klar, welch große Rolle die katholische Religion in Nigeria spielt und dass die Arbeit der Missionare sehr kritisch zu sehen ist.

„Blauer Hibiskus“ öffnet außerdem den Blick für die Ursachen von Migration. Wenn gut ausgebildete Menschen vor Ort keine Arbeit finden, Angst vor dem Militär haben müssen und in großer Armut leben, bleibt oft nur die Hoffnung auf ein besseres Leben im Westen. Auch wenn dort Rassismus droht und akademische Kompetenzen nur begrenzt anerkannt werden. „Blauer Hibiskus“ ist deshalb ein wichtiger Roman und ein beeindruckendes Debüt. Nun bin ich gespannt auf Chimamanda Nogozi Adichies ganz neues Werk: „Dream Count“.

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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