15. Juli 2025

Serienkritik: „Too Much“ auf Netflix

„Too Much“: Die neue Serie von Lena Dunham ist der Kracher!

Hach, meine Freude war riesig, als ich vor wenigen Monaten las, dass Lena Dunham mit ihrem Ehemann Luis Felber eine neue Serie für Netflix produziert hat. Erst vor einem Jahr habe ich mir ihren großen Erfolg „Girls“ nochmals angeschaut – und tauchte wieder so tief in die Welt von Hannah, Marnie, Jessa und Shoshanna ein. Auch wenn die Serie unter anderem für fehlende Diversität kritisiert wurde: Ich liebe „Girls“ über alles. Es war damals eine der ersten Serien, die nicht fernab meiner eigenen Lebenswelt war und bei der ich so viele Geschichten mitfühlen konnte.

Nun ist seit 10. Juli endlich „Too Much“ auf Netflix verfügbar. Ich habe mir den Erscheinungstag sogar im Kalender markiert. So neugierig und voller Vorfreude war ich. Vor allem, als ich entdeckte, dass die Hauptrollen der wunderbare Will Sharpe und die bezaubernde Megan Stalter haben. Will Sharpe ist mir bereits in der zweiten Staffel von „The White Lotus“ aufgefallen. Über Megan Stalter musste ich schon so oft in „Hacks“ lachen. Was für eine ungewöhnliche und großartige Kombination, dachte ich.

Eins vorweg: „Too Much“ hat all meine Erwartungen erfüllt. Ich bin so begeistert von dieser zeitgemäßen, sensiblen, klugen und witzigen Serie. „Too Much“ ist keineswegs so catchy wie etwa „Nobody wants this“. Sondern sie ist edgy und passt deshalb perfekt nach London, wo die Handlung zum größten Teil spielt. Außerdem ist die Botschaft so wunderbar: Es ist mehr als okay, zu viel zu sein. Es macht einen Menschen nur noch liebenswürdiger. Und Frauen sind keine Konkurrentinnen, sondern können sich gegenseitig verbünden – und dadurch noch stärker werden.  

Worum geht es in „Too Much“?

Sehr grob zusammengefasst könnte man sagen: Too Much“ ist die raue, ungefilterte und ehrlichere Version von „Emily in Paris“ in London. Dazu passen der tolle Indie-Soundtrack, die Pub-Kultur und der derbe Charme der britischen Hauptstadt – samt Koks- und Ketamin-Abstürzen bei schrägen Dinnerpartys und kuriosen Hochzeitsfeiern. Ja, die zehn Folgen könnten den Titel „Too Much“ nicht besser ausfüllen. Eine Folge heißt auch „Notting Hölle“. In mehreren Artikeln habe ich außerdem gelesen, dass die Serie halbbiografisch sein soll, also wohl die Geschichte der beiden Produzent*innen erzäht.

Aber zum Wesentlichen: Um was geht es nun in „Too Much“?  Lena Dunham und Luis Felber haben eine sehr moderne und authentische Rom-Com produziert. Ihre Hauptfigur Jessica (Megan Stalter) ist Mitte 30, arbeitet als Produktionsassistentin und ist nach der Trennung von ihrem Freund Zev (Michael Zegen) ein nervliches Wrack. Da sie sich in das Großbritannien aus Filmen wie „Stolz und Vorurteil” verliebt hat, nimmt sie das Angebot an, für eine Weile in einem Produktionsbüro in London zu arbeiten – in der Hoffnung, dort ihren Mr. Darcy zu finden.

Doch schnell wird der quirligen Frau klar, dass das England aus dem Fernsehen nichts mit der Realität zu tun hat. Sie zieht in eine schmucklose Wohnung, versteht nicht jedes britische Wort und verliebt sich in einem Pub ausgerechnet in Felix, einen Indie-Sänger, bei dem die Red Flags wie wild flattern. Er hat eine wilde Drogenvergangenheit, sehr viele Ex-Freundinnen und -Affären, wenig Geld und keinen festen Wohnsitz. Aber Felix betreibt das liebenswerteste Love Bombing (er schenkt ihr ein Mixtape nach dem ersten Date), ist sensibel, sieht unglaublich gut aus und liebt Jessica so, wie sie ist.

„Too Much“: „Du bist zu viel im Guten“

Dabei schaffen es Lena Dunham und Luis Felber die Diskussion um „Wie viel ist zu viel?“ auf eine neue Ebene zu stellen. War es in „Nobody wants this“ noch revolutionär, dass der Mann nicht wegläuft, wenn es schwierig wird, geht es hier noch weiter.

Konkret: Zwischen Felix und Jessica kommt es nach einem Streit bei der Dinnerparty ihres Chefs zu einem besonderen Dialog:

Felix: „Du bist zu viel des Guten, Mann! Einfach zu viel“.

Jessica: „Vielleicht bin ich nicht zu viel. Vielleicht bist du ja zu wenig.“

Felix: „Nein, ich meinte nicht…Das ist keine Beleidigung. Ich meinte, du bist zu viel im Guten.

Hach. Wie schön ist solch eine Botschaft.

„Too Much“: tiefgründige Figuren

Was ich außerdem so toll an der Netflix-Serie finde, ist die Konzeption und Entwicklung der Hauptfiguren. Mit jeder Folge wird klarer, warum sie mit dem Leben kämpfen und sich selbst sabotieren: Sie haben Angst, tatsächlich glücklich zu sein. Jessica war insgesamt sieben Jahre mit Zev zusammen. Nach einer romantischen Anfangsphase macht er sie ständig klein. Jessica schafft es jedoch nicht, sich aus dieser toxischen Beziehung zu befreien, und wird immer trauriger.

Warum Felix so verloren ist, wird in der siebten Folge klar, als er seine kaputte Familie besucht. Seine Mutter redet vom Selbstmord, sein Vater hat kein gutes Händchen fürs Geschäft und hat alles Geld verloren. Deshalb musste die Familie von einem großen Anwesen in einen kleinen Bungalow am Flughafen ziehen. Doch sein Vater verweigert einen realistischen Blick und träumt vor sich hin. Felix’ Schwester ist Mitte 40 und spielt noch mit Kuscheltieren.

Diese Folge ging mir besonders nah. Denn nach dem Besuch schafft es Felix, sich Jessica zu öffnen. Das bringt sie näher zusammen.

„Too Much“-Cast: so viele starke Frauen und bekannte Gesichter

Und dann ist da natürlich noch die Power der Frauen. Jessica hat sich ein privates Instagram-Konto eingerichtet, auf dem sie auf die Videos von Wendy Jones (Emily Ratajkowski) reagiert. Wendy ist die schöne Influencerin, die nun mit Zev zusammen ist. Natürlich stellt Jessica den Account irgendwann versehentlich auf öffentlich. Es ist toll zu sehen, dass sich die beiden starken Frauen am Ende nicht hassen, sondern verbünden.

Außerdem ist der Haushalt witzig, in dem Jessicas Oma, Mutter, Schwester und deren Sohn leben. Lena Dunham schlüpft dabei in die Rolle von Jessicas Schwester Nora, die von ihrem Ehemann James (Andrew Rannels) verlassen wurde und unter Depressionen leidet. Andrew Rannels ist ein altbekanntes Gesicht: Er spielte in „Girls“ Elijah, den besten Freund von Hannah.

Das ist nicht die einzige Besonderheit im Cast. Es wimmelt von bekannten Gesichtern. So ist Adèle Exarchopoulos („Blau ist eine warme Farbe“) als Felix’ Ex-Freundin Polly zu sehen. Auch Marnies Serien-Mutter Rita Wilson aus „Girls“ ist dabei – als Jessicas Mutter. Stephen Fry (Felix’ Vater) war im vergangenen Jahr mit Lena Dunham in „Zu viele Männer“ im Kino zu sehen. Außerdem gibt es Gastauftritte von Jessica Alba und Rita Ora.

„Too Much“: Ich verstehe die negativen Kritiken nicht

Es gibt einige Kritiken, die „Too Much“ hölzerne Dialoge vorwerfen oder unrealistische Szenen – wie dass Jessica zu plump Ketamin nimmt, nachdem sie es beim Koks besser konnte. Wirklich? Natürlich gibt es die eine oder andere Stelle, die zu viel ist. Aber ist das nicht gerade die Botschaft?

Ich finde die Dialoge interessant, witzig, oft auch tiefsinnig und authentisch. Außerdem sind die Schauspielenden wirklich großartig und der Soundtrack perfekt. Es gibt unzählige popkulturelle Referenzen, und die Outfits sind der Kracher.

Wird es eine zweite Staffel von „Too Much“ geben?

„Too Much“ endet wunderbar. Es ist ein verdientes Happy End. Eine zweite Staffel ist für mich nicht notwendig, auch wenn ich natürlich noch viel mehr von Megan Stalter und Will Sharpe sehen könnte. Die zehn Folgen der Serie sind jedoch wie ein langer Film konzipiert. Es braucht für mich keine Fortsetzung. „Too Much“ ist in sich stimmig.

Jedoch hat sich Lena Dunham in einem Interview mit “The Wrap” offen für eine zweite Staffel gezeigt. Es könnte darum gehen, wie eine Ehe verläuft zwischen zwei Menschen, die sich noch gar nicht so lange kennen. Ich bin also gespannt, was die Zeit bringt.

Eine der schönsten Szenen ist übrigens: Am Ende der zweiten Staffel liegen Jessica und Felix im Bett. Jessica hat Kopfhörer auf und hört das Mixtape von Felix. Er liegt neben ihr. Sie schauen vor sich hin. Viele Sekunden lang passiert nichts, nur die Musik ertönt. Dann kuschelt sich Felix zu ihr. Beide liegen mit geschlossenen Augen da und sind ganz im Moment. Hach, wie romantisch!

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3 thoughts on “Serienkritik: „Too Much“ auf Netflix

  1. Daniel Schweizer sagt:

    Sorry, die Serie ist völlig überschätzt, Die Witze gelinde gesagt flach und der Hipe um diese Serie ist völlig übertrieben. Die Figuren wirken ziemlich künstlich und die ganze Story ist irgendwie lächerlich oberflächlich. Die geäusserte Tiefe ist irgendwie nicht vorhanden, Stattdessen werden zuhauf Cliches bedient, Was daran toll sein soll und wo da der Anspruch liegen muss, bleibe dahingestellt.

    1. Miriam Steinbach sagt:

      Da gehen unsere Ansichten komplett aneinander vorbei. Aber die Serie scheint tatsächlich sehr zu polarisieren. Wie bereits geschrieben: Ich fand sie toll und tiefgründig. Schräg, ja! Aber genau das fand ich auch gut.

  2. Viktoria Höchtl sagt:

    Ich finde die Serie interessant, lustig und schräg! Alleine die Idee der Dialoge ist genial, dazu braucht es eine lange Ausarbeitung. Und die Serie lässt sich finde ich nicht so leicht bewerten weil sie einfach Too Much ist, entweder man liebt es oder hasst es denk ich Ich finde ein extrem toller Punkt ist das der Hauptcharakter mal nicht eine Madeline Cline sondern eine sehr natürliche und schöne Frau ist ☺️
    Ich wünschte das mehr Frauen ihre Mentalität gewinnen, einfach genial!

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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