12. Oktober 2025

Kritik: „Alphamännchen“ auf Netflix

Kritik: „Alphamännchen“ auf Netflix: das Niveau einer Topfpflanze

Es fühlte sich an manchen Stellen wie bei einem Unfall an. Obwohl ich am liebsten weggesehen hätte, blieb ich dran, weil ich wissen wollte, ob die Netflix-Serie „Alphamännchen“ ihrem Publikum vielleicht doch noch klarmachen kann, wie wichtig Gleichberechtigung ist. Doch selbst das Ende der ersten Staffel überzeugte mich nicht, sondern ließ mich eher ratlos zurück.

Warum? Für mich ist die Netflix-Serie eine Aneinanderreihung von schlechten Witzen und unrealistischen Zufällen ohne tiefere Botschaft. Das ist schade, denn die Besetzung ist toll und die Produktion erinnert an hochwertigere deutsche Kinofilme. Leider orientiert sie sich am inhaltlichen Niveau der Werke von Matthias Schweighöfer und Co – auch hier frage ich mich immer wieder, warum so viele Menschen davon begeistert sind. Fäkalwitze, schlechte Sexszenen, plumpe Klischees – ist das wirklich lustig?

Worum geht es in „Alphamännchen“?

„Alphamännchen“ ist eine deutsche Adaption der spanischen Netflix-Serie „Machos Alfa“. Sie war ein riesiger Erfolg. Die beiden Regisseure Jan-Martin Scharf und Tobi Baumann entwickelten deshalb eine deutsche Version, die sich stark am Original orientiert. Vielleicht war das aber schon der entscheidende Fehler. Was in Spanien funktioniert, muss nicht auch in Deutschland gut sein.

Im Zentrum stehen vier Männer Mitte 40: Ulf, Andi, Cem und Erik. Sie sind schon lange miteinander befreundet und bemerken plötzlich, dass sich die Welt geändert hat – sie sich aber nicht.

  • Ulf (Tom Beck): Er ist der typische Karrieremensch, der die Führung in einem Verlag übernehmen möchte. Lange Zeit war er davon überzeugt, dass Erfolg, Statussymbole und Kontrolle über andere ihn zu einem „echten Mann“ machen. Leider kann er mich über die acht Folgen hinweg am wenigsten überzeugen. Er wirkt wie eine Karikatur. Dass er so dermaßen ausrastet, nur weil ihn eine gut ausgebildete Frau in der Karriere überholt, ist in der deutschen Verlagswelt längst passé. Auch die Instagram-Karriere seiner Frau Elif (Mona Pirzad), die mit 20.000 Follower:innen krass durchstartet, ist vollkommen utopisch.
  • Cem (Serkan Kaya): Er ist Elifs Bruder. Seine Geschichte fand ich stellenweise zwar auch überzeichnet, vor allem die Wasseraktion im Restaurant. Unterhaltsam fand ich jedoch, dass seine Tochter für ihn getindert und ihm wirklich kluge Ratschläge gegeben hat. Cem war lange verheiratet und kann mit modernen Dating-Regeln, Consent und Gleichberechtigung zunächst nichts anfangen. Er wirkt aber authentisch und lernt wirklich dazu. Das Problem ist nur, dass er sich in Vanessa verliebt, die Erik im Verlag den Job weggeschnappt hat.
  • Andi (Moritz Fährmann): Er verkörpert den guten, aber langweiligen Familienvater, der beim Ordnungsamt arbeitet. Er ist seit vielen Jahren mit Silke (Franziska Machens) verheiratet, liebt seine zwei Kinder und hat ein sehr traditionelles Bild von Ehe und Rollenverteilung. Mit den sexuellen Wünschen seiner Frau kommt er gar nicht zurecht, was auch an seinem niedrigen Testosteronspiegel liegen könnte. Für Silke hat er die Libido einer Topfpflanze. Als sie eine Affäre mit ihrem Fitnesstrainer startet, beginnt seine heile Welt zu bröckeln.
  • Erik (David Rott): Er ist in einer langjährigen Beziehung mit der toughen Rechtsanwältin Kim (Marleen Lohse). Die Partnerschaft gerät plötzlich ins Wanken, als Kim vorschlägt, sie zu öffnen. Erik ist damit völlig überfordert und tut sich schwer. Das ist deshalb so ambivalent, weil er Kim zuvor mit der Yogalehrerin betrogen hat. Es wird klar, Erik hat Schwierigkeiten mit emotionaler Nähe und Authentizität, besonders gegenüber seiner Partnerin. Außerdem klammert er sich an alte Rollenbilder. Durch die Konflikte mit seiner Partnerin, seinen Freunden und sich selbst erkennt er jedoch, dass diese Ideale nicht mehr funktionieren.

„Alphamännchen“: Ein Seminar soll helfen

Da Ulf im Verlag bei einem Wutausbruch gefilmt wurde und seither keine Arbeit mehr findet, beschließen die vier Freunde, an einem Seminar zur „Dekonstruktion männlicher Stereotypen“ teilzunehmen. Dort wird ihnen vermittelt, dass Männer sich auch umarmen und Zuneigung zeigen können. Bei Ulf kommt das leider gar nicht an. Er läuft als Andrew Tate 2.0 heraus und gibt selbst Kurse, um alte männliche Vorstellungen zu stärken. Der Höhepunkt ist, wenn die Männer mit den Händen an ihren Eiern in die Luft hüpfen.

„Alphamännchen“ bietet nur oberflächliche Unterhaltung.

Die Netflix-Serie möchte Tragik und Komik miteinander verbinden. Dabei fehlt es ihr jedoch komplett an Ernsthaftigkeit. Auch wenn die Serie für ein größeres Publikum gedacht ist und daher wohl nicht durch zu viel Zeigefinger abschreckend wirken wollte, hätten ihr mehr ruhige und authentische Momente gutgetan. Zeit für traurige Augenblicke bleibt keine. Über schwierige Situationen, wie die Trennung von Silke und Andi, wird schnell wieder Humor gekippt (der Fitnesstrainer isst Nudeln mit Mayo, die Kinder sehen ihn nackt über das iPad, und so weiter). Es wimmelt nur so von peinlicher Situationskomik und plumpen Albernheiten.

Viele Themen werden außerdem nur oberflächlich behandelt. Die sich verändernden Machtverhältnisse in der Gesellschaft, innere Unsicherheiten und emotionale Verletzungen brauchen einfach mehr Raum. So bleibt die Serie bei „leichter Unterhaltung“ stecken – obwohl genügend Zeit für mehr Tiefgang gewesen wäre. Damit ist eine große Chance vertan. Denn es gibt noch genügend Männer, die auch in Deutschland alten Rollenbildern hinterherhinken.

Fazit: Wie finde ich die Netflix-Serie „Alphamännchen“?

Die Netflix-Serie „Alphamännchen“ hat mich wirklich enttäuscht. Anstatt einem großen Publikum eine moderne Männlichkeit auf realitätsnahe Weise zu präsentieren, verliert sich die Serie oft in absurden Situationen und sehr konstruierten Zufällen. Das ist schade. Denn die acht Folgen sind professionell produziert und die schauspielerische Besetzung ist gut. Es mangelt jedoch enorm an der Qualität des Drehbuchs. Da die Serie auf den vorderen Plätzen der Netflix-Charts steht, ist eine zweite Staffel wahrscheinlich. Dann aber bitte mit mehr Tiefgang und glaubwürdigeren Geschichten.

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2 thoughts on “Kritik: „Alphamännchen“ auf Netflix

  1. Sabine sagt:

    Völlig unrealistische Klischees mit gezwungener Wokeness. Wer sich in diesen Rollen wiederfindet gehört zu absoluten Einzelexemplaren. Natürlich ist der Softie Psychiater türkischstämmig…. heile Migrationswelt hat man so auch integriert.

    Sinnloses realitätsfernes Theater. 3 Jahre früher hätte man noch mehr plus size Models eingebaut, doch dieser Trend ist schon vorbei….

  2. Dieter sagt:

    Misandrie ist halt aktuell angesagt. Man stelle sich mal vor, man würde 4 moderne Frauen so durch den Kakao ziehen. Der Shitstorm wäre inklusive

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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