1. November 2025

Kritik: “Nobody wants this”

Kritik der Netflix-Serie “Nobody wants this”: Die zweite Staffel ist enttäuschend

Es ist am Ende der sechsten Folge der ersten Staffel, als ich denke: Wow, „Nobody wants this“ hat etwas Außergewöhnliches geschafft. Endlich gibt es mal einen Mann, der empathisch ist, der sein Gegenüber wirklich wahrnimmt und deshalb in einer schwierigen Situation nicht toxisch, sondern genau richtig handelt. 

Denn Noah (Adam Brody) läuft nicht weg, als Joanne (Kristen Bell) wieder einmal Beziehungsangst hat. Er erkennt, warum sie verbal um sich schlägt, spricht es konkret an, lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Dadurch realisiert Joanne selbst ihr destruktives Muster, ein Knoten platzt. Sie trennen sich nicht, sondern sind in ihrer Beziehung einen Schritt weiter. 

Was so selbstverständlich klingt, wurde in vielen großen Produktionen oft anders gelöst: Die hysterische Frau verhält sich irrational, dem Mann wird es zu viel. „Nobody wants this“ bricht damit, zeigt, warum Menschen unsicher und ängstlich sind – und bietet Lösungen. Der Netflix-Produktion gelingt damit ein Kunststück: So funktioniert eine mental gesunde Beziehung.  Um es vielleicht ein wenig zu überspitzen: Hätte es diese Serie 15 Jahre früher gegeben, hätten sich vermutlich einige Menschen in meinem engeren und weiteren Freundeskreis schmerzhafte Dating-Erfahrungen erspart – mich eingeschlossen.

Nun ist endlich die zweite Staffel erschienen. Von ihr bin ich leider ein wenig enttäuscht. Die neuen Folgen sind zwar wieder sehr kurzweilig geworden ­­- aber die Geschichte um Noah und Joanne stagniert. Das Ende der zweiten Staffel ist dem Finale der ersten Staffel sehr ähnlich. Schade. Aber dazu später mehr.

Um was geht es in „Nobody wants this“?

Die Handlung von “Nobody wants this” klingt zunächst nicht besonders revolutionär. Es ist eine typische Rom-Com. Eine Sex-Podcasterin trifft einen Rabbi. Die beiden verlieben sich ineinander, nur was für eine Überraschung, die Rahmenbedingungen machen es ihnen sehr schwer, eine normale Beziehung zu führen. 

Aber schon in der ersten Folge spüre ich, dass die Serie mehr will. Bereits bei der ersten Begegnung analysiert Noah blitzschnell, warum die scheinbar so taffe und freche Joanne mit einem Pelzmantel zum Essen einer gemeinsamen Freundin kommt – und so sehr um Aufmerksamkeit kämpft. Der smarte Rabbi ahnt, dass sie unsicher ist.

„Nobody wants this“: toller Cast, wunderschöne Bilder

„Nobody wants this“ bietet zwar in allen zehn Folgen keine großen Überraschungen, einige Geschichten sind auch etwas unrealistisch geraten (die Camp-Folge beispielsweise oder dass Noahs Mutter heimlich italienischen Schinken aus dem Mülleimer isst), aber die Dialoge sind oft sehr witzig.

Die Besetzung ist außerdem großartig. Vor allem Joannes Schwester Morgan (Justine Lupe) und Noahs Bruder Sasha (Timothy Simons) sind perfekt gecastet. Die wunderschönen Bilder aus Los Angeles sind eine tolle Ergänzung zur kurzweiligen Erzählung.

Zudem ist nicht nur die Beziehung zwischen Joanne und Noah sehr modern und realistisch umgesetzt. Auch die Beziehung zwischen den Schwestern, die zusammen den Sex-Podcast machen, ist so typisch. Ständig gibt es kleine Streitereien und Rivalitäten, aber eine große Verbundenheit schweißt sie immer wieder zusammen. 

„Nobody wants this“: Werbung für das Judentum

Dazu bringt „Nobody wants this“ den Zuschauenden die jüdische Religion näher. Was ist der Sabbat, was eine Bar Mitzwa? Das alles erklärt der attraktive und moderne Rabbi Noah. Bessere Werbung für das Judentum gibt es wohl kaum – vor allem in diesen schwierigen Zeiten. 

Produzentin Erin Foster hat übrigens in einem Interview erzählt, dass sie ihre eigene Geschichte in der Serie verarbeitet hat. Sie selbst konvertierte für ihren Ehemann zum Judentum.

„Nobody wants this“ hat in der ersten Staffel zwar keine außergewöhnliche Handlung, dafür aber ganz besondere Charaktere. Sie ist der dringend benötigte Gegenpol zu all den toxischen Beziehungen, die in vielen anderen Serien herumschwirren – sei es in „Emily in Paris“ (Emily und Gabriel) oder in „Valeria“ (Valeria und Viktor). 

Zweite Staffel von „Nobody wants this“ startet schleppend

Die erste Staffel von „Nobody wants this“ endet abgeschlossen und ein wenig beliebig. Joanne und Noah kommen zusammen. Aber es ist absehbar, dass ihre Beziehung vor einigen Herausforderungen stehen wird ­­- schließlich lösen sich ihre Probleme nicht einfach in Luft auf.

Die zweite Staffel setzt genau hier an. Aber es fängt redundant an. Sie sind zwar verliebt, aber Joanne will weiterhin nicht zum Judentum konvertieren, und Noah wird deshalb erst mal nicht zum Oberrabbi seiner Gemeinde. Seine Mutter macht Joanne deshalb große Vorwürfe.

Auch bei Sasha und Esther läuft es nicht rund. In den ersten Folgen ist Esther noch eifersüchtig auf Morgan. Sasha und sie schaffen es nicht, den Kontakt komplett abzubrechen. Nach und nach wird klar, dass Esther ihre Ehe infrage stellt. Für mich war dieser Handlungsstrang in der zweiten Staffel am interessantesten.

Die Beziehungsprobleme zwischen Joanne und Noah haben mich dagegen nicht abgeholt. Ich war weder vom verkorksten Valentinstag überzeugt, noch von der Angst und Unsicherheit, die Joanne hatte, weil Noah vor dem Bewerbungsgespräch lieber alleine schlafen wollte. „Chill mal”, hätte ich ihr am liebsten zugerufen. Dazu kommen nun schräge Verhaltensweisen von Noah, die gar nicht stimmig sind zu seinem sonst so reflektierten Auftreten. Dass er wirklich allen Freundinnen die gleiche Kette schenkt, nein, das passt absolut gar nicht zu seiner Figur aus Staffel 1.

„Nobody wants this“ Staffel 2: Morgan hat die besten Outfits

Auch dass Morgan die wirklich vielen Red Flags bei Dr. Andy so knallhart ignoriert, irritierte mich auf Dauer. Ja, ich verstehe den Ansatz, den die Serien-Macher*innen mit ihrer Figur deutlich machen wollen (Morgan ist unsicher, sehnt sich danach, geliebt zu werden, möchte Stabilität etc), aber dass man nach so kurzer Zeit jemanden heiraten möchte, von dem man nix weiß, hmmm, das finde ich doch selbst für Morgan merkwürdig. Aber: Sie hat einfach die besten Outfits. Ihren Kleiderschrank würde ich sofort übernehmen.

Fazit: Wie finde ich „Nobody wants this“ Staffel 2?

Während mich die erste Staffel von „Nobody wants this“ sehr mitgenommen und emotional berührt hat, sprang der Funke in der zweiten Staffel leider nicht mehr über. Ich habe die zehn neuen Folgen zwar in wenigen Tagen durchgeschaut, weil sie nett sind und nicht wehtun. Auch der Soundtrack und die Bilder sind wieder toll, aber die Geschichten fand ich einfach zu fad. Trotzdem würde ich mich freuen, wenn es noch eine dritte Staffel geben würde ­- denn das Grundgerüst der Serie mag ich total gerne.

(Visited 1.732 time, 3 visit today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

Newsletter abonnieren
Etwas verloren?
Vergangenes
Facebook
Instagram
Instagram@miriam_steinbach