24. April 2023

Buchkritik: „Morgen, morgen und wieder morgen“ von Gabrielle Zevin

„Morgen, morgen und wieder morgen“ Gabrielle Zevin

Ein wunderbares Buch über Freundschaft: “Morgen, morgen und wieder morgen“

Ein Buch, in dem Computerspiele und deren Entwickler*innen im Mittelpunkt stehen – solch ein Handlungsgerüst hätte mich normalerweise nie zum Lesen gebracht. Nintendo, Play Station und Co. interessieren mich nicht. Nur im Grundschulalter habe ich mich eine Zeit lang mit Super Mario und Tetris auf dem Game Boy vergnügt. Aber das war’s auch schon. 

Als mir nun eine literaturbegeisterte Bekannte von dem großen Hype um „Morgen, morgen und wieder morgen“ in den USA erzählte, wurde ich aber neugierig. Unter anderem das Time Magazine wählte es zum besten Buch 2022. Ich besorgte mir deshalb den Roman von Gabrielle Zevin – und war trotz des Gaming-Schwerpunktes schnell begeistert. Es ist tatsächlich ein Buch, das sich wunderbar lesen lässt und mich tief in das Geschehen hineinzog. 

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17. April 2023

Buchkritik: “Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war” von Joachim Meyerhoff

Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war" von Joachim Meyerhoff

Toller Teil 2 der Romanreihe „Alle Toten fliegen hoch“

Das erste Mal sieht Joachim Meyerhoff einen toten Menschen, als er mit sieben Jahren auf dem Weg zur Schule einen kleinen Umweg durch eine Schrebergartensiedlung nimmt. Ein vornehm gekleideter Mann liegt dort im Gras, sein hellbrauner sommerlicher Schuh ist ihm vom Socken gerutscht, sein Hemd steckt noch akkurat in der Hose.

Als Joachim zunächst in der Schule und später seiner Familie aufgebracht von der Entdeckung erzählt, will ihm keiner glauben. Egal wie er sich dreht und wendet. Alle sind skeptisch. Joachim beginnt deshalb, die Geschichte wild auszuschmücken, zu verfeinern, dichtet dabei unbeabsichtigt ein wahres Detail dazu. Als er das feststellt, läuft ihm eine heiße Schauer über den Rücken, er erkennt für sich: Erfinden heißt Erinnern.

Es ist deshalb mehr als fraglich, wieviele von den Anekdoten, die Joachim Meyerhoff in seinem Buch „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ erzählt, tatsächlich so geschehen sind. Das macht aber nix, denn unterhaltsam sind sie auf jeden Fall.

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15. April 2023

Buchkritik: “Ein einfaches Leben” von Min Jin Lee

"Ein einfaches Leben" I Min Jin Lee

„Ein einfaches Leben“: Binge-Reading mit dem Roman von Min Jin Lee

Selten begegnet mir ein Buch, das federleicht zu lesen ist und gleichzeitig den Horizont für andere Kulturen öffnet. Entweder sind die Romane trivial und oberflächlich oder schwer zugänglich und dafür intelligent.

Genau diese seltene Kombination aus Unterhaltung und Tiefgang ist der Autorin Min Jin Lee mit ihrem Buch „Ein einfaches Leben“ gelungen. Ihr Weltbestseller, der im Original „Pachinko“ heißt, vereint eine spannende Familiengeschichte, die sich über rund 90 Jahre des 20. Jahrhunderts erstreckt. Sie handelt von Widerstandskraft, Leidensfähigkeit und Mut.

Ich habe das Buch in wenigen Tagen durchgelesen. Die Geschichte hat mich von der ersten Seite an so gefesselt, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie schnell die Zeit vergeht. Es war beste Unterhaltung. Binge-Reading statt Binge-Watching.

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7. April 2023

Buchkritik: “Mr. Loverman” von Bernardine Evaristo

"Mr. Loverman" von Bernardine Evaristo

“Mr. Loverman” von Bernardine Evaristo: ein humorvoller Roman über Mut und wichtige Lebensentscheidungen

Barry ist ein Gentleman der besonderen Art: Er trägt feine Kleidung, liest Shakespeare und liebt guten Rum. In Londoner Clubs versucht er immer noch, seine Hüften in Hula-Hoop-Manier zu schwingen – obwohl er inzwischen 74 Jahre alt ist. Seine Frau Carmel wartet zu Hause auf ihn und wird wütend, wenn er frühmorgens betrunken wie ein Teenager nach Hause torkelt. Sie ist sich seit Jahrzehnten sicher, dass er sie mit anderen Frauen betrügt.

Carmel ahnt nicht, dass Barry schon zu Schulzeiten sein Herz an einen bestimmten Menschen verloren hat: an seinen besten Freund Morris. Seit sie 14 Jahre alt sind, führen die beiden Herren eine heimliche Liebesbeziehung. Doch das Versteckspiel soll nun im Alter ein Ende haben. Barry will sich von seiner Frau Carmel trennen und zu Morris stehen, aber er hat auch Angst vor diesem großen Schritt. Was wird er tun?

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27. März 2023

Buchkritik: „Max, Mischa und die Tet-Offensive“ von Johan Harstad

„Max, Mischa und die Tet-Offensive“ von Johan Harstad

„Max, Mischa und die Tet-Offensive“: ein kluger Roman mit wenigen Längen

1242 Seiten. Puh. „Max, Mischa und die Tet-Offensive“ von Johan Harstad stand schon eine ganze Weile in meinem Wohnzimmer-Regal, bevor ich mich an dieses Lese-Großprojekt wagte. Um ehrlich zu sein, wusste ich so gut wie nichts über die Handlung, als ich mir den Roman kaufte. Aber Denis Scheck hatte in „Druckfrisch“ so positiv darüber berichtet, dass ich mehr wissen wollte.

Knapp vier Wochen habe ich nun gebraucht, um das Buch zu lesen. Mit den ersten Seiten hatte ich meine Schwierigkeiten. Der Ich-Erzähler Max Hansen ist Mitte 30, als Theaterregisseur auf Tournee in den USA und erinnert sich an die Vergangenheit. Immer wieder lässt er Namen fallen, die erst im Laufe der Handlung konkreter werden. Die vielen kulturellen Bezüge und die sehr langen Sätze waren für mich eine Herausforderung – vor allem wenn ich am Feierabend las.

Aber ab Seite 70 reist Max in Gedanken zurück in seine Kindheit in den 80er-Jahren, erst nach Norwegen, dann in die USA. Er erzählt zugänglich, dadurch machte er es mir leicht, in seine Welt einzutauchen. Von da an begleitete ich ihn sehr gerne durch rund 25 Jahre Zeitgeschichte.

„Max, Mischa und die Tet-Offensive“ ist im Gesamten ein sehr intelligenter und inspirierender Roman. Einzige Kritik: Johan Harstad hätte sich einige langatmige Ausführungen ersparen können. 1000 Seiten wären genug gewesen, um das Wesentliche zu erzählen.

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9. März 2023

Buchkritik: “Schöne Welt, wo bist du?”von Sally Rooney

"Schöne Welt, wo bist du?"von Sally Rooney

“Schöne Welt, wo bist du?” von Sally Rooney: schwächer als die Vorgänger

Geschichten über Freundschaft, Sex und Politik: Sally Rooney gehört definitiv zu meinen Lieblingsautor*innen. Da ich mit großer Begeisterung und innerhalb kürzester Zeit „Gespräche mit Freunden“ und „Normale Menschen“ verschlungen habe, war ich auf „Schöne Welt, wo bist du?“ sehr gespannt.

Aber, hmmm. Ich muss gestehen: Die große Euphorie hat mich dieses Mal nicht gepackt. Das dritte Buch der irischen Schriftstellerin hat mich vor allem ab der zweiten Hälfte an einigen Stellen gelangweilt. Das ging so weit, dass mich das Ende fast gar nicht mehr interessierte. Schade.

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7. Februar 2023

Buchkritik: „Lügen über meine Mutter“ von Daniela Dröscher

„Lügen über meine Mutter“ von Daniela Dröscher

„Lügen über meine Mutter“: über die typische Unterdrückung einer Frau in den 1980-Jahren

Noch während ich „Lügen über meine Mutter“ von Daniela Dröscher lese, hämmert vor allem ein Gedanke immer wieder in meinem Kopf: „Zum Glück ist es für Frauen in den vergangenen 40 Jahren so viel leichter geworden, ein emanzipiertes Leben zu führen – was für ein Privileg hat meine Generation“.

Auch die Autorin schreibt:

„Immer wieder muss ich mir klarmachen, wie ungewohnt es für Frauen damals noch gewesen sein muss, ein eigenes Konto zu sitzen. Ebenso neu war es, einen Beruf wählen zu können, einen, der nicht von den Eltern ausgesucht, oder eine Stelle anzutreten, die nicht einfach vom Ehemann gekündigt werden konnte. Erst seit 1977, dem Jahr meiner Geburt, erhielten Frauen dieses Recht auf Selbstbestimmung.“

Daniela Dröscher blickt in ihrem Roman zurück auf ihre eigene Kindheit in einem typischen westdeutschen Dorf in den 1980er-Jahren. Was sie erzählt, kommt mir so bekannt vor, dass ich beim Lesen kaum stoppen kann. Ich verschlinge das Buch innerhalb weniger Tage, weil ich das Geschriebene so treffend und spannend finde.

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25. Januar 2023

Buchkritik: „Judith und Hamnet“ von Maggie O’Farrell

„Judith und Hamnet“ von Maggie O'Farrell

„Judith und Hamnet“: Wie Shakespeare zu seinem Stück „Hamlet“ fand

Das Buch „Judith und Hamnet“ entdecke ich zufällig. Es ist Schauspielerin Tanya Reynolds, die es in einer ihrer Instagram-Stories präsentiert. „Women’s Prize for Fiction“ lese ich auf dem Cover. Da die Sex-Education-Darstellerin schon mehrmals Romane empfohlen hat, die ich toll finde, möchte ich mehr wissen. Ich klicke mich durchs Netz, suche nach Informationen zu „Judith und Hamnet“ und weiß schnell: Das möchte ich lesen.

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4. Januar 2023

Buchkritik: „Hast du uns endlich gefunden“ von Edgar Selge

„Hast du uns endlich gefunden“ von Edgar Selge

 „Hast du uns endlich gefunden“: ein trister Blick in die bürgerliche Welt der 1960er-Jahre

Wie ist es, in den 1960er-Jahren groß zu werden? Mit Eltern, die im Zweiten Weltkrieg mit dem Regime von Adolf Hitler sympathisierten und nun damit leben müssen, dass sie sich getäuscht haben und jahrelang die Gräueltaten der Nationalsozialisten ignorierten.

Der deutsche Schauspieler Edgar Selge weiß darüber ein ganzes Buch zu schreiben. In seinem autobiografisch angehauchten Roman „Hast du uns endlich gefunden“ lässt er einen Blick zu in seine Kindheit in einer bürgerlichen Familie.

Mit klarer, detailreicher und bewegender Sprache nimmt er die Lesenden mit in eine Zeit, in der Gewalt wie selbstverständlich zur Kindererziehung gehörte und Frauen sich für die Familie aufopferten.

 „Hast du uns endlich gefunden“ hat mich an sehr vielen Stellen zutiefst berührt und nachdenklich gemacht. Edgar Selge ist ein toller Erzähler – und schonungslos, vor allem gegenüber seinem gewaltvollen Vater. Die Ambivalenz seiner Gefühle quillt aus nahezu jedem Kapitel.

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26. Dezember 2022

Buchkritik: „Ungezähmt“ von Glennon Doyle

„Ungezähmt“ von Glennon Doyle

„Ungezähmt“: Über eine Frau, die selbstbestimmt ihr Leben gestaltet

Meine Skepsis war riesig, als ich begann, „Ungezähmt“ von Glennon Doyle zu lesen. Ein supererfolgreicher Bestseller aus den USA, bei dem die Autorin darüber schreibt, wie sie sich von gesellschaftlichen Ketten befreite und nun selbstbestimmt lebt – massenkompatibel und leicht verständlich aufbereitet.

„Ist das nicht furchtbar trivial?“, fragte ich die Freundin, die mir das Buch auslieh. Die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen ist schließlich ein Thema, das mich bereits seit Jahren intensiv beschäftigt. Muss es da noch solch ein gehyptes Buch sein, das sich auch für Einsteigerinnen eignet? „Lies es trotzdem mal, ich bin gespannt auf deine Meinung!“, entgegnete sie lachend.

Nun, einige Wochen später, habe ich das Buch zu Ende gelesen – und bin positiv überrascht.

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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