27. Dezember 2020

Schmöker: “Meine geniale Freundin” von Elena Ferrante

Buchkritik: “Meine geniale Freundin” – Zurecht so hochgelobt?

„So etwas haben Sie noch nie gelesen.“ Wenn der Guardian solche Sätze über ein Buch verliert, werde ich neugierig. Was steckt hinter soviel Lob? Auch zahlreiche andere Medien überschlugen sich mit positiven Kommentaren. „Die Zeit“ war sich sicher, dass der Romanzyklus über zwei Freundinnen in die Literaturgeschichte eingehen wird. Ich wollte es genauer wissen und lief sofort zur Buchhandlung, als im Herbst nun auch in Deutschland „Meine geniale Freundin“ von Elena Ferrante herauskam.

Nun bin ich ein wenig hin und hergerissen. Der erste Teil des insgesamt vierbändigen Romanzyklus ist äußerst interessant und macht Freude zu lesen, aber an die Superlativen mag ich mich trotzdem (noch) nicht anschließen. Weiterlesen »

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9. Dezember 2020

Buchkritik: “Das Café am Rande der Welt” von John Strelecky

Nicht besonders erhellend: “Das Café am Rande der Welt”

Es war ein riesiges Glück, dass ich meinen Zweck der Existenz bereits mit 22 Jahren fand. Ich saß eines Abends in einer Straßenbahn. Es war bereits dunkel draußen, schemenhaft rauschten Bäume am Fenster vorbei. Mein Blick wanderte durch den hell erleuchtenden Innenraum des Wagons, blieb an dem Mann hängen, der mir gegenüber saß, Zeitung las. In diesem Moment blitzte plötzlich eine Idee in meinem Kopf auf: Schreiben, das ist das, was ich machen möchte. Ich war mir sicher.

Es war eine absurde Situation, die aber mein komplettes Leben veränderte.

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30. November 2020

Schmöker: “4321” von Paul Auster

"4321" von Paul Auster

Besser geht es nicht: “4321” von Paul Auster!

Als ich nach 1259 Seiten von Archibald Ferguson Abschied nehme, bin ich zutiefst traurig. Knapp drei Monate hat mich „4321“ am Feierabend und am Wochenende begleitet, vorrangig zuhause, da ich den schweren Schmöker im Rucksack nicht durch die Welt schleppen wollte. Es war wie eine Sucht. Wann immer ich Zeit hatte, wollte ich wissen, wie es Archie geht, was er erlebt, wie er mit all den vielen Herausforderungen des Lebens klarkommt.

Das Besondere an diesem Buch: Autor Paul Auster lässt seinen jungen Protagonisten gleich viermal durchs Leben stolpern – mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Nach dem Prinzip: Was wäre passiert, wenn…? Paul Auster ist damit ein außergewöhnliches Buch geglückt. Nicht nur diese Konzeption ist hochspannend, sondern auch der Inhalt ist so berührend und bereichernd, dass ich am Ende dankbar war, dass ich diese meisterhafte Literatur lesen durfte – und dadurch so viele neue Gedanken zum Leben bekommen habe. Besser geht es nicht.  

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27. November 2020

Schmöker: “Ein wenig Leben” von Hanya Yanagihara

“Ein wenig Leben”: eine emotionale Wucht!

Ich hoffte, litt und bangte – und am Ende war ich emotional komplett am Ende. „Ein wenig Leben“ hat mich in einen gewaltigen Gefühlsstrudel gerissen. So sehr, dass ich Autorin Hanya Yanagihara auf einigen Seiten dafür verfluchte, wie sie mir nur solch eine traurige Geschichte zumuten kann.

Aber auf den meisten der knapp 1.000 Seiten war ich ihr zutiefst dankbar, dass sie dieses wunderbare Buch geschrieben hat – einen literarischen Orkan, der zwar erstmal alles platt macht, in die schlimmsten menschlichen Abgründe führt, mir schrecklich oft die Tränen in die Augen trieb, aber gleichzeitig soviel Weisheit und Klugheit offenbart. Die Wortwahl, die Anordnung der Sätze, die Handlungsstruktur: „Ein wenig Leben“ ist ein Roman, der mich unglaublich bereicherte und mich sehr zum Nachdenken brachte. Er ist für mich ein Meisterwerk. Weiterlesen »

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27. Oktober 2020

Schmöker: “Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee” von Erich Kästner

Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee" von Erich Kästner

Erich Kästners “35. Mai”: Was für ein Spaß!

Ein rollschuhlaufendes Pferd, ein verrückter Apotheker und ein aufgeweckter Junge: „Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee“ von Erich Kästner ist eine wunderbare Unsinnsgeschichte. Eigentlich für Kinder, doch wer Freude an Quatsch und Unfug hat, wird sie jeden Alters lieben. Weiterlesen »

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6. Oktober 2020

Schmöker: “Unterwegs” von Jack Kerouac

Unterwegs mit Sex, Drugs ’n’ Jazz – ein literarischer Roadtrip

Jack Kerouac hat mich fertig gemacht. In einem berauschenden Tempo sauste ich in “Unterwegs” mit seinem Protagonisten Sal Paradise durch die USA – von Denver nach San Francisco, nach New Orleans oder nach Mexico. Meist per Anhalter, manchmal auch auf Güterzügen oder mit geklauten Autos. Kritzelte immer wieder mit Bleistift die Namen der Personen und Routen ins Buch, um den Überblick zu behalten, machte Knicke in die Seiten mit besonders schönen Sätzen.

Nun halte ich ein Buch in der Hand, das durch diesen Prozess selbst seine Form verändert hat. „Unterwegs“ oder „On the road“ wie es im Original heißt, ist so unendlich voll gepackt mit Poesie und wunderbaren Worten. Es gibt deshalb kaum noch eine Seite in meinem Buch, die in ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten blieb.

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3. Oktober 2020

Schmöker: “Unterwerfung” von Michel Houellebecq

unterwerfung

“Unterwerfung”: Spannend, radikal, bereichernd

Eine autoritäre muslimische Partei regiert im Jahr 2022 Frankreich. Der Trubel war groß, als „Unterwerfung“ von Michel Houellebecq im Januar 2015 erschien. Besonders da die Veröffentlichung mit dem Attentat auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ zusammenfiel. Auch ich stand dem Werk lange sehr skeptisch gegenüber – zahlreiche Medien und Personen des öffentlichen Lebens warfen dem derzeit bedeutendsten französischen Autor islamfeindliche Tendenzen vor.

Mich nervte es zunächst auch sehr, dass er in der eh schon aufgehitzten Lage ein für mich völlig utopisches Szenarium konzipiert: Eine muslimische Partei krempelt ein westliches Land um. Houellebecq schürt Ängste, das waren meine ersten Gedanken, als ich die Rezensionen über „Unterwerfung“ las.

Nun, nachdem ich das Buch gelesen habe, muss ich gestehen: Ich habe mich geirrt. Michel Houellebecqs Gedankenspiel ist keineswegs absurd, sondern sehr klug konstruiert. Seine Herleitungen klingen so logisch, dass es sehr spannend ist, ihnen zu folgen. Mit unglaublicher Genauigkeit beschreibt er die französische Gesellschaft, zieht immer wieder sehr interessante geschichtliche Vergleiche und zeigt auf, wie sich die Nation durch ihren Hedonismus, Kapitalismus und den ständigen Drang zur Individualisierung selbst zerstört. Weiterlesen »

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23. September 2020

Schmöker: “Gespräche mit Freunden” von Sally Rooney

“Gespräche mit Freunden”: Ein Liebesroman der etwas anderen Art

Alles beginnt nach einer Poetry-Nacht in Dublin. Dort lernen die beiden jungen Frauen Frances und Bobbi die Fotojournalistin Melissa kennen. Die 37-Jährige nimmt die beiden Studentinnen mit zu sich nach Hause, wo auch ihr Mann Nick wohnt – ein äußerst adretter Schauspieler. Während sich die aufgeweckte Bobbi zu Melissa hingezogen fühlt, spürt die zurückhaltende Frances, dass Nick sie fasziniert. Es ist der Beginn eines Liebeschaos, das für viel Aufregung sorgt.

„Gespräche mit Freunden“ ist der Debütroman der irischen Autorin Sally Rooney – und eine absolute Wucht. Unterhaltsam, witzig, gefühlvoll und unfassbar klug. Zahlreiche Preise hat Sally Rooney dafür erhalten. Dieses Buch vereint alles, was ich mir von Literatur wünsche.

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12. September 2020

Schmöker: “Angerichtet” von Herman Koch

Spannend bis zur letzten Seite: “Angerichtet” von Herman Koch

Selten hat mich ein Buch so nachhaltig beschäftigt wie „Angerichtet“, die Tragikomödie des Niederländers Herman Koch. Zu was sind Eltern in der Lage, um ihre Kinder zu schützen? Das ist die zentrale Frage. Herman Kochs Antwort ist erschütternd. Weiterlesen »

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3. September 2020

Schmöker: “Die geheime Geschichte” von Donna Tartt

Die geheime Geschichte von Donna Tartt

“Die geheime Geschichte”: Gute Dinge brauchen Weile

Donna Tartt hat mich mit „Die geheime Geschichte“ vor eine meiner größten Leseherausforderungen überhaupt gestellt. Entweder ich schaffe es bei Büchern zügig über die ersten 100 Seiten hinaus, dann bleibe ich dabei. Wenn sich der Anfang aber schon als schwierig erweist, verschwende ich keine weitere Zeit mit einem Buch. Next. Donna Tartt hat dieses Vorgehen nun komplett durcheinander gewirbelt. Weiterlesen »

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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