13. Januar 2021

Filmkritik: “La Mélodie – Der Klang von Paris”

 

“La Mélodie – Der Klang von Paris”: Sozialprojekt mit Geigen

Der Ton untereinander ist rau, die Stimmung explosiv. Als der Musiker Simon Daoud in eine Pariser Brennpunktschule kommt, um einer Klasse Geigenunterricht zu geben, stößt er schnell an seine Grenzen. Statt zuzuhören, kommentieren die Schüler alles desinteressiert, beschimpfen sich gegenseitig – und auch Simon Daoud bekommt die Häme zu spüren, so dass er sich schon nach wenigen Unterrichtsstunden verliert. Das Ziel, ein Konzert in der Pariser Philharmonie zu geben, scheint unerreichbar.

„La Mélodie – Der Klang von Paris“ erzählt auf sehr realistische und einfühlsame Weise von einem Projekt an einer Schule in einem Vorort der französischen Hauptstadt. Die Geschichte des Regisseurs Rachid Hami ist fiktiv, wirkt aber wohl deshalb so authentisch, weil es ein solches Projekt in Paris tatsächlich gibt. Und: Die 12- bis 13-jährigen Schüler sind keine Schauspielenden, sondern wurden eigens für den Film in Pariser Schulen ausgewählt.

Vor allem Alfred Renely, der den begabten und sensiblen Arnold spielt, sticht hervor. Allein ihm zuzusehen, wie er mit Geduld, Konzentration und Ausdauer über den Dächern von Paris das Geigenspiel erlernt, ist es wert, sich diesen Film anzusehen.

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3. Januar 2021

Filmkritik: “Wir sind jung. Wir sind stark.”




“Wir sind jung. Wir sind stark.”: Schwere Ausschreitung in Rostock-Lichtenhagen

Aus Schwarz-Weiß wird Farbe: Bis zur 82. Minute flimmern die Bilder von “Wir sind jung. Wir sind stark.” in nur zwei Farbtönen über die Leinwand, dann werden sie plötzlich farbig. Auslöser ist ein Fernsehinterview. Ein Reporter fragt eine Gruppe rechter Jugendlicher nach ihren Träumen. Schweigen. Dann die Antworten, langsam, stockend. “Eine Wohnung und eine Frau”, sagt einer. Ein anderer: “Dass sich hier was ändert. Das kann nicht das Endziel sein.”

Was er meint: die Situation rund um das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen. Dort befindet sich die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber. Sie ist überfüllt, viele Sinti und Roma kampieren vor dem Haus. Auch ein Wohnheim für Vietnamesen befindet sich dort. Zwischen dem 22. und 26. August 1992 kommt es rund um das Sonnenblumenhaus zu den schwersten Ausschreitungen gegen Ausländer in der deutschen Nachkriegsgeschichte.

“Wir sind jung. Wir sind stark.” mit Devid Striesow und Jonas Nay in den Hauptrollen beleuchtet den 24. August 1992 – vom frühen Morgen bis zu den schweren Ausschreitungen am Abend. Das ist erschütternd, erschreckend und brutal. Aber sehr sehenswert. Der Film erhielt auch das Prädikat “besonders wertvoll”.
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3. Dezember 2020

Schmöker: “8 1/2 Millionen” von Tom McCarthy

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Philosophie trifft Thriller: “8 1/2 Millionen” von Tom McCarthy

Der Brite Tom McCarthy hat mit 8 ½ Millionen ein sehr außergewöhnliches und spannendes Buch geschaffen: einen Thriller mit philosophischem Hintergrund. Verfilmt wurde das literarische Werk nun mit Tom Sturridge. Titel des Films: „Remainder“.

Um was geht es in “8 1/2 Millionen”?

„Etwas fiel vom Himmel. Technologie. Teile, Bruchstücke.“ Sie befördern den Protagonisten ins Koma. Was danach bleibt, ist „eine Leerstelle. Ein weißes Blatt, ein schwarzes Loch“. Im Krankenhaus und in der Reha muss er jede Bewegung neu erlernen. 8 ½ Millionen Pfund bekommt der Londoner als Schmerzensgeld dafür zugesprochen. Das ist die Ausgangssituation. Weiterlesen »

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7. November 2020

Flimmerkasten: “Die Unsichtbaren”




Kritik: “Die Unsichtbaren”: Ein berührender Film!

Sie flitzen. 1943 machen sich 7.000 Juden in Berlin unsichtbar. Sie verlassen ihre Wohnungen, entfernen ihren gelben Stern von den Mänteln, übernachten bei Bekannten oder auf der Straße. 1945 haben 1.500 von ihnen überlebt – vier von ihnen erzählen in dem Film „Die Unsichtbaren“ ihre Geschichte. Das ist unfassbar spannend und bewegend.

Regisseur Claus Räfle schafft es, mit einer Mischung aus Dokumentation und Spielfilm den Blick auf die Mutigen im Dritten Reich zu lenken. Völlig überwältigt sitze ich am Ende in meinem Kinosessel – berührt von all der Menschlichkeit, die es vereinzelt abseits der Linientreue doch noch gab. Weiterlesen »

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17. Oktober 2020

Schmöker: “Auerhaus” von Bov Bjerg

Unglaublich bewegend: “Auerhaus”!

In meiner Wohnung gibt es einen riesigen Stapel an ungelesenen Büchern. Darunter sind Klassiker, aktuelle Bestseller, aber auch Romane, die ich blind in der Buchhandlung kaufe – weil mir der Verkäufer sie empfiehlt oder weil sie hübsch aussehen. „Auerhaus“ von Bov Bjerg landete über letzteren Weg bei mir.

Erst vor wenigen Wochen hatte ich das Buch in den Regalen meines Lieblingsladens entdeckt. Es war vor allem das Cover, an dem mein Blick hängenblieb. Eine Wolke mit Regentropfen und eine Sonne sind darauf zu sehen – auf matt-rotem Untergrund. „Eines der schönsten Bücher unserer Tage“, steht darauf. Es ist ein Zitat von Alex Rühle von der Süddeutschen Zeitung.

Neugierig drehte ich das Buch um, las den Klappentext, der keine Zusammenfassung, sondern eine einzelne Textpassage des Romans ist. Sie verrät nicht viel, aber ist so schön, dass ich sofort beschloss, das Werk von Bov Bjerg zu kaufen.

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9. Oktober 2020

Flimmerkasten: “Körper und Seele”




“Körper und Seele”: Die Welt steht still

Es ist der Moment, in dem Mária (Alexandra Borbély) in ihrer Wohnung auf die Taste des CD-Players drückt, die Stimme von Sängerin Laura Marling erklingt und die Kamera langsam durch das Zimmer wandert, an einer ausgefallenen roten Deckenleuchte hängen bleibt, verharrt. In diesem Moment bleibt für mich die Welt kurz still stehen: die Musik, die Bilder, die Stimmung, ich bin verzaubert, der Film “Körper und Seele” zieht mich komplett in seinen Bann. Weiterlesen »

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15. September 2020

Flimmerkasten: “Tschick”




“Tschick”: Meine Erwartungen waren so hoch, Fatih Akin hat sie alle erfüllt

Als von K.I.Z. „Hurra die Welt geht unter“ erklingt, ist die Reise von Tschick und Maik fast zu Ende. Sie haben mit Kuhherden gekämpft, ihren Hunger besiegt und Benzin geklaut. Sie haben gelacht, geflucht und zu den Melodien von Richard Clayderman gesummt. Immer vereint, gegen all die Widrigkeiten der Welt. Es ist eine Freundschaft, die tief geht.

Dreimal habe ich bereits den Roman von Wolfgang Herrndorf gelesen, zweimal das Theaterstück gesehen – und trotzdem hat mich die Geschichte um die zwei 14-jährigen Außenseiter auf der Leinwand erneut so sehr berührt. Regisseur Fatih Akin ist etwas gelungen, was ganz selten vorkommt: Er hat einen Roman-Bestseller auf der Leinwand so fabelhaft visualisiert, dass es pure Freude ist, zuzuschauen. „Tschick“ als Film ist laut, lärmt, ist krawallig, aber auch wunderbar zart, authentisch, traurig und klug. Ich bin verzückt. Weiterlesen »

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2. August 2020

Flimmerkasten: “Taxi Teheran”




Goldener Bär für Taxi Teheran

Die zwölfjährige Hana quasselt ohne Unterbrechung. Sie soll für die Schule einen Film drehen. Aber ganz schön viele Regeln gibt es zu beachten: Mann und Frau dürfen sich nicht berühren. Die Guten dürfen keine Krawatten tragen und das Thema sollte weder politischer noch wirtschaftlicher Natur sein. Hana erzählt dies dem iranischen Regisseur Jafar Panahi. Er ist ihr Onkel und holt sie an diesem Tag mit einem alten Taxi von der Schule ab. „Mit so einer Schrottkarre kommst du mich abholen? Ich hab allen in der Schule erzählt, dass mein Onkel Regisseur ist, und dann kommst du mit so was hier an?“, echauffiert sie sich mit ihrer hohen Mädchenstimme. Jafar Panahi bleibt gelassen und fährt los.

Hana ist nur eine von mehreren Fahrgästen, die an diesem Tag in seinem Taxi Platz nehmen. Wie ein Dokumentarfilm kommt „Taxi Teheran“ daher – ist es aber nicht. Jafar Panahi hat ein  wunderbares Werk geschaffen, das einen Einblick in das derzeitige Leben in Irans Hauptstadt gibt – intelligent, nachdenklich und an vielen Stellen außerordentlich komisch. Verdient hat er bereits den Goldenen Bären gewonnen. Da er offiziell aber 20 Jahre Berufsverbot hat und sich kaum in der Öffentlichkeit zeigt, kam Hana in Berlin auf die Bühne und nahm den Preis entgegen.  Weiterlesen »

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7. Juli 2020

Flimmerkasten: “Victoria”




“Victoria”: Dynamisch, spannend, explosiv

Keine Zeit zum Luft holen. „Victoria“ rast durch. Kein Cut, nur ein Take. 140 Minuten im Kinosessel, zack, vorbei. Der Eindruck: berauschend. „Victoria“ ist ein Gewinn für das deutsche Kino – jenseits von Til Schweiger- und Matthias-Schweighöfer-Produktionen. Vielmehr flimmern Erinnerungen von „Lola rennt“ im Kopf auf. Dynamisch, spannend, explosiv. Von Anfang bis Ende. Weiterlesen »

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15. Mai 2020

Heimat: “Ein Kaffee im Zwischenraum”

Das sind Katharina (links) und Sophie.

„Zwischenraum“ in der Kaiserpassage Karlsruhe

Haar-Utensilien raus, Kunst rein: Studentinnen der Hochschule für Gestaltung (HfG) und die „Kurbel“ haben in der Kaiserpassage in einem leer stehenden Friseurladen den „Zwischenraum“ geschaffen. Bis 7. Juni gibt es dort verschiedene Veranstaltungen rund um das Thema „Kino“. „Neben Filmvorführungen sind Workshops, Konzerte, Diskussionen, Ausstellungen und Performances geplant“, sagt Sophie Burger von der „Kurbel“. Außerdem kann jeder von dienstags bis sonntags zwischen 15 und 19 Uhr zum Arbeiten vorbeikommen, fügt Katharina Küster von der HfG hinzu.

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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