4. März 2024

Buchkritik: “Stay away from Gretchen – eine unmögliche Liebe” von Susanne Abel

Stay away from Gretchen - Susanne Abel

Buchkritik von “Stay away from Gretchen – eine unmögliche Liebe”: wie toll Kitsch sein kann!

Selbst hätte ich mir „Stay away from Gretchen – Eine unmögliche Liebe“ wohl nie gekauft. Zu kitschig klang mir der Titel. Auch die Beschreibung auf der Rückseite des Buches überzeugte mich nicht. Ein Nachrichtensprecher aus Köln, dessen demente Mutter sich an die Zeit rund um den Zweiten Weltkrieg erinnert. Hmmm. Klang für mich nicht besonders innovativ.

Mein Skepsis verstärkte sich, als ich sah, dass das Buch bei einem Online-Shop über 1.000 Bewertungen hat – vorrangig sehr gute. Seit ich „Der Wal und das Ende der Welt“ und „Die Geschichte der Bienen“ mehr mit Qualen als mit Freude gelesen habe, bin ich vorsichtig mit solch extrem positiv bewertenden Bestsellern. Meistens driften sie ins Triviale ab.

Dass ich dem Buch von Autorin Susanne Abel dann aber doch eine Chance gab, lag an der whatsapp-Nachricht einer Freundin. Sie schwärmte im Gruppenchat davon, fragte, ob es eine von uns ausleihen möchte – und ich sagte spontan ja. Zum Glück.

Weiterlesen »
4 Kommentare
29. Februar 2024

Buchkritik: „Butter“ von Asako Yuzuki

„Butter“ von Asako Yuzuki

„Butter“ von Asako Yuzuki: über die gesellschaftlichen Zwänge in Japan

Bereits nach wenigen Seiten muss ich beim Lesen des Buchs „Butter“ stoppen und mir einen Knick in die Seite machen. Was Autorin Asako Yuzuki schreibt, kann ich kaum glauben:

„Japanerinnen nehmen heute weniger Kalorien zu sich als unmittelbar nach dem Krieg.“

Bin ich bislang naiverweise davon ausgegangen, dass sich japanische Frauen gesünder ernähren beziehungsweise einen besseren Stoffwechsel haben und deshalb meist sehr schlank sind, belehrt mich der Roman nun eines Besseren.

Schnell wird mir durch „Butter“ klar: In der japanischen Gesellschaft herrscht ein immenser Druck auf Frauen. Protagonistin Rika erzählt zu Beginn der Geschichte, dass sie selbst nicht über 50 Kilogramm wiegen möchte – aus Angst, grobschlächtig zu wirken.

Ihre Strategie, um ihr Gewicht zu halten: Sie vermeidet es, abends etwas zu essen. Selbst wenn sie bei Freunden oder der Familie eingeladen ist, greift sie maximal zu Salat oder Suppe.

Die Konsequenzen sind vielseitig. Sogar Milchbauern müssen um ihre Existenz kämpfen, weil viele Japaner*innen aus Diätgründen auf Kohlenhydrate und Milchprodukte verzichten.

Als ich meinen japanischen Freund darauf anspreche, nickt er nur. Meine gerade gewonnenen Erkenntnisse sind ihm keineswegs neu. Dass ich mit meinen über 60 Kilogramm in seiner Heimat als dick gelte, wird mir nun bewusst.

Uff.

Weiterlesen »
keine Kommentare
22. Februar 2024

“Middlesex” von Jeffrey Eugenides

"Middlesex" von Jeffrey Eugenides

Buchkritik “Middlesex”: Schwerer Start, grandioses Ende

Mit „Middlesex“ von Jeffrey Eugenides hatte ich einen sehr holprigen Start. Obwohl mich das Thema (Intersexualität) brennend interessierte, legte ich das Buch beim ersten Leseversuch vor einigen Jahren nach etwa 100 Seiten wieder weg. Jeffrey Eugenides hat beim Schreiben des Romans einfach so viele Infos in jeden einzelnen Satz gepackt, dass mir nach einem stressigen Arbeitstag oft der Kopf rauchte.

Nun entdeckte ich aber, dass „Middlesex“ laut der BBC zu den Top20-Büchern zwischen 2000 und 2020 gehört. Deshalb überkam mich der Ehrgeiz, den Roman doch nochmals in die Hand zu nehmen – dieses Mal mit Erfolg.

Weiterlesen »
keine Kommentare
10. Februar 2024

Serienkritik: “Zwei an einem Tag”

Netflix-Serie “Zwei an einem Tag”: So berührend wie das Buch

Von Literaturverfilmungen bin ich meistens enttäuscht, vor allem, wenn sie Geschichten aus Büchern erzählen, die ich sehr gerne gelesen habe. Erst kürzlich ärgerte ich mich, dass ich an der Kinokasse Geld für „Was man von hier aus sehen kann“ ausgegeben habe – das Buch war wunderbar, der Film dagegen eine Zumutung.

Ähnlich erging es mir 2011 mit dem Kinofilm „Zwei an einem Tag“, der auf dem Megabestseller von David Nicholls basiert. Viel zu schnell und oberflächlich zeigte er die berührende Geschichte von Emma und Dexter.

Hatte ich beim Lesen des Buches noch so mitgefiebert und mitgelitten, rauschte der Film mit Anne Hathaway und Jim Sturgess nur so an mir vorbei. Enttäuscht verließ ich damals das Kino und hatte nie wieder das Bedürfnis, mir den Film ein zweites Mal anzusehen.

Nun ist Anfang Februar die Netflix-Serie „Zwei an einem Tag“ erschienen. Im Gegensatz zum Film nimmt sie sich viel Zeit, um die Liebesgeschichte zu erzählen – 14 Folgen sind es. Und keine ist zu viel. Die Serie fängt den Zauber des Buches perfekt ein – dank eines tollen Casts, wunderschöner Bilder und eines großartigen Soundtracks.

Weiterlesen »
keine Kommentare
24. Oktober 2023

Buchkritik: “Nagomi” von Ken Mogi

"Nagomi" von Ken Mogi

“Nagomi” von Ken Mogi: Unterhaltsame und kluge Tipps für ein entspannteres Leben

Es ist etwas Besonderes, ein Buch zu lesen, in dem völlig überraschend der Urururopa des eigenen Sohnes auftaucht. Eiichi Shibusawa lebte von 1840 bis 1931 und gilt als der Vater des japanischen Kapitalismus, wie Ken Mogi in seinem Buch „Nagomi. Der japanische Weg zu Harmonie und Lebensfreude“ schreibt. 

Über den Vorfahren verrät er:

„Innerhalb weniger Jahrzehnte gründete er zahlreiche Unternehmen, die sich zu ökonomischen Gigangten entwickelten: die Mizuho Bank, Tokio Marine, das Imperial Hotel (…) um dieses Verdienst zu würdigen, wird sein Gesicht ab 2024 die 10.000-Yen-Scheine zieren.“

Quelle: “Nagomi” von Ken Mogi

Nun, warum erscheint Eiichi Shibusawa ausgerechnet in diesem Buch über Harmonie und Lebensfreude? Der Unternehmer legte großen Wert auf ein Gleichgewicht zwischen Wohlergehen und Gewinn – sowohl für Investoren als auch für Mitarbeiter, Kunden und die Gesellschaft als Ganzes.

Diese Ausgewogenheit ist ein Grundprinzip von nagomi, der ganzheitlichen japanischen Lebensphilosophie. Was genau sich dahinter verbirgt und wie sie sich konkret im Alltag umsetzen lässt, erklärt der Hirnforscher Ken Mogi auf sehr lesenswerte und anschauliche Weise in seinem Buch.

Weiterlesen »
keine Kommentare
17. September 2023

Buch- und Serienkritik: “Normale Menschen” von Sally Rooney

Sally Rooney: Normale Menschen

Kritik: „Normale Menschen“ – sowohl das Buch als auch die Serie sind toll!

Der Beziehungsstatus lautet: Es ist kompliziert. Connell ist schön, der Star der Fußballmannschaft und klug. Er wächst bei seiner alleinerziehenden Mutter auf, die die hübsche Villa von der Familie seiner Klassenkameradin Marianne putzt, um über die Runden zu kommen. Auch wenn das Geld knapp ist, leben Connell und seine Mutter harmonisch miteinander.

Marianne dagegen kennt keine materiellen Sorgen. Dafür herrscht in ihrer Familie eine emotionale Eiszeit. Ihr Vater ist verstorben, ihre Mutter interessiert sich nicht für sie, ihr Bruder ist gewalttätig. Marianne tut sich schwer mit ihren Klassenkamerad*innen und ist eine Außenseiterin in der Schule.

Als Connell seine Mutter öfter von der Arbeit in der Villa abholt, lernt er Marianne besser kennen. Es knistert und funkt. Sie schlafen immer wieder miteinander. Doch Connell kann sich nicht durchringen, öffentlich zu Marianne zu stehen. Es kommt zum Bruch.

Nach ihrem Abschluss ziehen sie beide für ihr Studium aus der Kleinstadt im Westen Irlands nach Dublin und begegnen sich zufällig auf einer Party wieder. Nun hat sich das Blatt gewendet. Marianne ist beliebt, genießt ihr Studierendenleben. Connell dagegen ist unsicher. Viele junge Menschen aus reichen Familien sind um ihn herum. Er findet nur schwer Anschluss. Zu Marianne fühlt er sich sofort wieder hingezogen. Finden sie dieses Mal zusammen?

Das erzählt Sally Rooney in ihrem Buch “Normale Menschen” (Normal People). Die Serie dazu ist derzeit über die ZDF Mediathek abrufbar. Dazu weiter unten im Text mehr.

Weiterlesen »
keine Kommentare
7. September 2023

Buchkritik: “Avalon” von Nell Zink

"Avalon" von Nell Zink

“Avalon” von Nell Zink: toller Humor und sperrige Abschnitte

Die Startbedingungen ins Leben könnten für Bran kaum schlechter sein. Ihre Mutter zieht in ein tibetisch-buddhistisches Kloster, als Bran in die vierte Klasse geht. Ihr Vater verschwand schon lange vorher nach Australien. Da ihre Großeltern in einem Wohnwagenpark für Rentner leben, in dem niemand unter 25 Jahren länger als eine Woche bleiben darf, landet die Zehnjährige bei ihrem Stiefvater und dessen Clan: den Hendersons.

Die Männer betreiben in Torrance, Kalifornien, eine zwielichtige Baumschule. Das Geschäft brummt – dank der Arbeit von Frauen, Kindern und Geflüchteten. 

Die Hendersons behielten mich gern. Ein zehnjähriges Stiefkind bedeutete ungefähr acht Jahre unbezahlte Arbeit und 20.000 Dollar Kindergeld, falls das Finanzamt mitspielte. Aus ihrer Sicht bot ihnen meine Mutter als finanziellen Ausgleich für ihre Freiheit mich an.

Quelle: “Avalon”

Wie Bran dort aufwächst, wie es ihr als junge Erwachsene ergeht und wie sie ihren Weg im Leben findet, das schreibt Nell Zink in ihrem Roman „Avalon“ in einer unglaublich geschliffenen Sprache, wunderbar ironisch, bissig und klug, an manchen Stellen aber auch sperrig und sehr kulturtheoretisch. 

Weiterlesen »
keine Kommentare
9. August 2023

Serienkritik: “Everyone but us”

Serienkritik: "Everyone but us"

Tolle Serie aus Schweden: “Everyone but us”

Ein inspirierendes Interieur, tolle Mode und schöne Menschen: Es war definitiv der Schweden-Faktor, der mich neugierig machte, als ich die Serie „Everyone but us“ in der ARD-Mediathek entdeckte. Spätestens seit „Liebe und Anarchie“ und „Die Patchworkfamilie“ habe ich ein Faible für Produktionen aus Skandinavien. 

Das Thema von „Everyone but us“ interessierte mich zunächst gar nicht so sehr: Ein Paar, das verzweifelt versucht, schwanger zu werden. So oft habe ich das bereits in meinem engeren und weiteren Freundeskreis erlebt, dass ich mich damit nicht auch noch beim Entspannen vor dem Bildschirm beschäftigen wollte, eigentlich. 

Aber der Schweden-Faktor war stärker – vor allem als ich realisierte, dass die Hauptdarstellerin, Hilma, von Alba August gespielt wird. Sie verkörperte bereits die junge Astrid Lindgren im Film „Astrid“, den ich im Kino sah und der mir unglaublich ans Herz ging. Also begann ich, die erste von zehn Folgen von  „Everyone but us“ gespannt anzuschauen.

Hier geht es auch zum Trailer.

Weiterlesen »
2 Kommentare
3. August 2023

Buchkritik: “Was vom Tage übrig blieb” von Kazuo Ishiguro

"Was vom Tage übrig blieb" von Kazuo Ishiguro

“Was vom Tage übrig blieb”: was für ein beeindruckender Roman!

Das Buch eines Literaturnobelpreisträgers: Das war der Hauptgrund, warum ich mir „Was vom Tage übrig blieb“ zum Geburtstag wünschte. Der Roman, der sich um das Leben des Butlers Mr. Stevens dreht, erschien bereits 1989 und erhielt unter anderem den Booker Prize.

Große Aufmerksamkeit bekam die Geschichte außerdem nochmals vier Jahre später, weil sie mit Anthony Hopkins und Emma Thompson verfilmt wurde – und das Leinwandwerk mehrfach für den Oscar nominiert war. Kazuo Ishiguro erhielt dann 2017 den Nobelpreis. 

Weiterlesen »
keine Kommentare
10. Juli 2023

Buchkritik: “Amerika” von Joachim Meyerhoff

"Amerika" von Joachim Meyerhoff

Teil 1 der tollen Reihe „Alle Toten fliegen hoch“: “Amerika”

Es ist ungewöhnlich, dass ich bei einer Romanreihe den zweiten Teil vor dem ersten lese. Bei Joachim Meyerhoffs sechsteiligem Zyklus „Alle Toten fliegen hoch“ habe ich das ganz bewusst getan – auf Empfehlung von Leuten, die schon mehrere Bücher des Schauspielers gelesen haben. 

Der Hintergrund für diese Entscheidung war: Nur so stimmt die Chronologie in der Entwicklung des Protagonisten: von Joachim Meyerhoff selbst. In seinen autobiografisch angehauchten Geschichten erzählt der Schauspieler und Autor nicht im ersten, sondern im zweiten Teil „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ von seiner Kindheit in den 1980er-Jahren in Schleswig-Holstein. Ein Roman, der mal lustig, mal gefühlvoll und an manchen Stellen auch traurig ist. Mehr dazu habe ich schon in der Rezension geschrieben. 

Der erste Teil des Zyklus beschäftigt sich dagegen mit seiner Jugend und allem, was dazu gehört: erste Liebe, Partys und die typischen Unsicherheiten. Nun war ich gespannt, ob der erste Roman von Joachim Meyerhoff auch so unterhaltsam ist wie der zweite.

Weiterlesen »
keine Kommentare
1 2 3 4 9

Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

Newsletter abonnieren
Etwas verloren?
Vergangenes
Facebook
Instagram
Instagram@miriam_steinbach