Posted on April 3, 2013

“Léon und Louise” von Alex Capus

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Es ist eine Begegnung, die zwei Leben prägt: Louise trägt eine rot-weiß gepunktete Bluse und fährt auf einem alten, rostigen Herrenfahrrad umher, als Léon sie zum ersten Mal sieht.  Der junge Soldat  verliebt sich sofort in sie. Es ist jedoch gerade der Erste Weltkrieg ausgebrochen. Keine gute Ausgangsbedingung für die Liebe. Ein Bombenhagel trennt sie auf tragische Weise. Aber Léons und Louises Zuneigung ist tief und überdauert viele Jahrzehnte – trotz zahlreicher Widrigkeiten.

“Léon und Louise” bekam ich zu Weihnachten geschenkt. Zuerst hatte ich den Roman  auf meinen riesigen Stapel an ungelesener Bücher abgelegt, dann griff ich aber doch bereits nach wenigen Wochen danach – und las es letztlich rasend schnell.

Das liegt zum einen am wunderbaren Stil von Alex Capus. Er schreibt leicht, ohne dabei trivial zu sein. Es macht Freude, jeden einzelnen Satz zu lesen und dabei ganz in die Welt des Frankreichs im 20. Jahrhundert hineinzutauchen. Alex Capus beschreibt genau, verliert sich dabei aber nicht im Detail.

Interessant sind die Rahmenbedingungen, in denen die beiden Protagonisten ihr Leben bestreiten. Léon versucht sich als junger Soldat zuerst am Morsen, dann als Chemiker für den Staat. Louise flieht während des Zweiten Weltkriegs mit einem getarnten Bananendampfer nach Afrika. Sie erzählt mittels Briefen, welch Unwesen die Franzosen dort treiben.

Ich wollte aber auch wissen, wie es mit den beiden weitergeht. Werden sie zueinander finden oder nicht? Diese Frage trieb mich ständig von Neuem an, das Buch in die Hand zu nehmen beziehungsweise nicht sofort wieder wegzulegen.

Alex Capus hat mit “Léon und Louise” einen schönen Liebesroman geschaffen, der keineswegs kitschig, sondern sehr nett zu lesen ist. Es ist eine perfekt geeignete Lektüre für Zugfahrten oder vor dem Schlafengehen. Ein Buch, das sehr viel Spaß macht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

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Posted on March 20, 2013

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“Tausend strahlende Sonnen” von Khaled Hosseini

Es ist der Selbstmord ihrer Mutter, der das Leben von Mariam gehörig durcheinanderwirbelt. Sie ist gerade 15 Jahre alt, uneheliche geboren und wird mit dem Schuhmacher Rashid verheiratet. Er ist 30 Jahre älter, lebt in Kabul und neigt zur Gewalt. Nach einigen Jahren nimmt er sich eine zweite Frau: Laila. Sie verlor ihre Eltern bei einem Bombenangriff. Rashid tyrannisiert die beiden Frauen. Sie aber verbünden sich – gegen ihren aggressiven Ehemann und den Taliban-Terror.

Von Khaled Hosseini las ich bereits vor Jahren “Drachenläufer”, auch den Film sah ich dazu. Die Geschichte um eine Freundschaft zwischen zwei Jungen in Afghanistan berührte mich sehr. “Tausend strahlende Sonnen” bekam ich zum Geburtstag geschenkt. Viele Wochen stand es im Regal, bis ich es Ende 2011 endlich in die Hand nahm, dann aber nicht mehr davon lassen konnte.
Hosseinis Schreibstil ist sehr angenehm. Sehr detailreich beschreibt er das Leben in Afghanistan – in der Provinz, wo Mariam aufwächst, in Kabul, wo die Handlung später spielt. Es ist ein Blick hinter die Kulissen, ein Blick in das Herz des geschundenen Landes.
Auch das politische Geschehen bringt der Autor dem Leser näher. Über Jahrzehnte zieht sich die Geschichte um die Freundschaft von Mariam und Laila. So erfuhr ich, wie das Leben der Menschen unter den Sowjets war und wie unter den Taliban.

Ich fand es zutiefst deprimierend zu lesen, wie viel sich für die Frauen in den Jahren unter den Taliban verschlechtert hat. Die Chance zur Schule zu gehen, zu studieren, sich gegen einen gewalttätigen Mann zur Wehr zu setzen – alle möglichen Rechte wurden beschnitten. Es machte mich streckenweise richtig wütend, diese Ungerechtigkeiten zu lesen. Die Situation in dem Land scheint so verfahren, aussichtslos. Viel habe ich nach dem Lesen darüber nachgedacht. Das aktuelle politische Geschehen nehme ich seither anders wahr, bin bei der Bewertung oft hin- und hergerissen.

Im Februar 2012, kurz nachdem ich das Buch gelesen hatte, war ich beim Deutschen Medienpreis in Baden-Baden. Dort erlebte ich Sakena Yacoobi. Sie hat durch ihr Bildungsinstitut in Afghanistan vielen Frauen und Mädchen eine Lebenspersektive geschenkt – inmitten des Terrors. Dafür wurde sie ausgezeichnet. Ihr Engagement beeindruckte mich. Ich hoffe sehr, dass das Land nach dem Abzug der westlichen Soldaten nicht völlig im Chaos versinkt und möglichst viele Frauen ein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben haben.

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Posted on March 13, 2013

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“Der weiße Tiger” von Aravind Adiga

Vom Sohn eines armen Rikschafahrers zum Denker und erfolgreichen Unternehmer: Der Inder Balram Halwai erzählt in sieben Nächten seine Lebensgeschichte – mittels Briefen an den chinesischen Ministerpräsidenten. Er berichtet, wie er als junger Mann den Sprung aus einem kleinen Dorf nach Delhi schaffte, dort reiche Männer im Honda durch die Großstadt fährt und dabei zum Mörder wird.

“Der weiße Tiger” wurde mir von einer Freundin empfohlen. Aravind Adiga bekam für das Werk 2008 den Booker-Preis. Sehr froh bin ich, dieses Buch gelesen zu haben. Es ist ein Roman mit Herz, schwarzem Humor und Ironie. Darüberhinaus vermittelt er sehr viel vom Leben in Indien. Bis ins kleinste Detail werden die Angewohnheiten der Menschen beschrieben. In das pulsierende Delhi tauchte ich dank der präszisen Beschreibung von Aravind Adiga völlig ein. Spürte die widrigen Umstände der Menschen am Rande der Millionen-City auf der einen Seite und konnte mir den protzigen Reichtum auf der anderen Seite sehr bildhaft vorstellen.

Es ist ein Schelmenroman, der mit leichter Feder geschrieben ist und schnell mitreißt. Der aber auch aufzeigt, wie schwierig das Leben in Indien ist, wie groß die Missstände und welche Unterschiede zu den entwickelten Industrieländern immer noch vorhanden sind. “Der weiße Tiger” ist ein Buch, bei dem ich viel lachen musste (dank des frechen Balram Halwai), bei dem ich aber auch viel zum Nachdenken kam – und durch das ich mein Leben mit meinen Rahmenbedingungen wieder sehr zu schätzen weiß.

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Posted on February 27, 2013
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“Ich habe sie geliebt” von Anna Gavalda

Es ist aus. Chloé ist am Boden zerstört. Ihr Mann liebt eine andere. Verzweifelt packt sie ihre Koffer und fährt mit ihren zwei kleinen Töchtern und ihrem Schwiegervater in die Berge. Pierre ist eigentlich ein wortkarger, kühler Mann. In der Abgeschiedenheit öffnet er aber sein Herz und erzählt Chloé eine Geschichte – die Geschichte von seiner großen Liebe Mathilde.

“Ich habe sie geliebt” kaufte ich vor Jahren unmittelbar nachdem ich “Zusammen ist man weniger alleine” von Anna Gavalda gelesen hatte. Anna Galvaldas leichte, aber sehr gefühlvolle Art zu schreiben, ihre sympathischen, oft aber auch verqueren Charaktere – ich war angetan und wollte mehr von diesem wunderbaren Lesevergnügen. “Ich habe sie geliebt” verschlang ich an einem nur einzigen Abend. Ich konnte einfach nicht mehr davon lassen. Pierres Geschichte von Mathilde wuchs mir so sehr ans Herz, ich wollte wissen, was passiert, was er tut, wie es endet. Und ich litt schrecklich mit ihm.

Das Buch gab mir eine völlig neue Perspektive auf Beziehungen und darauf, dass man Träume nicht ungelebt lassen darf. “Ich habe sie geliebt” ist einfach zu lesen und nur 164 Seiten lang, aber selten berührte mich ein Buch so emotional.
Die Geschichte ist verfilmt worden. Ich weiß nicht, wie oft inwischen schon die Bilder mit Daniel Auteuil und Marie-Josée Croze über meinen Fernseher flimmerten – und wie oft ich jedes Mal wieder von Neuem mit Pierre und Mathilde hoffte und bangte.

http://www.youtube.com/watch?v=EBMziZaLvl4

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Posted on February 22, 2013

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“Tschick” von Wolfgang Herrndorf

Zwei 14-jährige Jungs, ein geklautes Auto und eine spannende Reise: Andrej Tschichatschow, alias Tschick, sitzt nach den Osterferien plötzlich in der Klasse von Maik Klingenberg. Die Jungs kommen aus unterschiedlichen Welten. Tschick ist mit seiner Familie aus Russland übergesiedelt und haust in einem der heruntergekommenen Hochhäuser in Hellersdorf. Maik residiert mit seinen Eltern in einer Villa – Liebe und Aufmerksamkeit sind jedoch Mangelware. Da Tschick in den Sommerferien Langeweile hat und Maik ohnehin alleine zu Hause ist (Mutter auf Entzug, Vater mit der Geliebten auf Geschäftsreise), machen sich die beiden Jungs mit einem gestohlenen, klapprigen Lada auf die Reise. Ihr Ziel: Die Walachei. Es ist der Beginn eines abenteuerlichen Roadtrips.

“Tschick” fiel mir im Dezember 2012 in einer Buchhandlung in die Hände. Viel hatte ich davon schon gehört. Aber ein Jugendbuch, hatte ich darauf wirklich Lust? Ich schlug es auf und stolperte über die ersten zwei Seiten. Dort sind zahlreiche Auszüge aus Rezensionen zu lesen – durchweg voll des Lobs. “Man sieht die Welt mit anderen Augen nach dem Buch”, schreibt beispielsweise das Magazin “Rolling Stone”. Ich beschloss das Buch zu kaufen, um zu verstehen, was dahinter steckt.

Kaum hatte ich damit angefangen, konnte ich es nicht mehr weglegen. Obwohl ich viel zu tun hatte, las ich das Buch jede freie Sekunde, war völlig in die Welt von Tschick und Maik versunken. Ich saugte ihre Abenteuer auf, fieberte bei Verfolgungsjagden mit und ertappte mich, dass ich sogar im vollbesetzten Zug laut lachte. Die beiden Jungs stolpern von einer skurillen Situation zur anderen und erleben die wildesten Abenteuer. Aber: Es ist auch ein Buch der Zwischentöne, das deutlich macht, wie sehr die Jugendlichen mit ihren kaputten Familien und der mangelnden Zuwendung kämpfen.
“Tschick” ist ein Plädoyer für die Freundschaft. Es ist ein Buch, das berührt und einfach nur glücklich macht.

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Posted on February 19, 2013

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“Die Wand” von Marlen Haushofer

Über Nacht ist sie plötzlich da: die Wand. Sie ist glatt, kalt, undurchsichtig und trennt eine Frau, die in den Bergen alleine in einer Jagdhütte schläft, von der restlichen Welt. Warum die Wand da ist, was mit den anderen Menschen geschah? Es bleibt ein Rätsel. Nur mit einem Hund, einer Kuh, einem Stier und Katzen bestreitet die Frau von nun an ihr Leben. Fern ab der Zivilisation, mitten in der Natur.

Ich bekam “Die Wand” bereits vor Jahren empfohlen, aber erst als ich im Herbst des vergangenen Jahres im Kino den Trailer für die Verfilmung mit Martina Gedeck sah, beschloss ich, es nun sofort zu kaufen. Es war nicht immer einfach, längere Zeit am Stück daran zu lesen. Nicht wegen der Sprache. Im Gegenteil: Diese ist klar und präzise und die detaillierten Naturbeschschreibungen sind wunderbar. Nein, ich legte das Buch des Öfteren auf die Seite, weil es mich deprimierte. Den Kampf der Frau zu beobachten, gefangen mit sich, ihren Gedanken, der Einsamkeit, der Ausweglosigkeit. Was tun bei schlimmen Zahnschmerzen, was tun wenn die Sehnsucht nach geliebten Menschen schmerzt oder einfach der Drang nach Zucker groß wird?

Es ist kein leichtes Buch, aber trotzdem empfehlenswert. Es regt an zu reflektieren, sich selbst mit seinem Leben auseinanderzusetzten. Und nicht immer an allem vorbeizueilen, sondern innezuhalten, die kleinen Dinge zu sehen und den Moment zu genießen.

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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