11. Januar 2025

Buchkritik: „Fegefeuer” von Sofi Oksanen

„Fegefeuer" von Sofi Oksanen

Fegefeuer” von Sofi Oksanen: poetisch und spannend wie ein Krimi

Es war ein riesiger Bestseller in Skandinavien: Als „Fegefeuer“ 2008 erschien, entwickelte sich das Buch zum absoluten Verkaufsschlager. Die finnisch-estnische Autorin Sofi Oksanen erhielt dafür unter anderem den Nordischen Buchpreis. Mittlerweile wurde der Roman in 38 Sprachen übersetzt und auch als Theaterstück adaptiert.

Bei mir lag „Feuerfeuer“ trotzdem fast zehn Jahre zu Hause auf meinem Stapel ungelesener Bücher – und rutschte immer weiter nach unten. Vielleicht lag es an dem eher unappetitlichen Cover mit der großen Schmeißfliege oder an dem unpräzisen Text auf der Rückseite, aber irgendwie schienen mir andere Romane immer interessanter.

Dann kam mir die Autorin Sofi Oksanen wieder in den Sinn, als sie 2023 das Buch „Putins Krieg gegen die Frauen“ veröffentlichte und „Die Zeit“ groß darüber berichtete. Ich schob „Fegefeuer“ auf meinem Bücherstapel nach oben, las es endlich – und war sehr positiv überrascht.

Der Roman ist spannend wie ein Krimi, sehr poetisch geschrieben und bringt den Leser*innen viel Wissenswertes über das Leben in Estland zwischen 1940 und 1993 näher.

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30. Dezember 2024

Buchkritik: „Demon Copperhead“ von Barbara Kingsolver

„Demon Copperhead“ von Barbara Kingsolver

„Demon Copperhead“ von Barbara Kingsolver: ein Diamant in Literaturform – eine Rezension

Es gibt Bücher, die sind wie die Nadel im Heuhaufen. Sie sind so schwer zu finden, aber wenn man sie endlich in der Hand hält, ist es ein unwahrscheinliches Glück. Nachdem ich etwa ein Drittel von „Demon Copperhead“ gelesen habe, bin ich mir absolut sicher, solch einen Diamanten in literarischer Form gefunden zu haben. Dieses besondere Gefühl hält sich hartnäckig bis zum Ende der rund 860 Seiten und verschwindet auch danach nicht.

Barbara Kingsolvers Roman schafft es, mich so zu berühren, dass ich beim Lesen emotional regelrecht durch die Höhen und Tiefen im Leben ihres Protagonisten Demon geschleudert werde. Doch egal, wie bedrückend die Geschichte gerade ist, ich kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen. So sehr bin ich die Handlung hineingezogen, dass ich unbedingt wissen muss, wie es weitergeht. Ähnlich ging es mir zuletzt nur bei „Ein wenig Leben“. Völlig verständlich hat „Demon Copperhead“ 2023 den renommierten Pulitzer-Preis erhalten.

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21. Dezember 2024

Buchkritik: „Echtzeitalter“ von Tonio Schachinger

Buchkritik: „Echtzeitalter“ von Tonio Schachinger

Rezension von “Echtzeitalter”: sperrige Sätze gepaart mit viel Witz

Ein Coming-of-Age-Roman, der größtenteils in einem Wiener Internat spielt und dessen Protagonist seine Zeit lieber mit Computerspielen als mit Schulbüchern verbringt – das klingt grundsätzlich sympathisch und interessant. Ist es auch. Wäre da nur nicht die etwas sperrige Sprache, mit der Tonio Schachinger seinen Erfolgsroman „Echtzeitalter“ geschrieben hat. Dafür hat er 2023 den Deutschen Buchpreis erhalten. Allein den ersten Satz musste ich aber zweimal lesen, um ihn vollständig zu erfassen. Ein gelungener Einstieg sieht definitiv anders aus.

Neugierig? Hier kommt er:

„Sieht man diesen Ort zum ersten Mal, das Schloss mit schönbrunnergelben Fassade und der abbröckelnden graugelben Rückseite, den Park mit seinen Wiesen und Sportplätzen, seinem bewaldeten Hügel und seiner Grotte, dann ist die Mauer, die ihn umgibt und deren Höhe je nach Steigung der Argentinier- und Favoritenstraße zwischen zwei und vier Metern schwankt, wahrscheinlich das Letzte, was einem auffällt.“

Ich stöhnte also schon auf der ersten Seite, legte das Buch aber trotzdem nicht weg. Und eins sei jetzt schon verraten: Es bleibt sprachlich anstrengend, aber: Tonio Schachinger erzählt seine Geschichte mit so viel Witz und Esprit, dass ich das Buch trotzdem zu Ende las und dabei auch noch Spaß hatte.

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17. Dezember 2024

Buchkritik: “Intermezzo” von Sally Rooney

"Intermezzo" von Sally Rooney

Rezension: “Intermezzo” von Sally Rooney – einfühlsam und klug

Eigentlich war meine Sally-Rooney-Euphorie nach „Schöne Welt, wo bist du“ verflogen. Zu redundant war mir ihr dritter Roman, in dem es um die Irrungen und Wirrungen zweier Liebespaare geht, gepaart mit intellektuellen Gedanken über die Welt. Das überraschte mich nach „Gespräche mit Freunden“ und „Normale Menschen“ nicht mehr.

Deshalb wollte ich mir ihren brandneuen Roman „Intermezzo“ zunächst gar nicht kaufen – schon gar nicht als Hardcover. Doch dann las ich eine Rezension des Buches in der „Zeit“. Die Rezensentin schrieb, es sei Sally Ronneys bisher bestes Werk. Das machte mich neugierig. Als ich kurze Zeit später in meiner Lieblings-Buchhandlung stand, dort das Buch liegen sah, griff ich spontan zu und begann zu Hause zu lesen.

„Intermezzo“ ist tatsächlich ein ganz toller Roman, der die großen Themen Trauer und Liebe auf sehr intelligente Weise miteinander verbindet. Sally Rooney überzeugt sprachlich und inhaltlich. Nie wird es kitschig, nie trivial. Ich tauchte tief in das Geschehen ein, fühlte mich ihren Figuren nahe und wunderbar unterhalten.

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24. November 2024

Buchkritik: “Ich bleibe hier” von Marco Balzano

"Ich bleibe hier" von Marco Balzano

Buchkritik von “Ich bleibe hier”: Wie kam es zur versunkenen Kirche in Südtirol?

Eher zufällig bin ich auf „Ich bleibe hier“ von Marco Balzano gestoßen. Eine Buchhändlerin empfahl das Buch im „Zeit“-Podcast „Und was machst du am Wochenende?“. Ohne viel über den Inhalt zu wissen, wünschte ich mir den Roman zum Geburtstag, bekam ihn geschenkt und begann, ohne große Erwartungen zu lesen.

Doch schon nach den ersten Seiten ist meine Überraschung groß: Marco Balzano erzählt in „Ich bleibe hier“ eine unglaublich interessante Geschichte in einer sehr eingängigen Sprache. Ohne große Anstrengung flitze ich in zwei Tagen durch das Buch und klappe es am Ende begeistert zu.

Marco Balzano hat es geschafft, mir die traurige und wahre Geschichte der versunkenen Kirche in Reschen am See (Südtirol) ohne Anstrengung näher zu bringen. Seit ich „Ich bleibe hier“ gelesen habe, stehen Südtirol und das kleine Dorf auf meiner Reiseliste. Wahrscheinlich werde ich dort nur nicht allein sein. Der Kirchturm, der dort so kurios aus dem See ragt, ist mittlerweile ein beliebtes Motiv auf Instagram.

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17. November 2024

6 perfekte Bücher zum Verschenken

Weihnachten: Diese sechs Bücher eignen sich hervorragend als Geschenk

Immer wieder werde ich gefragt, ob ich einen Buchtipp habe – unterhaltsam, aber jenseits der typischen Bestsellerlisten. Deshalb habe ich mir überlegt, kurz vor Weihnachten eine kleine Übersicht von Büchern zusammenzustellen, die ich unglaublich gerne gelesen habe und deshalb oft verschenke. Hier kommen meine liebsten sechs Bücher zum Verschenken.

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16. November 2024

Buchkritik: „Lügen über meine Mutter“ von Daniela Dröscher

„Lügen über meine Mutter“ von Daniela Dröscher

Rezension: „Lügen über meine Mutter“ – über die typische Unterdrückung einer Frau in den 1980er-Jahren

Noch während ich „Lügen über meine Mutter“ von Daniela Dröscher lese, hämmert vor allem ein Gedanke immer wieder in meinem Kopf: „Zum Glück ist es für Frauen in den vergangenen 40 Jahren so viel leichter geworden, ein emanzipiertes Leben zu führen – was für ein Privileg hat meine Generation“.

Auch die Autorin schreibt:

„Immer wieder muss ich mir klarmachen, wie ungewohnt es für Frauen damals noch gewesen sein muss, ein eigenes Konto zu sitzen. Ebenso neu war es, einen Beruf wählen zu können, einen, der nicht von den Eltern ausgesucht, oder eine Stelle anzutreten, die nicht einfach vom Ehemann gekündigt werden konnte. Erst seit 1977, dem Jahr meiner Geburt, erhielten Frauen dieses Recht auf Selbstbestimmung.“

Daniela Dröscher blickt in ihrem Roman zurück auf ihre eigene Kindheit in einem typischen westdeutschen Dorf in den 1980er-Jahren. Was sie erzählt, kommt mir so bekannt vor, dass ich beim Lesen kaum stoppen kann. Ich verschlinge das Buch innerhalb weniger Tage, weil ich das Geschriebene so treffend und spannend finde.

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15. November 2024

Buchkritik: „Mädchen, Frau, etc.“ von Bernadine Evaristo

„Mädchen, Frau, etc.“ von Bernadine Evaristo

Rezension: Eines der wichtigsten Bücher der Gegenwart ist „Mädchen, Frau, etc.“

Es ist der Tag der großen Premiere: Amma ist auf dem Weg zum „National Theatre“ in London, wo am Abend ihr Stück „Die letzte Amazone von Dahomey“ zum ersten Mal aufgeführt wird. Es ist ein Meilenstein im Leben der Regisseurin. In ihren 50ern ist sie nun, Jahrzehnte des Kämpfens liegen hinter ihr.

Homosexuell, dunkelhäutig, allerziehend, weiblich: Amma verkörpert gleich mehrere Eigenschaften, die für eine Karriere in der Upperclass wenig förderlich sind. Ihr Weg zum angesehenen Theater: keineswegs gradlinig.

Vom Traum, selbst Schauspielerin zu werden, verabschiedet sie sich in den 1980er-Jahren, als sie bemerkt, wie wenig Rollen sie als Frau mit nicht-weißer Hautfarbe überhaupt spielen darf.

Resigniert davon, wechselt sie die Seiten, schreibt eigene Stücke, baut mit ihrer Freundin Dominique eine Theatertruppe auf, mit der sie viele Jahre durch England touren, in Bibliotheken und Stadtteilzentren auftreten. Später macht Amma sich alleine selbstständig.

Nun ist also die große Premiere am „National Theatre“, sieben Kaffee hat sie bereits getrunken, die Aufregung ist groß. Wird alles gut gehen?

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11. November 2024

Buchkritik: “Wellness” von Nathan Hill

Buchkritik: "Wellness" von Nathan Hill

Rezension von “Wellness”: ein toller Roman über die Themen unserer Zeit

Als ich zum ersten Mal von „Wellness“ hörte, wusste ich sofort: Dieses Buch muss ich haben. Ein Gesellschaftsroman à la Jonathan Franzen, der verschiedene Jahrzehnte erfasst und anhand seiner Protagonist*innen die wichtigen Fragen unserer Zeit verhandelt.

Konkret: Wie bleibt die Liebe nach vielen Jahren lebendig, wenn die erste Romantik verflogen ist, die Frau beruflich erfolgreicher ist als der Mann und ein Kind enorme Energien bindet? Helfen dann polyamore Abenteuer und Achtsamkeitsseminare? Und sind Tracking-Armbänder wirklich eine gute Idee, um sein Leben im Griff zu behalten?

All das bringt der amerikanische Autor Nathan Hill in seinem Werk „Wellness“ auf unglaublich unterhaltsame und kluge Weise zusammen. Obwohl der Roman fast 800 Seiten umfasst, habe ich mich keine Sekunde gelangweilt und hätte gerne noch ein paar Kapitel weitergelesen. Die stolzen 28 Euro für die Hardcover-Ausgabe habe ich keine Sekunde bereut.

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1. November 2024

Buchkritik: “4321” von Paul Auster

Buchkritik: "4321" von Paul Auster

Was für eine tolle Konzeption: “4321” von Paul Auster – Rezension

Als ich nach 1259 Seiten von Archibald Ferguson Abschied nehme, bin ich zutiefst traurig. Knapp drei Monate hat mich „4321“ am Feierabend und am Wochenende begleitet. Es war wie eine Sucht. Wann immer ich Zeit hatte, wollte ich wissen, wie es Archie geht, was er erlebt, wie er mit all den vielen Herausforderungen des Lebens klarkommt.

Das Besondere an diesem Buch: Autor Paul Auster lässt seinen jungen Protagonisten gleich viermal durchs Leben stolpern – mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Nach dem Prinzip: Was wäre passiert, wenn…? Paul Auster ist damit ein außergewöhnliches Buch geglückt. Nicht nur diese Konzeption ist hochspannend, sondern auch der Inhalt ist so berührend und bereichernd, dass ich am Ende dankbar war, dass ich diese meisterhafte Literatur lesen durfte – und dadurch so viele neue Gedanken zum Leben bekommen habe.

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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