30. August 2023

Buchkritik: “Hard Land” von Benedict Wells

"Hard Land" von Benedict Wells

“Hard Land” von Benedict Wells: was für ein tolles Buch!

Es gibt wenige schreibende Menschen, die mich mit ihren Geschichten so emotional berühren wie Benedict Wells. Nicht auf eine kitschige, triviale Weise, sondern weil er es schafft, Dinge so einfühlsam zu beschreiben, dass sie mir nahe gehen. Außerdem gelingt es ihm immer wieder, unglaublich kluge und präzise Sätze zu schreiben.

Es sollte echt ein Wort für dieses Gefühl geben“, sagte sie. „So was wie Euphancholie. Einerseits zerreißt’s dich vor Glück, gleichzeitig bist du schwermütig, weil du weißt, dass du was verlierst oder dieser Augenblick mal vorbei sein wird … Dass alles mal vorbei sein wird.

Quelle: “Hard Land”

Einfühlsam und klug

Bei seinem jüngsten Roman „Hard Land“ kamen mir sogar aus zwei ganz unterschiedlichen Gründen die Tränen – einmal ging es um Trauer, einmal um die erste große Liebe. Benedict Wells beschreibt beide Seiten des Lebens so gefühlvoll, spendet Trost und gibt Hoffnung, dass es eine Wohltat ist, dieses Buch zu lesen.

Trauer ist kein Sprint, Trauer ist ein Marathon. Und auf dieser Strecke gab es Stellen, an denen es besser lief, und andere, an denen ich kaum Luft bekam.

Quelle: “Hard Land”

Ein unvergesslicher Sommer für Sam

„Hard Land“ spielt im Jahr 1985 in einer Kleinstadt in Missouri. Dort lebt der schüchterne Teenager Sam mit seiner Familie. Er hat mit vielen Problemen zu kämpfen. Seine Mutter hat einen Gehirntumor. Seine Schwester macht Karriere in Los Angeles und meldet sich kaum noch bei ihrer Familie. Außerdem ist sein bester Freund weggezogen. Sam fühlt sich einsam und findet nur schwer Kontakt zu Gleichaltrigen. 

Spontan beschließt er, im Sommer einen Ferienjob in einem alten Kino anzunehmen. Dort arbeiten auch Kirstie, Cameron und Hightower. Sie sind etwas älter als Sam, haben die Highschool bereits abgeschlossen und werden nach dem Sommer Missouri verlassen, um aufs College zu gehen. 

Auch sie kämpfen auf ihre Weise mit dem Leben. Der Schwarze Baseballstar Hightower ist sensibel, hat früh seine Mutter verloren und wird immer wieder mit Rassismus konfrontiert. 

Cameron hat einen sehr reichen Vater, der die Zukunft seines Sohnes bereits geplant hat. Es fällt Cameron schwer, sich von ihm zu emanzipieren. Zudem ist er bisexuell, was in den 1980er-Jahren in Missouri keineswegs der Norm entspricht. 

Kirstie wirkt auf den ersten Blick tough, klug und selbstbewusst. Doch auch sie ist verletzlich, unsicher und wirkt in manchen Situationen verloren. 

Die drei Highschool-Absolventen nehmen Sam in ihre Clique auf. Gemeinsam verbringen sie einen unvergesslichen Sommer in der Kleinstadt und erleben viele kleine und große Abenteuer. Danach ist für Sam nichts mehr wie vorher.

Freundschaften in der Schule sind wie Freundschaften im Knast: Man weiß erst draußen im richtigen Leben, was sie wert sind.

Quelle: “Hard Land”

Auf so vielen Ebenen unglaublich gut

Obwohl ich derzeit kaum eine freie Minute in meinem Alltag habe, schaffte ich es, „Hard Land“ in wenigen Tagen zu lesen – ich habe jedes Zeitfenster genutzt. Benedict Wells brilliert auf so vielen Ebenen. Seine Sprache ist wunderbar, seine Charaktere sind facettenreich, seine Geschichten haben Tiefgang. Man kann sich durch seine Beschreibungen mühelos in die 1980er-Jahre in den USA zurückversetzen. 

Außerdem bringt er das Buch mit zahlreichen Songverweisen zum Klingen – vor allem Bruce Springsteen taucht häufiger auf. Damit nicht genug: Auch zahlreiche literarische Referenzen sind enthalten. 

Vergleich zu “Der große Sommer”

Ein unvergesslicher Sommer für einen Teenager: Das ist ebenfalls das Thema von Ewald Arenz’ Besteller „Der große Sommer“. Auch bei ihm geht es um die große Liebe und um Trauer. Deshalb musste ich beim Lesen von „Hard Land“ immer wieder an diesen Roman denken. Aber im direkten Vergleich spielt Benedict Wells in einer ganz anderen Liga – die Geschichte ist nuancierter, die Sprache feiner, die Figuren differenzierter. 

Vorerst keine neuen Werke von Benedict Wells

„Hard Land“ gehört deshalb zu meinen absoluten Lieblingsbüchern. Benedict Wells ist definitiv der männliche Autor aus Deutschland, der meiner Meinung nach momentan die besten Romane schreibt. Umso schlimmer ist es, dass er vergangenes Jahr beschlossen hat, erst einmal keine neuen Werke mehr zu veröffentlichen und ein Studium zu beginnen. 

Zum Glück habe ich manche seiner älteren Werke noch nicht gelesen. Dazu gehören „Fast genial” und Becks letzter Sommer”. Es ist ein kleiner Trost.

Kind sein ist wie einen Ball hochwerfen, Erwachsenwerden ist, wenn er wieder herunterfällt.

Quelle: “Hard Land”
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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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