Buchkritik: “Das Herzenhören” von Jan-Philipp Sendker
“Das Herzenhören”: viel zu viele Adjektive
Es tut mir wirklich leid, diese Buchkritik über “Das Herzenhören” von Jan-Philipp Sendker zu schreiben. Eine gute Freundin hat mir diesen Roman sehr empfohlen. Nun, nach 131 Seiten, muss ich jedoch ehrlich sagen: Ich kann das Buch nicht zu Ende lesen. Die Geschichte ist abstrus, es wimmelt nur so von Adjektiven und Beschreibungen. Das Schöne ist außerdem so sehr gewollt, dass genau das verloren geht.
Burma statt Boston
Jan-Philipp Sendker war viele Jahre als Auslands-Korrespondent für den “Stern” in Asien. Diese Erfahrungen haben ihn wohl zu dem Plot animiert: Eine junge, erfolgreiche New Yorker-Anwältin, Julia, reist nach Burma, wo sie ihren verschollenen Vater vermutet. Er verließ eines Morgens die Familie, sagte, er müsse nach Boston, wo er jedoch nie ankommt. Seine Spur verliert sich zunächst in Thailand. Dann taucht Jahre später ein Brief auf, der vermuten lässt, dass er in einem kleinen Dorf in Burma ist. Julia fliegt deshalb dorthin und lässt sich von einem alten Mann in einem Café die Geschichte ihres Vaters erzählen.
Puuhhhh!
Das Hauptproblem an diesem Roman ist: Sowohl die Geschichte als auch die Stilistik ist überladen. Alles ist völlig gefühlsduselig. Also nicht, dass ich per se etwas gegen Gefühle hätte – im Gegenteil, ich mag es, wenn mich Geschichten berühren und in ihren Bann ziehen. Aber beim Roman “Das Herzenhören” kommt der Verdacht auf, dass der Autor zu Beginn vor leerem Papier saß und sich dachte: “Ich möchte nun gerne ein schönes Buch schreiben”. Und dann alle dafür erforderlichen Zutaten zusammenwarf: eine emotionale Geschichte, aussagekräftige, überladene Wörter und sehr atmosphärische Beschreibungen. Leider kommt die Eleganz auf Knopfdruck nicht.
Ganz schön viel Drama
Vielleicht würde der Roman funktionieren, wenn der Plot oder zumindest die Charaktere interessant wären. Aber da verlieren sich Erzählungen in Erzählungen von bemitleidenswerten Figuren. Alle hart getroffen vom Schicksal. Im Hauptstrang wird ein kleiner Junge von seinen Eltern verlassen, erblindet, ist aber total schlau. Er verliebt sich dann in seiner Jugend in ein Mädchen, das nur krabbeln kann. Eine Behinderung ist der Grund, warum sie nicht laufen kann. An dieser Stelle brach ich ab. Es war mir schlichtweg zuviel.
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Anscheinend habt ihr nicht verstanden, was der Autor wirklich kommunizieren wollte.
Eine einzige große Metapher ist dieses Buch. “Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar”. Ja, es ist sehr überladen, sehr “viel”, aber letztendlich geht es nur um eines. Zu lernen, mit dem “Herzen zu hören”, sich nicht nur auf den Verstand zu verlassen, was man “glaubt zu sehen”, was nichts anderes ist, als die Welt gefiltert durch unsere ganz ureigene Brille zu sehen.
Mi Mi ist ihm die Augen, Tin Win ist ihr die Füße, Gemeinsam verbindet sie die Liebe, wie wir alle sie nicht wirklich leben können. Es spiegelt sich im “Hohelied der Liebe” wider:
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Die Liebe ist langmütig, / die Liebe ist gütig. / Sie ereifert sich nicht, / sie prahlt nicht, / sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig, / sucht nicht ihren Vorteil, / lässt sich nicht zum Zorn reizen, / trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht über das Unrecht, / sondern freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles, / glaubt alles, / hofft alles, / hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf.
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Alles das, verstehen wir Menschen kaum, bis gar nicht. Können es nicht leben. Und daher wirkt dieses Buch “zuviel”, zu “überladen”, zu “kitschig”.
Dabei geht es nur um schlichte Dinge. Leben im Augenblick. Hören mit dem Herzen. Lieben ohne Erwartungen.
Aber wer von uns kann das schon?
LG
Nicole
Schade für dich, dass du vor dem schönsten Teil des Buches abgebrochen hast..
Mir hat es leider nicht gefallen. Ist aber natürlich Geschmacksache ☺️