22. November 2020

Heimat: “Ein Nachmittag im Leihladen Karlsruhe”

„leih.lokal“ + „Frei_Räume“ Karlsruhe: sharing is caring

Es nieselt und ist ungemütlich, als ich an diesem Herbsttag mein Fahrrad an der Hauswand der Gerwigstraße 41 abstelle. Durch das Schaufenster sehe ich in einem hellen Raum einen Mann an einem Laptop sitzen. Ein knallrotes Bobbycar hängt an einem silbernen Fleischerhaken an der Wand – in einer Reihe mit einem schnittigen Snowboard und einem weißen Ventilator.

Seit Anfang Oktober befindet sich in der ehemaligen Metzgerei Bässler ein Leihladen, den die Bürgerstiftung Karlsruhe ins Leben gerufen hat. Außerhalb der Öffnungszeiten können die Räume außerdem von Vereinen und Ehrenamtlichen kostenlos gemietet werden. Für Konzerte, Lesungen oder zu gemeinsamen Kochevents in der großen Küche. Ich möchte mehr über das Konzept dieses Share-Economy-Projekts wissen und trete ein.

Leihen statt kaufen

Der Herr, der am Laptop sitzt, ist Klaus Ackermann. Er hat das A&S Bücherland in der Oststadt mit aufgebaut und ist nun im Leihladen aktiv. „Das ist nur die Deko“, sagt er, als er meinen neugierigen Blick in Richtung Richtung Bobbycar und Snowboard wandern sieht. „Wir haben im Hinterhof einen 46 Quadratmeter großen Raum, in dem mehr als 300 Leih-Gegenstände lagern“, sagt er dann und führt mich in den Hinterhof.

Dort wo früher die Wurstküche der Metzgerei Bässler war, stehen in den Regalen nun die unterschiedlichsten Dinge. Schokobrunnen, Kinderreisebetten, Mixer, ein Plattenspieler und ein VHS-Rekorder. Alles klar strukturiert, mit Nummern versehen. Klaus Ackermann hat jeden einzelnen Gegenstand außerdem fotografiert und auf der Webseite des Leihladens hochgeladen. So können Interessierte jederzeit online sehen, was gerade verfügbar ist und was nicht.

Die grundsätzliche Idee hinter dem leih.lokal: Es bietet selten gebrauchte und gut erhaltene Gegenstände für die Bereiche Heimwerker, Haushalt, Kinder und Freizeit – für eine Woche, mit der Option, zweimal verlängern zu können. Kostenlos, nur einen Pfandbetrag zwischen 5 und 20 Euro müssen die vorübergehenden Besitzer hinterlegen. Textilien, Bücher, CDs oder DVDs gibt es im Leihladen dagegen nicht.

Die Dauerbrenner!

Klaus Ackermann verwaltet an diesem Nachmittag am Laptop gerade die Liste, in der vermerkt ist, was weg und was wieder zurück ist. „Vor allem vor und nach dem Wochenende ist am meisten bei uns los“, erzählt er. Die Ausleih-Dauerbrenner: der Entsafter, die Stichsäge oder das Waffeleisen. „Die Bohrmaschine dagegen ist fast immer hier, sie scheint wohl in den meisten Haushalten vorhanden zu sein“, mutmaßt er.

Für eine lebenswerte Stadt

54 Jahre lang produzierte die Metzgerei Bässler Wurst und Fleisch, zunächst in der Sophienstraße in Karlsruhe, dann in der Gewigstraße 41. Um an sie zu erinnern, hängen im vorderen Raum mehrere Bilder – ein Porträt des Ehepaars und Fotos aus den ehemaligen Produktionsstätten. Ein Nachfolger für die Metzgerei fand sich nicht, deshalb übernahm die Bürgerstiftung Karlsruhe die Räume. “Wir möchten Menschen zusammenbringen und die Stadt liebens- und lebenswerter machen”, sagt Klaus Ackermann.

In der Gerwigstraße 41 ist nun auch das Reparatur Cafe regelmäßig zu Gast, dann wird gewerkelt und geschraubt. Außerdem soll es bald einen Klavierflügel geben, damit Konzerte stattfinden können. “Wir sind noch am Anfang und freuen uns über jeden, der bei uns vorbeikommt”, sagt Klaus Ackermann. Nur wenige Sekunden später geht die Tür auf, eine Frau kommt herein. Ein Massagegerät möchte sie zurückbringen. “Und, hat es gewirkt?”, fragt der Leihladen-Mitarbeiter. Die Frau lacht.

Ich muss nun weiter, raus in den Nieselregen. Aber ich komme wieder.

Infos:
Der Leihladen ist in der Gerwigstraße 41 in Karlsruhe.
Die Öffnungszeiten: Montag, Donnerstag und Freitag: 15 bis 19 Uhr. Samstag: 11 Uhr bis 16 Uhr.

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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