Flimmerkasten: “Paterson”
“Paterson”
“Paterson”: Eine Wohltat, dieser Film!
Busfahrer Paterson (Adam Driver) dichtet am liebsten am Wasserfall. Dort setzt er sich auf eine Bank, packt ein kleines Notizbuch aus seiner klobigen Tasche, zückt einen Stift und schreibt seine poetischen Gedanken nieder. Er denkt dabei an Laura (Golshifteh Farahani), seine Ehefrau und Muse. Mit ihr führt er ein beschauliches Leben in einer amerikanischen Kleinstadt, die ebenfalls Paterson heißt.
Sieben Tage lang zeigt Regisseur Jim Jarmusch in seinem neuesten Film „Paterson“ das Leben des poetischen Busfahrers. Vom frühen Aufwachen kurz nach sechs Uhr bis hin zum Gute-Nacht-Bier in der Kneipe. Das ist an Handlungsarmut kaum zu überbieten, eine Dramaturgie ist nur rudimentär vorhanden. Das macht aber gar nichts: „Paterson“ ist ein wunderschöner Film, der trotz der fehlenden Dynamik keineswegs langatmig ist. Im Gegenteil: Es ist eine große Wohltat, dieses entschleunigte und so liebevoll gestaltete Werk von Jim Jarmusch zu schauen.
Alles ist perfekt!
„Paterson“ lebt von dem perfekten Zusammenspiel der Schauspieler, ihren Dialogen und die ins kleinste Detail durchdachte Kulisse. Es ist eine Augenweide, wie das lockige und widerspenstige Haar von Laura gezähmt auf das Kissen drapiert ist und sich ihre Liebe zu Schwarz-Weiß-Mustern konsequent durch den ganzen Film zieht. Auch das Verhältnis zu ihrem Ehemann Paterson ist voller Zuneigung. Während sie tagsüber das Haus immer wieder aufs Neue umgestaltet, experimentelle Menüs kocht (Tarte mit Rosenkohl gefüllt), erträgt er all das mit stoischer Ruhe, verdient das Geld – und unterstützt ihre naiven Pläne für ein Cupcake-Imperium, bezahlt ihr außerdem die teure Gitarre für eine erträumte Gesangskarriere.
Meta!
Die Handlung von „Paterson“ ist auch deshalb so außergewöhnlich, weil Jim Jarmusch den Film selbst wie ein Gedicht angelegt hat, die sieben Tage sind wie sieben Strophen. Es entsteht so ein Gedicht im Gedicht. Auch wenn sich vor allem die Tage von Paterson kaum unterscheiden (es gibt immer runde Cerealies zum Fruhstück, die Route mit dem Bus ist immer dieselbe, der Ausklang ist in der Kneipe), sind es doch feine Nuancen, die sie letztlich anders, besonders machen. So unterscheiden sich beispielsweise die Gespräche der Fahrgäste, an einem Tag geht der Bus kaputt, an einem anderen kommt es zum Aufruhr in seiner Stammkneipe.
Eine Oase in dieser turbulenten Welt
Am Wochenende gehen Laura und Paterson ins Kino, konsequenterweise in einen Schwarz-Weiß-Film. „Es ist wie eine Reise ins 20. Jahrhundert“, kommentiert Laura danach. So fühlte ich mich auch ein wenig beim Schauen dieses Films. Paterson führt ein Leben ohne Smartphone, ohne Hektik, ohne Stress. Laura und er haben sich friedlich und unaufgeregt in einer turbulenten Welt eingerichtet. „Paterson“ machte mich so auch ein wenig melancholisch. Am liebsten hätte ich danach mein Handy aus dem Fenster geschmissen.
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