Kurioses in Karlsruhe: “Einbrecher”
Keine Zeit fürs Putzen
Ich muss gestehen: Ich hätte gerne eine Putzfrau. Nicht weil ich zu faul zum Aufräumen bin. Nein, das ist es ganz und gar nicht. Wirklich. Es ist eher eine Frage dieser sogenannten Priorisierung. Denn in meinem Alltag finden sich sehr schlecht Zeitfenster für Dinge wie Kleiderberge sortieren, Geschirr in Schränke räumen oder Schreibkram sortieren. Schließlich muss ich außerhalb meines 40-Stunden-Jobs auch mal abhängen und ganz wichtig: soziale Kontakte pflegen. Von diesen Lebensmittel-Einkäufen mal ganz abgesehen.
Tunnelblick am Freitag
Am Sonntagabend sieht meine Wohnung meist noch ganz in Ordnung aus. Denn übers Wochenende finde ich schon mal ein Minütchen, in dem ich grob den Boden staubsaugen oder zumindest an den hellsten Ecken abstauben kann. Dann verschlechtert sich der Zustand aber zunehmend. Nach der Arbeit bin ich abends zu müde, um meine getragenen Kleider aufzuräumen, morgens habe ich einfach keine Zeit dafür. Das Resultat: Strumpfhosen, Röcke, Pullis, Kleidchen, gestreift, gepunktet, unifarben. Alles verteilt sich wohldosiert über 50 Quadratmeter.
Spätestens am Freitag laufe ich nur noch mit Tunnelblick durch meine Zimmer, nur aufs Wesentliche konzentriert, das Chaos einfach ignorieren. So lautet an diesen Tagen meine Devise. Bislang störte das niemanden. Außer meinen Vater. Aber der kommt glücklicherweise nie unangekündigt vorbei. Das tut er seinen Nerven nicht an. Sagt er.
Chaos am Morgen
Nun gab es aber diesen einen Morgen, an dem leider alles außer Rand und Band geriet. Ich war wieder zu spät dran und suchte verzweifelt die passenden Schuhe für mein Outfit. Irgendwie waren diese Sneakers im Schuhschrank nach unten gerutscht. Bis ich das bemerkte, hatte ich aber schon etwa sieben andere Paar anprobiert und lose im Flur verteilt. Diverse Schranktüren standen offen und nun ja, das Bett hatte ich auch mal wieder nicht gemacht. Man könnte sagen: Es sah ein wenig wild aus, als ich das Haus verließ.
Einbrecher!
Damit wars leider nicht genug, es gab dann diesen Dominoeffekt: Meine Wohnungstür rastete nicht richtig ein, als ich sie in der Hektik zuzog. Sie ging einfach wieder auf. Als mein Nachbar das als Erster bemerkte, schaute er kurz in den Flur, sah das Chaos, bekam einen Schreck – und rief die Polizei. Einbrecher sind im Haus. Er war sich sicher. Die Polizisten eilten herbei und inspizierten meine Wohnung genau – während ich seelenruhig bei der Arbeit saß und nichts Böses ahnte.
Zettel im Briefkasten
Mit meiner Unbekümmertheit war es dann schlagartig vorbei, als ich Zuhause ankam, den Briefkasten öffnete und mir mal wieder ein kariertes Zettelchen entgegen fiel. In Handschrift stand darauf: „Liebe Frau Steinbach, aufgrund der Situation in Ihrer Wohnung ist davon auszugehen, dass Einbrecher am Werk waren – bitte melden Sie sich im Polizeipräsidium in der Hebelstraße.“ Die Telefonnummer war freundlicherweise daneben gekritzelt. Ach du grüne Neune, mein Herz pochte. Einbrecher!!!! Hilfe. Langsam kämpfte ich mich Stufe um Stufe durch das Treppenhaus zu meiner Wohnung hoch. „Was wohl alles fehlt?“ Ich nahm gedanklich Abschied von meinem MacBook und meiner Spiegelreflex-Kamera. Aber die beigen Sessel für fünf Euro von Kashka haben sie mir bestimmt gelassen, dachte ich optimistisch.
Verzerrte Statistik
Vorsichtig machte ich dann die Tür auf, schaute erst nach rechts in die Küche, dann nach links ins Wohnzimmer, Erleichterung, niemand mehr da. Dafür aber mein Laptop, meine Kamera und auch ansonsten sah alles genau so aus, wie ich es am Morgen verlassen hatte. Das ganz normale Chaos. Moment. Es ratterte in meinem Kopf. Oh. Oje. Ooooooo. Ein Missverständnis.
Beim Polizeipräsidium habe ich mich nie gemeldet. Auch um den Nachbarn machte ich erstmal einen großen Bogen, mein Bedarf an Erklärungen war gering. Was bleibt, ist die Erkenntnis: Die Einbruchsstatistik im Stadtgebiet ist nun leicht verzerrt.
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So eine herzlich schöne, ehrliche Geschichte. Bleib wie du bist!
Danke, Linda! :)