Heimat: “Ein Abend bei Susanne in der ‘Offenen Küche'”
Gemeinsames Essen mit Unbekannten
Eine grüne Quiche mit Spargel, Lauch und Erbsen steht neben einem Quinoa-Kichererbsen-Salat auf dem rustikalen Holztisch. Geröstete Karotten liegen mit Cashews auf einer länglichen Schale. Auf dem Herd wartet ein großer Topf, in dem der Inhalt munter vor sich hin köchelt. „Darin ist ein afrikanischer Eintopf mit Süßkartoffeln, Linsen und Spinat“, erzählt Susanne, als wir alle in ihrem Esszimmer Platz genommen haben und mit Begeisterung auf die Leckereien blicken, die sie für uns gezaubert hat. Es sieht fantastisch aus.
Zehn Gäste sind wir an diesem Freitagabend, die Susanne in ihrer „Offenen Küche“ in Knielingen bekocht. Das Besondere daran: Ich kenne nur meine beiden Freundinnen und Sebastian Heck, der an diesem Abend mitgekommen ist, um die Fotos zu machen – ansonsten sind mir alle anderen Gäste unbekannt. Die bunte Mischung ist Teil des Konzepts der „Offenen Küche“. „Ich koche gerne und mag es, gemeinsam mit anderen zu essen und mich mit unterschiedlichen Menschen zu unterhalten“, erklärt die Grafikerin die Grundidee.
Experimente in der Küche
Dass nun seit einem halben Jahr auch unbekannte Gäste bei ihr ein- und ausgehen, war jedoch weniger gezielt geplant, sondern entwickelte sich von alleine. Es passierte einfach. „Mein ältester Sohn entschied sich vor Jahren zuerst zum Vegetarierer, dann zum Veganer zu werden“, erklärt sie. Dadurch probierte Susanne viel in der Küche aus. Tüftelte an orientalischen Menüs, kochte asiatisch oder auch mal afrikanisch. Ihre leckeren und außergewöhnlichen Kochkünste stießen auf große Begeisterung, lockten außer ihrer Familie immer mehr Freunde an ihren Tisch. „Als diese dann fragten, ob sie weitere Bekannte mitbringen können, machte ich mir einen Blog, um einen Überblick behalten zu können“, sagt Susanne mit einem Lächeln. Außerdem legte sie eine feste Zeit fest: freitags ab 18.30 Uhr.
Ein göttlicher Christstollen
Ganz fremd sollten die Gäste jedoch nicht sein. Es funktioniert vielmehr nach dem Schnellball-Prinzip. „Jeder, der einmal da war, darf beim nächsten Mal wieder jemand Neues mitbringen“, erläutert sie. Isabel, die an diesem Abend neben mir am Tisch sitzt und mich einlud, schaut bereits zum dritten Mal vorbei. „Susanne und ich haben früher zusammen gearbeitet“, erzählt sie. Nun tauschen sie sich bei den Essen über Neuigkeiten aus. „Als ich in der Vorweihnachtszeit kam, gab es einen orientalischen Stollen mit Feigen, Datteln, Schoko und Nüssen – das war göttlich“, erinnert sich Isabel, während sie sich ein Kartoffel-Bällchen auf den Teller legt und sich dann von dem selbst gepressten Apfelsaft einschenkt.
Jeder gibt, was er mag
Preise gibt es bei Susanne nicht. Jeder kann soviel essen wie er möchte und selbst entscheiden, ob er etwas geben will. Das kann eine Flasche Wein sein oder auch Geld, das man durch einen Schlitz in einen Globus wirft. „Wir planen ein Sabbat-Jahr und sparen auf eine Weltreise“, erklärt die Grafikerin. Aber das Geben ist kein Muss, Gäste können auch einfach so kommen und mitessen.
Begeisterte Stammgäste
Ariane und Renate sind Stammgäste bei Susanne. „Wir sind schon lange befreundet“, erzählt Ariane. Immer wieder freue sie sich aber von Neuem, wenn sie an dem rustikalen Tisch Platz nehmen kann. „Es ist so gesellig und nett hier“, fasst Renate zusammen. An diesem Abend geht es um Themen wie den Pfennigbasar, den Kinofilm „Die Blumen von gestern“ und auch ein herrenloser Koffer, der im ECE-Center für Unruhe sorgte, ist Gesprächsstoff.
Die Zeit vergeht rasend schnell. Als nach 2,5 Stunden alle gemeinsam den Tisch abräumen, zaubert Susanne noch eine Überraschung aus dem Tiefkühlfach. Veganes Birneneis mit Papaya – ein Abend könnte nicht besser zu Ende gehen.
Infos unter www.offenekueche.wordpress.com
Mehr Informationen zu Sebastian Heck hier:
www.sebastianheck.com und https://www.facebook.com/SebastianHeckPhotography/?fref=ts
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