Schmöker: “Sterben” von Karl Ove Knausgård
“Sterben” von Karl Ove Knausgård: Einblick in die Seele eines Norwegers
Zwischen Kot, Urin und leeren Flaschen stirbt sein Vater. Es ist ein Bild des Grauens, das sich Karl Ove Knausgård bietet, als er mit seinem Bruder zu dem Haus fährt, wo ihr Vater zuletzt lebte. Alles ist vermüllt, es stinkt bestialisch und die Großmutter, die als Erste den Toten in einem Sessel fand, steht völlig neben sich. Bei Karl Ove Knausgård kommen Erinnerungen hoch: an die Kindheit, die Jugend und das schwierige Verhältnis mit dem Vater. Gefühlskalt war der Alkoholiker, desinteressiert, stur und selbstzerstörerisch.
Das Leben in sechs Bänden
„Sterben“ ist der Beginn eines Wahnsinns-Projekt: Der norwegische Schriftsteller (Jahrgang 1968) hat sein Leben festgehalten – verteilt auf sechs Bände. Im Original heißt der Auftaktroman „Min Kamp“. Einen ausgeklügelten Plot gibt es nicht. Vielmehr sind die sechs Bände thematisch gegliedert. Die weiteren bereits veröffentlichten Teile heißen „Lieben“, „Spielen“ und „Leben“. Ich bin nach dem ersten Band süchtig nach Karl Ove Knausgårds Erzählungen – und einfach unendlich begeistert.
Die Faszination des Normalen
Es ist kein sehr außergewöhnliches Leben, das der Norweger führt, aber das braucht es auch nicht, um interessant zu sein. Es geht vielmehr um die Besonderheit des Normalen. Um Authentizität und Ehrlichkeit. Er lässt beispielsweise einen Blick zu in die Seele eines typischen Heranwachsenden und Studenten. Wie sind die ersten Schuljahre, welche Gedanken kreisen einem pubertierenden Jungen im Kopf, wenn er das erste Mal verliebt ist. Und wie fühlt sich der erste Alkoholrausch an?
Karl Ove Knausgård lebt in einer Familie, in der es viele Probleme gibt. Seine Eltern verstehen sich nicht mehr, trennen sich. Sein Vater beginnt zu trinken, hört nie mehr auf. Der Schriftsteller muss mit ansehen, wie er sich selbst zerstört, ohne ihm helfen zu können. Das sind menschliche Abgründe, die nicht leicht zu lesen sind. Die vielmehr bedrücken, einen in finstere Stimmungen ziehen. Eigentlich mag ich so etwas nicht. Das Buch wegzulegen, kam mir trotzdem nie in den Sinn – egal wie düster es war. Ich wollte den Norweger weiter begleiten, wissen, wie er diese schwere Zeit übersteht, wo er wieder Sinn und Zuversicht findet.
Nur eine kurze Pause
Als ich am Sonntag die letzte Seite von „Sterben“ las, war ich fast ein wenig traurig. Es muss zum Glück kein langer Abschied bleiben, es gibt schließlich noch fünf Bände von “Min Kamp”.
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Bei mir ist es anders. Ich mag ihn (gerade) nicht mehr lesen. Kann sein, dass sich das wieder ändert, wird sich zeigen. Die ersten 200 Seiten fand ich ja auch gut, aber dann … Gerade lese ich eine andere Biographie, über die ich sicher in Kürze auch eine Rezension schreiben werde, die ich extra langsam lese, wenn Du verstehst.