7. November 2020

Flimmerkasten: “Die Unsichtbaren”




Kritik: “Die Unsichtbaren”: Ein berührender Film!

Sie flitzen. 1943 machen sich 7.000 Juden in Berlin unsichtbar. Sie verlassen ihre Wohnungen, entfernen ihren gelben Stern von den Mänteln, übernachten bei Bekannten oder auf der Straße. 1945 haben 1.500 von ihnen überlebt – vier von ihnen erzählen in dem Film „Die Unsichtbaren“ ihre Geschichte. Das ist unfassbar spannend und bewegend.

Regisseur Claus Räfle schafft es, mit einer Mischung aus Dokumentation und Spielfilm den Blick auf die Mutigen im Dritten Reich zu lenken. Völlig überwältigt sitze ich am Ende in meinem Kinosessel – berührt von all der Menschlichkeit, die es vereinzelt abseits der Linientreue doch noch gab.

Wie erging es den Juden, die ihre Identität ablegten?

Unzählige Filme und Dokumentationen habe ich bereits über das Dritte Reich gesehen, so viele Bücher gelesen – braucht es da noch mehr? Weiß ich nicht längst über alle Facetten Bescheid? Nein. Als ich vor wenigen Tagen bei „Titel Thesen Temperamente“ den Bericht über „Die Unsichtbaren“ sehe, steht für mich innerhalb weniger Sekunden fest: Ich muss diesen Film im Kino sehen – so schnell wie möglich.

Schließlich habe ich mich mit den jüdischen Menschen, die in Deutschland während des Zweiten Weltkrieges untergetaucht sind, bislang nicht eingehend genug beschäftigt. Wie erging es den Menschen, die nicht ins Ausland reisten, sondern ihre Identität innerhalb der Nazi-Diktatur ablegten?

Illegal in Berlin

Claus Räfle erzählt die Geschichten von Cioma, Ruth, Hanni und Eugen. Sie sind alle junge Erwachsene, leben größtenteils noch bei ihren Eltern und entscheiden sich, als ab 1941 alle noch in Berlin lebenden Juden deportiert werden sollen, dafür, in Berlin unterzutauchen. Da sie nicht dauerhaft bei Freunden oder Bekannten bleiben können, beginnt für sie ein Leben in ständiger Angst.

Hanni hat oft nachts keinen Schlafplatz, läuft dann stundenlang durch die Straßen, selbst im Winter bei eisigen Temperaturen. Cioma ergeht es zunächst etwas besser, er verdient durch das Fälschen von Pässen Geld und hat Platz in einer Werkstatt gefunden. Durch seine chaotische Art kommt es dann aber zu Komplikationen – er wird daraufhin steckbrieflich gesucht.

Ruth arbeitet für die Familie eines deutschen Funktionärs. Er stellt sie ein, trotz des Wissens, dass sie Jüdin ist. Eine paradoxe Situation ergibt sich, als seine Kollegen zum Abendessen kommen und Ruth sie bedient. Eugen kommt bei verschiedenen Freunden seiner Eltern unter und engagiert sich mit ihnen im Widerstand.

Ein Film, den jeder sehen sollte

„Die Unsichtbaren“ ist rundum gelungen. Der Film unterhält, ist klug, zeigt die Grausamkeiten der Nazis auf, aber zeichnet nicht nur schwarz. Vielmehr lässt er Raum für die Lichtblitze, die es gab, für all die Mutigen und Unbeugsamen, die sich nicht anpassten, die Herz hatten und halfen.

Auch die Mischung aus Doku- und Spiefilmelementen ist geglückt und holpert keineswegs. Geschickt fließen die Geschichten ineinander über. „Die Unsichtbaren“ ist ein Film, den jeder sehen sollte – er erinnert, ohne erhobenen Zeigesfinger. Und er ermutigt mich erneut dazu, mich immer wieder für das Gute und die Menschlichkeit einzusetzen.

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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