Flimmerkasten: “Little Women”
“Little Women”: Greta Gerwigs Film über vier Schwestern
„Machen Sie es kurz und pikant. Und wenn die Hauptfigur eine Frau ist, sollte sie am Ende verheiratet sein.“ Als Nachwuchsschriftstellerin Jo March (Saoirse Ronan) dem Verleger in seinem Büro gegenübersitzt, ihm ihre Geschichte anbietet, macht er ihr klar, was die Menschen im 19. Jahrhundert lesen wollen: Eine romantische Liebesgeschichte, die ihre Erfüllung in der Ehe findet. Ende gut, alles gut. Oder?!
Nicht ganz. Für die widerspenstige Jo ist das völlig unverständlich. Sie selbst strebt nach einem freien Leben – ohne Abhängigkeit von einem Mann.
Jo steht im Mittelpunkt von „Little Women“, dem neuesten Film von Greta Gerwig. Von ihr bin ich seit „Frances Ha“ großer Fan. Sie ist für mich eine Lichtgestalt in der künstlichen Hollywood-Blase – eine starke Frau mit kritischen Gedanken und interessanten Projekten.
Enges Korsett für Frauen
Little Women” basiert auf dem gleichnamigen Roman von Louisa May Alcott. Er erschien in zwei Teilen mit den Titeln „Little Women“ und „Good Wives“ in den Jahren 1868 und 1869. Die Autorin verarbeitete in ihren Büchern viele eigene Erfahrungen. Greta Gerwig vermischt beide Teile und springt zwischen den Zeiten hin und her.
„Little Women“ ist eine Coming-of-Age-Geschichte der insgesamt vier March-Schwestern. Von Jo, Meg (Emma Watson), Beth (Eliza Scanlen) und Amy (Florence Pugh). Sie wachsen im 19. Jahrhundert während des Sezessionskrieges in Neuengland auf. Zu dieser Zeit herrschen noch starre Geschlechterrollen. Frauen sind wirtschaftlich von Männern abhängig. Statt Karriere zu machen, kümmern sie sich um Haushalt und Kinder. Wie groß die Unzufriedenheit mit diesem einschränkenden Leben sein kann, bringt die Mutter (Laura Den) der vier Schwestern auf den Punkt. „Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht wütend bin“, sagt sie einmal zu Jo.
Das männliche Familienoberhaupt kämpft im amerikanischen Bürgerkrieg für sein Vaterland. So meistern die Frauen den Alltag allein, haben ein großes Herz und engagieren sich sozial. Finanziell unterstützt werden sie von ihrer reichen Tante March (Meryl Streep).
Jo kämpft für ein selbstbestimmtes Leben
Die Schwestern sind sehr unterschiedlich. Während Jo leidenschaftlich ihre Karriere als Schriftstellerin verfolgt und nächtelang leere Blätter mit Tinte füllt, träumt Meg von einer Liebesheirat und Kindern. Amy hingegen wünscht sich einen guten Mann, um finanziell abgesichert zu sein. Beth ist zurückhaltend und spielt gerne Klavier.
Unruhe in ihr Leben bringt der aufgeweckte Nachbarsjunge Laurie (Timothée Chalamet), der mit seinem Onkel Mr. Dashwood in einem vornehmen Haus gegenüber den Marchs wohnt. Vor allem Jo freundet sich schnell mit ihm an. Doch während Laurie für sie nur ein guter Freund ist, schmachtet ihre kleine Schwester Amy ihn an.
Das Schöne an dem Film: Greta Gerwig lässt ihren Protagonisten viel Raum, wertet nicht, sondern zeigt verschiedene Perspektiven. „Little Women“ gibt einen Einblick, wie unterschiedlich junge Frauen mit ihren Bedürfnissen und Wünschen in einer von Konventionen geprägten Gesellschaft zurechtkommen müssen – und wie schwer es für Jo ist, ihr selbstbestimmtes Leben zu verwirklichen. Aber auch, wie schwierig es für Meg ist, einen Mann an ihrer Seite zu haben, der nicht genug Geld verdient. Und wie Amy zwischen Sicherheit und Risiko abwägen muss.
Hinein ins wahre Leben
„Little Women“ begleitet die Schwestern beim Erwachsenwerden und lässt sie auf ihre ganz eigene Weise in der Realität ankommen. Das ist visuell wunderschön anzusehen: Die adretten Schauspielerinnen tragen hübsche Kostüme und bewegen sich in einer zauberhaften Kulisse. Alles stimmt.
An manchen Stellen zieht sich die Geschichte ein wenig, aber nicht so sehr, dass ich es als störend empfunden hätte. Greta Gerwig bringt durch die Zeitsprünge immer wieder Dynamik in die Geschichte, zeigt ihre Kämpfe, aber auch das Band, das sie immer wieder zusammenhält.
Gibt es ein Happy End?
Am Ende schafft Greta Gerwig zudem einen großartigen Moment, in dem Jo wieder im Büro des Verlegers sitzt. Die Ebenen zwischen der Geschichte im Film und der Biografie der Autorin von „Little Women“ verschwimmen. Wird die Schriftstellerin ihrer Protagonistin und damit sich selbst ein Happy End bescheren? Jo hat es in der Hand. ….
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