Serienkritik: “Zwei an einem Tag”
Netflix-Serie “Zwei an einem Tag”: So berührend wie das Buch
Von Literaturverfilmungen bin ich meistens enttäuscht, vor allem, wenn sie Geschichten aus Büchern erzählen, die ich sehr gerne gelesen habe. Erst kürzlich ärgerte ich mich, dass ich an der Kinokasse Geld für „Was man von hier aus sehen kann“ ausgegeben habe – das Buch war wunderbar, der Film dagegen eine Zumutung.
Ähnlich erging es mir 2011 mit dem Kinofilm „Zwei an einem Tag“, der auf dem Megabestseller von David Nicholls basiert. Viel zu schnell und oberflächlich zeigte er die berührende Geschichte von Emma und Dexter.
Hatte ich beim Lesen des Buches noch so mitgefiebert und mitgelitten, rauschte der Film mit Anne Hathaway und Jim Sturgess nur so an mir vorbei. Enttäuscht verließ ich damals das Kino und hatte nie wieder das Bedürfnis, mir den Film ein zweites Mal anzusehen.
Nun ist Anfang Februar die Netflix-Serie „Zwei an einem Tag“ erschienen. Im Gegensatz zum Film nimmt sie sich viel Zeit, um die Liebesgeschichte zu erzählen – 14 Folgen sind es. Und keine ist zu viel. Die Serie fängt den Zauber des Buches perfekt ein – dank eines tollen Casts, wunderschöner Bilder und eines großartigen Soundtracks.
Um was geht es in “Zwei an einem Tag”?
Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Emma (Ambika Mod) und Dexter (Leon Wodall), die sich am 15. Juli 1988 auf der Abschlussfeier des College zum ersten Mal begegnen. Während Dexter zu dieser Zeit ein bekannter Frauenschwarm ist, denkt Emma darüber nach, wie sie die Welt verändern kann.
Trotzdem knistert es sofort zwischen den beiden. Emma übernachtet bei Dexter. Doch sie schlafen nicht miteinander. Da Dexter für ein Jahr verreisen will, ist klar, dass es für sie als Paar vorerst keine Zukunft gibt, aber sie tauschen Nummern aus und bleiben in Kontakt.
Die Serie und das Buch erzählen nun über einen Zeitraum knapp 20 Jahren, was an jedem 15. Juli im Leben von Emma und Dexter passiert. Manchmal erleben sie diesen Tag zusammen, manchmal nicht.
Denn ihr Leben verläuft nach dem College sehr unterschiedlich. Dexter steht zunächst auf der Sonnenseite. Er sieht gut aus, kommt aus einer privilegierten Familie und muss sich um Geld keine Sorgen machen. Nach dem Studium fliegt ihm ein Job in der Medienbranche zu. Entsprechend oberflächlich, unsensibel und egozentrisch ist er.
Ganz anders Emma. Sie stammt aus einer Arbeiterfamilie. Während sie im Buch und im Film weiß ist, hat sie in der Serie eine indische Mutter. Ihre beste Freundin Tilly ist ebenfalls eine PoC. Ihre Herkunft wird aber nicht weiter thematisiert. Auch Emmas Familie findet in der Serie keinen Platz
Kritik an der Farbenblindheit
Es ist ein bisschen wie bei „Bridgerton“, die Besetzung ist divers, aber es spielt keine Rolle. Dass die Figuren zum Beispiel im Alltag mit Rassismus zu kämpfen haben, wird ausgeblendet. Das wiederum widerspricht dem Woken-Denken, dass keine Farbe zu sehen, unbewusster Rassismus ist. Ach, es ist alles so kompliziert.
Unabhängig davon: Ambika Mod ist großartig als Emma. Sie schafft es perfekt, Emmas Kämpfe nach dem College wiederzugeben. Auch ihre ständigen Selbstzweifel habe ich ihr sofort abgenommen.
Ein Glücksgriff ist ebenfalls Leon Wodall. Er verkörpert Dexter vor allem zu Beginn genau so versnobt und charakterlich verloren, wie ich ihn mir beim Lesen vorgestellt habe.
Die Serie orientiert sich sehr am Buch
Die Serie hält sich sehr an das Buch, schafft es aber trotzdem, einen ganz eigenen Charme zu verbreiten. Sehr witzig ist unter anderem Emmas Theatergruppe „Sledgehammer“, traumhaft sind die Bilder aus Griechenland und wie beim Buch hatte ich am Ende Tränen in den Augen – da ich nicht spoilern möchte, schreibe ich hier nicht mehr dazu.
Vielleicht ist es richtig, dass tolle Bücher jetzt immer öfter als Serie erscheinen. Auch bei „Normal People“ von Sally Rooney ist das Ergebnis sehr überzeugend.
Durch die Aufteilung in mehrere Episoden bleibt viel mehr Zeit, den Charakteren Raum zur Entwicklung zu geben und Szenen nicht kürzen zu müssen. Selbst für Kleinigkeiten wie einen Sommerregen, das Erklimmen eines Hügels oder Autofahrten bleibt Platz – und das macht zusammen mit der richtigen Musik die Magie aus.
“Zwei an einem Tag” ist toll!
„Zwei an einem Tag“ steht als Serie dem Buch in nichts nach. Ich konnte mich emotional ganz auf diese Liebesgeschichte einlassen und war sehr berührt. Wie schön, dass es nach dem langweiligen Film nun diese tolle Serie gibt.
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