27. Januar 2021

Filmkritik: “Capernaum – Stadt der Hoffnung”

Herzreißend und voller Wucht: Capernaum – Stadt der Hoffnung

Es ist der schräge Kakerlakenmann aus dem Vergnügungspark, der in „Capernaum – Stadt der Hoffnung“ für einen kurzen Moment für Humor sorgt. Der ältere Herr im rosa Ganzkörperanzug setzt sich im Bus zu dem zwölfjährigen Zain, der verzweifelt und planlos aus Beirut weg will. Mutterseelenallein.

Nur einen blauen Müllsack hat er bei sich, in den er seine Habseligkeiten gestopft hat. Etwas zum Anziehen, ein paar Geldscheine, mehr nicht. Seine Eltern haben ihn aus dem Haus geprügelt, als er seine jüngere Schwester beschützen wollte. Der Kakerlakenmann interessiert sich für Zain, fragt ihn, wohin er gehe, erklärt ihm scherzhaft, dass er der Cousin von Spider-Man sei. Zain spürt die Wärme und folgt dem Mann in den Vergnügungspark voller bunter Lichter und Fahrgeschäfte.

Diese Leichtigkeit ist eine kostbare Rarität in dem libanesischen Film, der für den Oscar 2019 als bester nicht-englischsprachiger Film nominiert ist. Ansonsten ist das Werk der Regisseurin Nadine Labaki tieftraurig. Denn auch im quirligen Vergnügungspark trifft Zain schnell auf Menschen, die vom Schicksal schwer gebeutelt wurden. „Das Leben ist die Hölle“, sagt er gegen Ende des Films. Und da kann man ihm nach allem, was vorher passiert ist, nur zustimmen.

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26. Januar 2021

Film: Valentin Hennig und “The Straw that Broke”

Valentin Hennig

 

“The Straw that Broke”: ein Film von Valentin Hennig

Es ist bitterkalt, als mich Valentin Hennig am Stuttgarter Hauptbahnhof abholt. Es ist unser drittes Treffen. Diesmal geht es um seine neueste Produktion: “The Straw that Broke” heißt der Science-Fiction-Film, den der 29-Jährige gerade mit einem 16-köpfigen Team in Stuttgart dreht. 80 Minuten lang soll er werden. Grundlage ist ein Roman des amerikanischen Autors Tom Whalen.

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26. Januar 2021

Heimat: “Ein Nachmittag mit Ida Grosse”

Ida Grosse

Ida Grosse mixt Schönes mit Magie

Sie sitzt mit roten Haaren auf dem Boden und legt Tarot-Karten. Heilsteine fliegen um sie herum. Sympathisch sieht sie aus, keineswegs gruselig, auch der Hintergrund ist rosa. „Es ist eine moderne Version einer Hexe“, erklärt mir Illustratorin Ida Grosse, die diese Figur erschaffen hat. Der Anlass für ihre Kreation: Die Karlsruherin arbeitet gerade an einem umfangreichen Lexikon über die mystischen Wesen.

Ob die russische Baba Jaga, die japanische Yamauba oder die rumänische Bratara Buzea: „Für mich haben sie alle etwas Magisches“, erklärt die 29-Jährige und zeigt mir ein weißes Blatt, auf dem sie die verschiedenen Hexen-Varianten mit schwarzem Stift gezeichnet hat. Die Skizze der modernen Version hat sie bereits abfotografiert, auf ihren Laptop übertragen und mit Photoshop bearbeitet. Das Ergebnis ist auf ihrer Homepage zu sehen.

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20. Januar 2021

Heimat: “Ein Abend im Iuno”

Iuno Karlsruhe

Das Iuno: eine Oase am Karlsruher Werderplatz

Es sind helle Lichtpunkte, die von der Discokugel auf die Wand fallen, ein ausgefallenes Muster erzeugen, so als würden die hellen Flecken tanzen – zum melancholischen Sound von Joy Divison, der an diesem Abend aus den Lautsprechern im Iuno klingt.

Die Bar direkt am Werderplatz gehört zu meinen Lieblingen in Karlsruhe. Sie ist für mich eine kleine Oase in der Fächerstadt, in der sich immer mehr Systemgastronomie verbreitet, persönliche und außergewöhnliche Orte zum Verweilen so rar sind. Weiterlesen »

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19. Januar 2021

Filmkritik: “Roma”

Ein wunderbarer Film: “Roma”

Wie eine Meereswelle, die am Ende ihrer Reise auf den Strand trifft, schwappt das Putzwasser über den Plattenboden in der Hofeinfahrt. Mit Schwung und Dynamik plätschert es hin und her, der Schaum schlägt kleine und große Blasen. In der Spiegelung des klaren Wassers taucht plötzlich ein Flugzeug auf, das am Horizont seine Bahnen zieht.

Schon die ersten Minuten von „Roma“ sind voller Ästhetik. In Schwarzweißbildern erzählt der mexikanische Regisseur Alfonso Cuarón, der bereits für „Gravity“ einen Oscar erhielt, die Geschichte des Kindermädchens, bei dem er aufwuchs – in Roma, einem Stadtteil von Mexiko-Stadt in den 1970er Jahren. „Für Libo“ heißt es im Abspann, im Film heißt die mutige und liebevolle Frau Cleo.

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17. Januar 2021

Filmkritik: “St. Vincent”

 

Grumpy old Man: Bill Murray in “St. Vincent”

Zigaretten, Rum und Pferdewetten: Vincent McKenna (Bill Murray) führt alles andere als ein solides Leben. Das Geld ist knapp, in seinem Haus herrscht Chaos. Stets ist er mürrisch, ein grumpy old man. Für kurzzeitiges Vergnügen sorgt lediglich Daka, eine „Dame der Nacht” (Noami Watts), die regelmäßig bei ihm vorbeischaut. Als ihn seine neue Nachbarin Maggie bittet, nachmittags auf ihren Sohn aufzupassen, willigt er zunächst nur widerwillig ein. Doch der kleine, sensible Junge (Jaeden Lieberher) wächst ihm ganz schön schnell ans Herz.

Eine rührende Geschichte, komische Dialoge und wundervolle Schauspieler – mit St. Vincent beginnt das Kinojahr gleich mit einem unfassbar tollen Film. Die 103 Minuten sind vom Beginn bis zum Ende ohne Ausnahme gelungen. Weiterlesen »

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17. Januar 2021

Heimat: “Ausstellung von Hanna Heidt bei ,Die Anstoß'”

Hanna Heidt I Die Anstoß

„Ok, tschüss“: Hanna Heidt zeigt ihre Kunst bei „Die Anstoß“

Was macht sie da? Der Kopf der Frau steckt bereits in der Waschmaschine. Auch ihr rechtes Bein ist in dem Gerät verschwunden. Nur: Ihr Körpervolumen lässt Zweifel aufkommen, ob sie es tatsächlich schafft, sich vollständig reinzuquetschen.

Doch unabhängig davon, ob ihr Versuch gelingt oder scheitert: Was hat die Frau überhaupt dazu veranlasst, in die Waschmaschine zu klettern? Was wartet dort auf sie? Ist es eine Flucht aus dem Alltag?

Das ist Hanna.
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16. Januar 2021

“Der große Trip” von Cheryl Strayed




“Der große Trip”: Buch- und Filmkritik

Sie kämpft mit Hitze, Schnee und mit vielen Wunden am ganzen Körper: Die 26-jährige Cheryl Strayed läuft von der mexikanischen zur kanadischen Grenze – 1600 Kilometer durch die Wildnis, alleine, nur mit “Monster”, ihrem riesigen Rucksack. An manchen Stellen heult Cheryl, an anderen lacht sie, dann singt sie Radiohits. Und hält all’ ihre Erfahrungen in dem Buch “Der große Trip” fest.

Es sind 444 kurzweilige Seiten, die unterhalten, zum Nachdenken anregen und am Ende ein tolles Gefühl hinterlassen. Verfilmt wurde es im vergangenen Jahr mit Reese Witherspoon in der Hauptrolle, Nick Hornby schrieb das Drehbuch.

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13. Januar 2021

Filmkritik: “La Mélodie – Der Klang von Paris”

 

“La Mélodie – Der Klang von Paris”: Sozialprojekt mit Geigen

Der Ton untereinander ist rau, die Stimmung explosiv. Als der Musiker Simon Daoud in eine Pariser Brennpunktschule kommt, um einer Klasse Geigenunterricht zu geben, stößt er schnell an seine Grenzen. Statt zuzuhören, kommentieren die Schüler alles desinteressiert, beschimpfen sich gegenseitig – und auch Simon Daoud bekommt die Häme zu spüren, so dass er sich schon nach wenigen Unterrichtsstunden verliert. Das Ziel, ein Konzert in der Pariser Philharmonie zu geben, scheint unerreichbar.

„La Mélodie – Der Klang von Paris“ erzählt auf sehr realistische und einfühlsame Weise von einem Projekt an einer Schule in einem Vorort der französischen Hauptstadt. Die Geschichte des Regisseurs Rachid Hami ist fiktiv, wirkt aber wohl deshalb so authentisch, weil es ein solches Projekt in Paris tatsächlich gibt. Und: Die 12- bis 13-jährigen Schüler sind keine Schauspielenden, sondern wurden eigens für den Film in Pariser Schulen ausgewählt.

Vor allem Alfred Renely, der den begabten und sensiblen Arnold spielt, sticht hervor. Allein ihm zuzusehen, wie er mit Geduld, Konzentration und Ausdauer über den Dächern von Paris das Geigenspiel erlernt, ist es wert, sich diesen Film anzusehen.

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8. Januar 2021

Buchkritik: “The Girls” von Emma Cline

"The Girls" von Emma Cline

“The Girls”: Mehr als ein Psychothriller

Suzanne trägt ein schmutziges und sehr kurzes Kittelkleid, als Evi sie zum ersten Mal im Park sieht. Die Faszination ist sofort da. Als sich ihre Blicke treffen, die dunkelhaarige Suzanne lächelt, fängt Evis Herz an zu hüpfen, die Luft fängt an sich zu bewegen. Es ist der Beginn einer Affäre, die Evis eintöniges Leben in einen Strudel aus Sex, Drogen und Gewalt reißt.

„The Girls“ spielt im Kalifornien des Jahres 1969. Im Mittelpunkt steht die 14-jährige Evi, die durch die wilde Suzanne in eine Hippie-Kommune gerät, deren Anführer Russell an Charles Manson erinnert. Er setzt minderjährige Mädchen unter Drogen und stiftet sie zu Morden an.

Diese Beschreibung allein hätte mich nicht dazu gebracht, „The Girls“ von Emma Cline zu lesen. Doch der Debütroman der Amerikanerin ist alles andere als ein stupider Psychothriller. Vielmehr ist es ein Psychogramm, das zeigt, was einen scheinbar gewöhnlichen Teenager dazu bringt, freiwillig die Nähe einer solchen Sekte zu suchen – und dort zu bleiben. Zudem ist „The Girls“ sprachlich beeindruckend.

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Hallo, ich bin Miriam

Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.

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