“Der größere Teil der Welt”: Eine wilde Reise durch Zeit & Raum
Als ich anfing, „Der größere Teil der Welt“ zu lesen, ahnte ich nicht, auf welch wilde Reise mich die Autorin Jennifer Egan mitnehmen würde. Innerhalb weniger Tage flog ich von den 1970er-Jahren in die Zukunft, von San Francisco nach Neapel und dann in die Wüste. Meine Reiseführer*innen: Bernie Salazar, ein Musikproduzent sowie Ex-Punk, und Sasha, seine adrette Assistentin mit kleptomanischen Zwängen.
„Was ich euch nicht erzählte“: ein interessanter Roman über die Sprachlosigkeit in Familien
Mitten in der Nacht steht Lydia Lee auf. Heimlich verlässt sie das Haus ihrer Eltern und läuft davon. Einige Tage später wird sie tot aus einem See geborgen. Was ist passiert? Ein Unfall, Mord oder Selbstmord?
Diese Frage beantwortet Autorin Celeste Ng in ihrem Debütroman „Was ich euch nicht erzählte“ auf knapp 280 Seiten. Auch wenn es zunächst nach Krimi oder Thriller klingt, geht es vielmehr um das gesellschaftliche Zusammenleben der Menschen in den USA. Themen wie Feminismus, Rassismus und die Auswirkungen zu hoher Erwartungen innerhalb einer Familie stehen im Mittelpunkt.
Graffiti, hippe Cafés und Secondhand-Shops: Die zweite Hälfte unseres New-York-Trips haben wir hauptsächlich in Brooklyn verbracht. Konkret: in Williamsburg, Bushwick und Coney Island. Außerdem besuchten wir noch drei Museen, die abwechslungsreicher kaum sein könnten.
Willkommen in Williamsburg (Brooklyn)
In Williamsburg blüht das bunte Leben. Es braucht deshalb keine Sehenswürdigkeiten, um dort eine gute Zeit zu haben. Durch die Straßen zu laufen und die Fassaden der Häuser anzuschauen, ist schon ein riesiges Vergnügen.
Je nachdem, in welche Richtung wir abbiegen, gibt es unauffällige lateinamerikanische Kirchen ohne Protz, Basketball-Plätze oder jüdische Menschen mit Kippa. Auch die Serie „Unorthodox“ ist in Williamsburg gedreht. Als ich sie vor wenigen Monaten auf Netflix anschaue, sehe ich genau die Orte wieder, an denen wir in diesem Spätsommer entlang gelaufen sind.
ZDFneo-Serie “Doppelhaushälfte” Staffel 1+2: heiter bis wolkig
Bei ZDFneo-Serien kann ich selten vorhersagen, ob ich mich nach fünf Minuten fremdschäme und umschalte oder ob ich denke: Ja, super, endlich mal eine deutsche Produktion, die unterhaltsam, modern und gut gemacht ist. Bei „Fett und Fett“ war ich beispielsweise begeistert, bei „I don’t work here“ überhaupt nicht.
Gerne schaute ich auch die erste Staffel der ZDFneo-Serie „Doppelhaushälfte“, die im März 2022 während der Corona-Pandemie ausgestrahlt wurde. Obwohl gleich in der ersten Folge derber Fäkalhumor vorkommt, blieb ich dran. Warum? Es ist die Mischung aus tollen Schauspielenden und aktuellen gesellschaftlichen Themen wie Rassismus, Diversität oder Feminismus, die mit Leichtigkeit und Differentziertheit in der Serie ihren Platz finden.
Von den ersten acht Folgen fand ich die meisten gut – auch wenn wie in der ersten Episode nicht jeder Witz zündete und noch Luft nach oben war. Vor allem die Cannabis-Folge musste ich abbrechen, weil ich sie zu schräg fand. Trotzdem war mein Gesamtgefühl angenehm.
Nun ist die zweite Staffel von „Doppelhaushälfte“ erschienen. Gespannt schaltete ich wieder ein – und bin nun sehr geteilter Meinung. Während die ersten fünf Folgen wieder unterhaltsam sind, konnte ich die letzten drei Folgen nicht ohne Vorspulen anschauen. Zu experimentell und abgedreht waren sie mir. Was war da nur los?
Ein wunderbares Buch über Freundschaft: “Morgen, morgen und wieder morgen“
Ein Buch, in dem Computerspiele und deren Entwickler*innen im Mittelpunkt stehen – solch ein Handlungsgerüst hätte mich normalerweise nie zum Lesen gebracht. Nintendo, Play Station und Co. interessieren mich nicht. Nur im Grundschulalter habe ich mich eine Zeit lang mit Super Mario und Tetris auf dem Game Boy vergnügt. Aber das war’s auch schon.
Als mir nun eine literaturbegeisterte Bekannte von dem großen Hype um „Morgen, morgen und wieder morgen“ in den USA erzählte, wurde ich aber neugierig. Unter anderem das Time Magazine wählte es zum besten Buch 2022. Ich besorgte mir deshalb den Roman von Gabrielle Zevin – und war trotz des Gaming-Schwerpunktes schnell begeistert. Es ist tatsächlich ein Buch, das sich wunderbar lesen lässt und mich tief in das Geschehen hineinzog.
“Wellmania”: Celeste Barber auf dem Weg zur Selbstoptimierung
Celeste Barber folge ich bereits seit einigen Jahren auf Instagram. Ihre Parodien auf die durchästhetisierte Welt der Influencerinnen bringen mich oft zum Lachen. Fettpölsterchen am Bauch, Cellulite an den Oberschenkeln, zerzauste Haare: All das kombiniert die Australierin mit witzigen Performances und erinnert daran, wie absurd die Beiträge der scheinbar makellosen Frauen sind.
Als ich auf Netflix entdeckte, dass Celeste Barber im Mittelpunkt der neuen Serie „Wellmania“ steht, war ich gespannt. Wie viel von ihrer Instagram-Persönlichkeit wird in den acht Episoden eine Rolle spielen? Und überzeugt sie als Schauspielerin?
Toller Teil 2 der Romanreihe „Alle Toten fliegen hoch“
Das erste Mal sieht Joachim Meyerhoff einen toten Menschen, als er mit sieben Jahren auf dem Weg zur Schule einen kleinen Umweg durch eine Schrebergartensiedlung nimmt. Ein vornehm gekleideter Mann liegt dort im Gras, sein hellbrauner sommerlicher Schuh ist ihm vom Socken gerutscht, sein Hemd steckt noch akkurat in der Hose.
Als Joachim zunächst in der Schule und später seiner Familie aufgebracht von der Entdeckung erzählt, will ihm keiner glauben. Egal wie er sich dreht und wendet. Alle sind skeptisch. Joachim beginnt deshalb, die Geschichte wild auszuschmücken, zu verfeinern, dichtet dabei unbeabsichtigt ein wahres Detail dazu. Als er das feststellt, läuft ihm eine heiße Schauer über den Rücken, er erkennt für sich: Erfinden heißt Erinnern.
Es ist deshalb mehr als fraglich, wieviele von den Anekdoten, die Joachim Meyerhoff in seinem Buch „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ erzählt, tatsächlich so geschehen sind. Das macht aber nix, denn unterhaltsam sind sie auf jeden Fall.
„Ein einfaches Leben“: Binge-Reading mit dem Roman von Min Jin Lee
Selten begegnet mir ein Buch, das federleicht zu lesen ist und gleichzeitig den Horizont für andere Kulturen öffnet. Entweder sind die Romane trivial und oberflächlich oder schwer zugänglich und dafür intelligent.
Genau diese seltene Kombination aus Unterhaltung und Tiefgang ist der Autorin Min Jin Lee mit ihrem Buch „Ein einfaches Leben“ gelungen. Ihr Weltbestseller, der im Original „Pachinko“ heißt, vereint eine spannende Familiengeschichte, die sich über rund 90 Jahre des 20. Jahrhunderts erstreckt. Sie handelt von Widerstandskraft, Leidensfähigkeit und Mut.
Ich habe das Buch in wenigen Tagen durchgelesen. Die Geschichte hat mich von der ersten Seite an so gefesselt, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie schnell die Zeit vergeht. Es war beste Unterhaltung. Binge-Reading statt Binge-Watching.
Neues Leben in der “Laube”: Malte Pawelczyk hat in der Karlsruher Südstadt eine Galerie eröffnet
Das Netz des Fußballtores ist im Hintergrund schemenhaft zu erkennen. Der rechte Pfosten und die Querlatte bilden einen klaren Rahmen. Ansonsten herrscht auf der Arbeit von Ulrich Okujeni Anarchie. Der Torwart scheint in alle möglichen Richtungen gleichzeitig zu springen. Ist es sein Kopf oder der Ball, der gegen den Pfosten prallt? Auch im Tor haben sich mehrere Gliedmaßen breit gemacht. Wehren die vielen Arme und Beine die Gefahr des Gegners ab?
Abstraktes trifft auf Gegenständliches, Comic-Elemente auf Stillleben: Die Werke von Ulrich Okujeni sind voller Dynamik und Farbenfreude. Das oben beschriebene Bild stammt aus dem Jahr 2020, ist ohne Titel und mit Öl sowie Dispersionsfarbe entstanden.
Zu sehen ist es derzeit in der Galerie PAW die Anfang März in der Karlsruher Südstadt eröffnet hat. Konkret: In den ehemaligen Räumen des Projektraums „Laube“. Noch bis zum 21. April läuft dort die erste Ausstellung „VOL 1“. Neben Bildern von Ulrich Okujeni sind Arbeiten von Johanna Wagner, Nino Maaskola, Miriam Schmitz und Stefan Jeske zu sehen.
“Mr. Loverman” von Bernardine Evaristo: ein humorvoller Roman über Mut und wichtige Lebensentscheidungen
Barry ist ein Gentleman der besonderen Art: Er trägt feine Kleidung, liest Shakespeare und liebt guten Rum. In Londoner Clubs versucht er immer noch, seine Hüften in Hula-Hoop-Manier zu schwingen – obwohl er inzwischen 74 Jahre alt ist. Seine Frau Carmel wartet zu Hause auf ihn und wird wütend, wenn er frühmorgens betrunken wie ein Teenager nach Hause torkelt. Sie ist sich seit Jahrzehnten sicher, dass er sie mit anderen Frauen betrügt.
Carmel ahnt nicht, dass Barry schon zu Schulzeiten sein Herz an einen bestimmten Menschen verloren hat: an seinen besten Freund Morris. Seit sie 14 Jahre alt sind, führen die beiden Herren eine heimliche Liebesbeziehung. Doch das Versteckspiel soll nun im Alter ein Ende haben. Barry will sich von seiner Frau Carmel trennen und zu Morris stehen, aber er hat auch Angst vor diesem großen Schritt. Was wird er tun?
Stets bin ich auf der Reise: durch Karlsruhe, die Kultur und die Welt. Dabei begegnen mir immer wieder interessante Menschen, Bücher, Filme und anderer Krimskrams. Damit all diese Erfahrungen und Eindrücke nicht einsam in meinem Kopf schwirren, gibt es diesen Blog. Aus Grau wird Kunterbunt.